Frau Eck, der VW-Konzern ist in den vergangenen Jahren rasant gewachsen. Welche Konsequenzen hat das für die Logistik?
Mit jedem neuen Standort, den wachsenden Produktionsvolumen und den damit steigenden Transportmengen nimmt die Komplexität unseres Geschäfts weiter zu. Zuletzt haben wir pro Jahr allein in Europa 4,5 Millionen Fahrzeuge und 62 Millionen Kubikmeter Material befördert. Allein auf dem Wasserweg reden wir weltweit inzwischen von über 400 Schifffahrtsrouten und 9500 Abfahrten aus 130 Häfen.
Geht damit auch ein grundsätzlicher Strategiewandel einher?
Ja. Früher hat Volkswagen die internationalen Standorte meist zentral aus Europa versorgt. Heute hingegen setzen wir verstärkt auf regionales Sourcing, da wir viele Fahrzeuge für den jeweiligen Markt auch vor Ort fertigen.
Welchen Beitrag leistet die Konzernlogistik zur Umweltstrategie des Unternehmens?
Im Rahmen unseres Programms „Green Logistics“ tragen wir wesentlich zur Einhaltung des Ziels bei, den CO2-Ausstoß bis 2018 signifikant gegenüber 2010 zu senken. Dabei verstehen wir unter „Green Logistics“ die bewusste Gestaltung umwelteffizienter Logistikprodukte und -prozesse, die einen ökologisch relevanten und nachhaltigen Mehrwert bieten.
Bitte nennen Sie hierfür konkrete Beispiele aus dem Autogeschäft.
Wir haben in den vergangenen Jahren etwa erfolgreich ein hohes Transportvolumen vom Lkw auf die Bahn verlagert. Aktuell transportieren wir bereits rund 60 Prozent unserer Fahrzeuge in Europa mit dem Verkehrsträger Schiene, der mit rund 16 Gramm CO2e (CO2-Äquivalente bilden das Treibhauspotenzial von klimawirksamen Emissionen in CO2 pro Tonnenkilometer ab, Anm. d. Red.) deutlich weniger emittiert als der Verkehrsträger Straße mit rund 89 Gramm CO2e.
Wie umweltfreundlich stellen sich Seetransporte von Autos dar?
Sie zählen mit Emissionen von rund 45 Gramm CO2e pro Tonnenkilometer neben der Schiene zu den beiden effizientesten Transportmöglichkeiten überhaupt. Deshalb sind wir vor Kurzem als erster deutscher Automobilhersteller dem Clean Shipping Network beigetreten.
Wozu dient dieses Netzwerk?
Hier tauschen sich Verlader wie wir mit Reedereien über Umweltkriterien von Schiffstransporten aus. Volkswagen nutzt Daten zu Treibstoffverbräuchen aus dem Netzwerk, um die ökologischen Auswirkungen bestimmter Transportentscheidungen beurteilen zu können und zu nutzen. Als Vorstandsmitglied im Clean Shipping Network untersuchen wir zum Beispiel gemeinsam mit unserem Schiffsmotorenhersteller MAN Diesel & Turbo alternative Antriebstechnologien wie Liquid Natural Gas.
Welche anderen Projekte stehen derzeit weit oben auf der Tagesordnung der Konzernlogistik?
Durch die permanente Verbesserung und Optimierung unserer logistischen Prozesse schaffen wir markenübergreifend schlanke und effiziente Netzwerke, um Synergien zu heben. Das sichert hohe Wirtschaftlichkeit für die Logistik des gesamten Konzerns. Dazu gehören unter anderem eine optimierte Behälter- und Frachtträgerauslastung sowie die Reduzierung von Leerfahrten.
Gerade beim Güterverkehr auf der Schiene wird der Aspekt Lärmschutz immer bedeutsamer.
Stimmt. Aus diesem Grund starten wir für Materialtransporte erstmals den Einsatz von 300 lärmreduzierten Schiebewandwagen des Anbieters Touax, die mit der sogenannten Flüsterbremse ausgerüstet sind. Die vergleichsweise leichte Bauweise macht die Waggons auch noch deutlich CO2-effzienter. Damit werden strengste Lärmgrenzwerte eingehalten – und wir senken zusätzlich die Emissionen.
Welchen Beitrag leistet die Konzernlogistik zum Effizienzprogramm im Unternehmen?
Für die Logistik gelten die gleichen Zielsetzungen wie für alle anderen Bereiche. So haben wir im Konzern sogenannte Logistik- Prozesskostenklausuren eingeführt, die jeweils ein Werk und ein oder mehrere Modelle betrachten. Diese Klausuren dienen als Instrument zur ganzheitlichen Bewertung und Optimierung von Logistikprozessen und der dazugehörigen Prozesskosten. Die Moderation übernimmt ein Expertenteam der Bereiche Inbound-, Inhouse- und Outboundlogistik. Durch bewusstes Querdenken deckt diese Mannschaft Einsparpotenziale auf, indem jeder Stein nochmals umgedreht wird.
Wo werden die Schwerpunkte Ihrer Arbeit in den nächsten zwei, drei Jahren liegen?
Wir wollen unsere Aktivitäten zur Reduktion unserer Umweltwirkung weiter in die Breite ausrollen und vertiefen. Darüber hinaus werden wir etwa Round-Table- Gespräche mit Spediteuren und unseren Marken Scania und MAN führen, um die Chancen alternativer Antriebe im Güterverkehr auf der Straße zu analysieren.