Stuttgart. Daimler stellt seinen internationalen Produktionsverbund neu auf. „Die steigende Nachfrage nach großen Transportern auf dem nordamerikanischen Markt können wir unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nur über eine lokale Fertigung im NAFTA-Raum sinnvoll abdecken“, erklärt Volker Mornhinweg, Leiter Mercedes- Benz Vans. Ein Teil der nächsten Generation des Sprinter soll ab 2018 in einem neuen Werk in den USA gebaut werden, erfuhr die Automobilwoche aus Unternehmenskreisen. Eine Standortentscheidung ist noch nicht gefallen. Die Gewerkschaft ist alarmiert: Erstmals habe das Unternehmen eine Verlagerung ins Ausland beschlossen, ohne für eine Kompensation der betroffenen Werke zu sorgen – und das trotz zahlreicher neuer Modelle, die Daimler im Zuge seiner Produktoffensive plant, so Öztürk. Er befürchtet, dass diese Vorgehensweise auch an anderen deutschen Standorten Schule machen könnte. Zwar hat der Hersteller zugesichert, 450 Millionen Euro in den Ausbau der Fabriken Düsseldorf und Ludwigsfelde zu investieren, wo der Sprinter vom Band läuft. In den laufenden Verhandlungen kämpft der Betriebsrat aber um ein Ersatzmodell für diese Werke. „Der Vorstand wird sich bewegen müssen, die Belegschaft wird diese Entscheidung nicht kampflos hinnehmen“, droht Öztürk. Künftige Protestaktionen „könnten noch viel heftiger ausfallen“. Kürzlich hatten mehrere Tausend Beschäftigte in Düsseldorf gegen einen befürchteten Stellenabbau protestiert. Dort werden nach Angaben des Betriebsrats in diesem Jahr 100.000 Sprinter produziert, davon 23.000 für den NAFTA-Raum. Wie die Automobilwoche erfuhr, plant Daimler für das neue US-Werk ab 2018 ein Volumen von rund 50.000 Einheiten. Daimler baut derzeit weltweit seine Kapazitäten aus. Die Produktion im US-Werk Tuscaloosa wird bis 2015 auf 300.000 Fahrzeuge erhöht. Gemeinsam mit Nissan errichtet Daimler ein Werk im mexikanischen Aguascalientes. Der Trend, Autos in Wachstumsmärkten wie Nordamerika und China zu produzieren, verstärkt sich, beobachtet Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management. Auch Audi und BMW planen Fabriken in Mexiko, die Münchner erweitern zudem ihr US-Werk in Spartanburg. Volkswagen hat angekündigt, in Nordamerika bis zum Jahr 2018 sieben Milliarden Dollar zu investieren. In Westeuropa hingegen seien neue Werke künftig „die absolute Ausnahme“, so Bratzel. Im stagnierenden deutschen Markt drohe den Fabriken in den kommenden Jahren zwar nicht das Aus, „aber die Zahl der Beschäftigten wird zurückgehen.“ Langfristig könnte eine Reduzierung des Volumens des Sprinter-Werks in Düsseldorf dazu führen, dass der schrumpfende Standort „irgendwann zur Disposition steht“, sagt Bratzel mit Blick auf das Ende des Bochumer Opel-Werks.
Daimler verlagert Produktion
Betriebsrat fordert Sprinter-Ersatz
Die Gewerkschaft läuft Sturm gegen die von Daimler geplante Verlagerung des Sprinter nach Nordamerika. „Ein Vertrauensbruch“, schimpft Nihat Öztürk, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Düsseldorf. Die Arbeitnehmervertreter sind sauer, weil der Autobauer seinen Beschluss bekräftigt hat, „ohne die Verhandlungen mit dem Betriebsrat abzuwarten“.