München. Der Autohandel ist gewarnt. Eine vom ZDK in Auftrag gegebene Studie der Universität Bremen ermittelte, dass die Zahl der Fachkräfte im Autohaus bis 2020 um bis zu 20 Prozent rückläufig sein wird. Davon werde der kaufmännische Bereich stärker betroffen sein als der gewerblich-technische. Man dürfe den demografischen Wandel zwar nicht als „Schreckgespenst“ sehen, heißt es in der Studie, aber eine „intensivere Kooperation mit allgemeinbildenden Schulen“ sowie eine gezielte, vorbeugende Rekrutierung seien notwendig. „Es besteht noch kein akuter Mangel“, sagt Birgit Behrens, Leiterin Berufsbildung beim ZDK. „In den östlichen Bundesländern bekommen wir aber vermehrt Hinweise, dass dort nicht mehr genügend Jugendliche vorhanden sind.“ Der Zentralverband baut vor: Im Zuge der Kampagne „AutoBerufe – Mach Deinen Weg!“ bietet er den Kfz-Betrieben verschiedene Hilfsmittel zur Mitarbeitergewinnung an – wie vorgefertigte Pressetexte, kleine mobile Messestände oder Materialien über sämtliche Ausbildungsberufe.
Wettbewerb ums Wissen
Auch die Zulieferunternehmen sind alarmiert. Die sinkende Geburtenrate und der daraus resultierende Fachkräftemangel machen sich bemerkbar. „Bereits heute spürbar ist ein deutlicher Rückgang der Bewerber für Ausbildungsberufe“, heißt es beim Familienunternehmen Dräxlmaier. Beim Coburger Konzern Brose „fällt es etwas schwerer, qualifizierte Kandidaten für einzelne Spezialisten-Positionen im Entwicklungs- und IT-Bereich zu gewinnen“, berichtet Deutschland- Personalleiter Jürgen Preil. Bei ZF „kann es vorkommen, dass sich die Suche nach Bewerbern mit sehr speziellen Qualifikationen, etwa im IT-Bereich oder bei Elektro- Ingenieuren, langwieriger gestaltet“, berichtet Martin Frick, Leiter Personalmarketing. Da hilft ein klangvoller Name. Audi, BMW, Bosch, Daimler und VW haben noch keine Nachwuchssorgen. Im vergangenen Jahr ging bei Audi „während der Arbeitszeit im Schnitt alle 52 Sekunden eine neue Bewerbung ein“, sagt Personalvorstand Thomas Sigi. Das waren rund 102.000 – die Zahl bleibt seit drei Jahren konstant. Bosch registriert sogar mehr als 200.000 Bewerbungen jährlich. Bei Daimler bemerken die Personalverantwortlichen „den verstärkten Wettbewerb um qualifizierte Kräfte. Wir sind jedoch gut aufgestellt, bisher können wir alle Stellen mit hoch qualifizierten Kandidaten besetzen.“ Doch nicht nur der Wettbewerb um junge Menschen nimmt zu, auch die älteren Beschäftigten werden rarer. Einige Unternehmen und Ökonomen befürchten, dass sich der Fachkräftemangel durch die Einführung der abschlagsfreien Rente mit 63 verschärfen wird. Sie „betrifft zwar nur relativ wenige Jahrgänge, trägt aber sicherlich mit dazu bei, dass dem Unternehmen Kompetenz und Erfahrung von langjährigen Mitarbeitern verloren gehen“, heißt es bei BMW. Zulieferer ZF spürt noch keine direkten Auswirkungen der neuen Regelung – „auch wenn sie den Fachkräftemangel langfristig wohl eher noch forcieren wird“, meint ZF-Personaler Frick. Bosch geht davon aus, dass in den kommenden zehn Jahren nur ein bis zwei Prozent der 107.000 in Deutschland Beschäftigten unter die neue Regelung fallen. Ford und Daimler sehen überhaupt kein Problem – viele Mitarbeiter hätten mit 63 noch keine 45 Berufsjahre vorzuweisen oder gingen über die Altersteilzeit sowieso früher in den Ruhestand. Im Handel bleibt man ebenfalls gelassen. Die Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre werde den vorgezogenen Renteneintritt einiger mit 63 ausgleichen, erwartet ZDK-Geschäftsführerin Behrens. Aber auch die beliebtesten Arbeitgeber versuchen einem Mangel an qualifizierten Mitarbeitern vorzubeugen. Sie verstärken den Wissenstransfer zwischen Forschung und Industrie, um sich die besten Nachwuchskräfte zu sichern und die eigene Innovationskraft zu stärken. So hat allein Audi weltweit 29 Partner-Hochschulen, davon zehn in Bayern und Baden- Württemberg. „Wir befinden uns in einem globalen Wettbewerb um Talente, Fachkräfte und Wissen“, sagt Personalchef Sigi. Daimler fördert nicht nur seinen Nachwuchs, sondern qualifiziert parallel die Stammbelegschaft. Zudem bilden die Stuttgarter verstärkt Mechatroniker aus – einer der Berufe, der immer gefragter wird.