Der Chief Operating Officer (COO) von VW Pkw, Ralf Brandstätter, plädiert in einem neuen Beitrag auf der Social-Media-Plattform "LinkedIn" für "Konjunkturprogramme und kraftvolle Kaufanreize" in der Corona-Krise.
Ähnliche Vorstöße, etwa seitens VW-Konzernchef Herbert Diess – und aus anderen Unternehmen –, werden in Wirtschaft und Gesellschaft kontrovers erörtert, da VW auch im vergangenen Geschäftsjahr hochprofitabel war, staatliche Hilfe andernorts womöglich dringlicher wäre.
Automobilwoche dokumentiert Brandstätters Überlegungen in voller Länge als aktuellen Diskussionsbeitrag:
"Die Covid-19-Pandemie ist noch lange nicht ausgestanden. Aber erste Lockerungen des öffentlichen Lebens und der behutsame Neustart der Wirtschaft machen Mut. Volkswagen produziert seit Donnerstag wieder in Zwickau den vollelektrischen ID.3, und seit Montag läuft auch der Golf im Stammwerk Wolfsburg wieder vom Band. In den kommenden Wochen werden wir schrittweise alle unsere Werke auf der ganzen Welt wieder anlaufen lassen. Auch andere Hersteller fahren ihre Produktion sukzessive wieder hoch. Damit kann ein durch die Pandemie massiv gestörtes, hochkomplexes System langsam wieder in Gang kommen: mit Herstellern und Zulieferern, Spediteuren, Dienstleistern und Händlern – und nicht zuletzt mit hunderttausenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die aus der Kurzarbeit wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren.
Fehlen nur noch die Kunden. Der Einbruch der Nachfrage durch Covid-19 ist dramatisch. Seit Jahresbeginn ist der Pkw-Absatz in Europa um ein Viertel geschrumpft. Im März kamen sogar 55 Prozent weniger Neuwagen auf die Straßen als im Vorjahr, der April dürfte ähnlich verheerend ausfallen. Einen derart drastischen Rückgang hat unsere Branche seit vielen Jahrzehnten nicht mehr erlebt.
Dieser Trend muss gebrochen werden. Denn die einfache Wahrheit lautet: Ohne Absatz keine Produktion. Und ohne eine rasche Erholung der Nachfrage keine schnelle Genesung der Automobilwirtschaft. Noch aber steckt die Unsicherheit in den Köpfen der Menschen. Mit den ersten Lockerungen dürfte auch die Bereitschaft zu konsumieren langsam steigen, allerdings nicht schnell genug, als dass der Hochlauf der Wirtschaft ausreichend an Breite und Kraft gewinnen könnte.
Die Wirtschaft muss jetzt aber dringend wieder Schwung aufnehmen, damit die Menschen Vertrauen fassen. Denn nur dann wird das die wirtschaftliche Dynamik weiter beschleunigen. Klar ist: Ohne Konjunkturprogramme und kraftvolle Kaufanreize ist das nicht zu schaffen.