München. In Umfragen beteuern potenzielle Autokäufer stets, sie wollten sich selbstverständlich ein umweltfreundliches Spritspar-Mobil zulegen. Doch die Zulassungsstatistik zeigt die Realität: Leistung zählt. Während PS-starke Traumwagen wie der neue Audi RS6 oder der Porsche GT2 lange Lieferzeiten aufweisen, steht sich manches Öko-Mobil im Showroom die Reifen platt. Während der Neuwagenabsatz weiter in den Keller rutscht, freut sich die Tuning-Branche über Zuwächse. Groß sind die Sprünge nicht, aber immerhin: "Einige unserer Kunden konnten bis zu zehn Prozent mehr Umsatz als noch im Vorjahr erzielen", berichtet Mathias Albert, Vorstandsmitglied des europäischen Tuning-Verbands ETO. Auch Hans-Jörg Köninger, im Vorstand des Verbands Deutscher Automobiltuner (VDAT), meldet "voraussichtlich rund drei Prozent Plus für 2007" - in einem schrumpfenden Markt.
Vor allem Besitzer von Premiumautos suchen mehr Individualität in der meist silbergrauen Diesel-Masse. Tuner dieser Marken wie Brabus, Carlsson, Schnitzer oder Abt registrieren eine höhere Nachfrage. "Bei den Volumenmarken war die Nachfrage in diesem Jahr eher mäßig", sagt Köninger, der unter dem Markennamen Elia Nissan- und Renault-Modelle veredelt. Die positiven Zahlen hat die Branche dem Handel zu verdanken: "In schlechten Zeiten besinnt sich so mancher Autoverkäufer auf das Zusatzgeschäft mit Zubehör", weiß Köninger. Zwar würden nach wie vor nur rund zehn Prozent der Vertragshändler 90 Prozent des Tuning-Umsatzes bestreiten, doch die Erkenntnis, dass "Emotionen den Geldbeutel öffnen" (Köninger), verbreitet sich im Autohandel zunehmend. So veredeln beispielsweise Händler ganze Serien an Flottenrückläufern, um sie als attraktive Sondermodelle den Kunden anzubieten.
Auch Hans-Jürgen Abt, Geschäftsführer des Audi- und VW-Spezialisten Abt Sportsline, hat in diesem Jahr "mehr Engagement" im Handel registriert. "Der Handel hat die zusätzliche Verdienstmöglichkeit erkannt, deshalb arbeiten unsere acht Außendienstler derzeit auf Hochtouren", sagt Abt. Doch Willi Diez, Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft an der FH Geislingen, mahnt, dass der Handel nur erfolgreich mit Zubehör Geld verdienen kann, wenn er sich intensiv der Thematik widmet: "Ein bisschen Tuning geht nicht." Mindestens einen Tuning-Spezialisten brauche man im Autohaus, zudem müsse der Händler ein Gesamtkonzept etablieren. "Ein Autohaus muss mindestens 100.000 Euro Umsatz erzielen, damit das Zubehör-Geschäft zur Ertragssäule werden kann", erklärt Diez. "Die Ansprüche der Kunden an den Handel und an die Tuner sind hoch", pflichtet Abt bei. So würden immer mehr Komplettfahrzeuge geordert, die nicht nur über eine neue Optik, sondern auch über mehr Leistung verfügen. "Das Produkt muss dabei den Eindruck erwecken, als käme es so aus dem Werk", sagt Abt.