Wir haben 2009 bei VW Nutzfahrzeuge rund 355.000 Einheiten abgesetzt. Das war der Wirtschaftslage geschuldet, denn außer beim Caddy konnten wir nicht von der Abwrackprämie profitieren. Es hat dazu geführt, dass wir an der einen oder anderen Stelle schwer kämpfen mussten. Doch die Mannschaft hat einen guten Job gemacht und durch hohe Flexibilität und große Anstrengungen, etwa bei der Reduktion der Fixkosten, die Auswirkungen im Rahmen gehalten. Parallel hatten wir beim Anlauf der neuen T5-Reihe und des Pickups Amarok große Herausforderungen zu bewältigen. Das laufende Jahr ist deutlich besser. Es sieht ganz danach aus, dass wir die Talsohle hinter uns haben und positiv nach vorne blicken können. Das erste Halbjahr jedenfalls ist mit rund 18 Prozent Absatzwachstum gut gelaufen.
Chef von VW Nutzfahrzeuge: "Die Talsohle haben wir hinter uns"
Da muss man nach Modellreihen unterscheiden. Für dieses Jahr nehmen wir uns rund 450.000 Einheiten vor. Im Vergleich zum Vorjahr wollen wir also rund 100.000 Fahrzeuge drauflegen. Davon entfallen etwa 32.500 Stück auf die neue Baureihe Amarok, die wir 2009 ja noch nicht im Programm hatten. Der Rest des Wachstums kommt im Wesentlichen durch den T5, der sehr gut im Markt ankommt. Der Caddy wird 2010 voraussichtlich in etwa auf dem Vorjahresniveau liegen – und das, obwohl die Abwrackprämie weggefallen ist und wir auch bei ihm gerade den Neuanlauf nach großer Produktaufwertung haben.
Wir wissen, dass der Stadtlieferverkehr für das Thema Elektromobilität prädestiniert ist. Dort haben wir den Vorteil, dass mit diesen Fahrzeugen ein eng umgrenztes Gebiet mit definierten Streckenlängen befahren wird, oftmals insgesamt nur etwa 50 bis 60 Kilometer pro Arbeitstag. Danach steht das Auto wieder im Betriebshof und die Batterie kann geladen werden. Das sind gute Vorraussetzungen, um gerade unseren Caddy für den Betrieb mit einem elektrischen Antrieb einzusetzen. Daher werden wir den Caddy für reine Elektrotraktion auslegen, angelehnt an das, was unsere Pkw-Kollegen etwa beim Golf vorbereiten, und dabei möglichst viele Komponenten aus dem Konzern nutzen. Die Batteriekapazität ist noch zu definieren. Bei der elektrischen Tageslaufleistung streben wir eine Größenordnung von 100 Kilometern an. Ein Anwendungsbeispiel: Bei der Post legen 80 Prozent der Zustellfahrzeuge nur 50 Kilometer am Tag zurück. Das wäre mit einer Batterieladung problemlos zu schaffen.
Ein Flottenversuch mit rund zehn bis zwanzig "echten" Kunden wie Handwerkern, Lieferdiensten oder anderen Gewerbetreibenden soll schon 2011 starten. Zunächst schauen wir dabei auf den Großraum Hannover, denn wir wollen gemeinsam lernen und brauchen dafür kurze Wege zwischen unseren Entwicklern und den Kunden. Zwei Fahrzeuge sind bei uns intern bereits seit einem Jahr im Einsatz.
Aus unserer Sicht bietet sich der T5 als Plug-in-Hybrid an. Auch ein solches Fahrzeug läuft bei uns schon im Versuch. Es hat einen klassischen Dieselmotor und auf der Hinterachse zusätzlich einen Elektromotor. Mit der dazugehörigen Batterie kann dieser T5 rund 30 Kilometer im rein
elektrischen Betrieb zurücklegen. Ein solches Fahrzeug kann lange Strecken, etwa zwischen großen Städten, mit seinem Dieselmotor absolvieren. In den Metropolen selbst könnte der Fahrer dann den E-Antrieb nutzen und damit emissionsfrei fahren. An den erforderlichen Technologien, etwa zur Rekuperation, arbeiten wir intensiv. So ein Hybrid-T5 wäre für viele Betreiber einer grünen Flotte, die den E-Caddy als Stadtlieferwagen nutzen wollen, eine sehr sinnvolle Ergänzung für längere Distanzen.
Das wird eine gewisse Zeit nach dem E-Caddy geschehen, da wir uns nicht beides gleichzeitig vornehmen wollen. Ende 2011/ Anfang 2012 könnte es losgehen. Das Boosten mit dem E-Motor ist richtig klasse und das Hin- und Herschalten zwischen Diesel- und E-Antrieb funktioniert erstaunlich gut und komfortabel.
Wir glauben, dass dieser Transporter voll und ganz im Trend liegt. Technologien wie Start-Stopp stoßen auf wachsende Akzeptanz, denn sie bringen spürbare Verbrauchsvorteile. Zunächst haben wir zwar mit relativ konservativen Stückzahlen geplant. Aber ich bin der Meinung, dass wir beim Transporter schon nach kurzer Zeit über größere Stückzahlen nachdenken werden. Und in nicht allzu ferner Zeit auch über eine komplette Flotte mit BlueMotion-Technik. Also über weitere Motorisierungen und unsere anderen Baureihen, die ja schon jetzt alle auf der Messe mit dem BlueMotion-Technologies-Paket zu sehen sind.
Auf der Nfz-IAA werden wir nach der Doppelkabine nun auch die Single-Cab-Version vorstellen. Unser Pickup bekommt damit eine für viele Märkte sehr wichtige Ergänzung, die mehr noch als die Doppelkabine als "Arbeitspferd" eingesetzt wird.
Darüber haben wir ernsthaft nachgedacht. Unsere Analysen haben allerdings ergeben, dass die zu erwartenden Stückzahlen nicht allzu hoch wären. Aber es gibt eine bessere Alternative dazu: Auf der IAA werden wir mit dem "Edition 25" ein T5-Sondermodell zeigen, mit dem wir das 25-jährige Jubiläum des Multivan feiern. Das neue, sehr schicke Fahrzeug wird zweifarbig lackiert sein, eine sehr individuelle Ausstattung aufweisen und ist schon bald mit der ganzen Bandbreite unserer Motoren zu haben.
Um mit einem berühmten Fußballfunktionär zu sprechen, der erst letztens Geburtstag feierte: "Schaun wir mal!"
Immerhin 80 Prozent der Käufer von Produkten der Marke VW Nutzfahrzeuge sind gewerbliche Kunden. Bei den Anbietern der schweren Nutzfahrzeuge sind es 100 Prozent. Daraus folgt eine vergleichbare Grundausrichtung mit dem Fokus auf Gewerbetreibende, die mit unseren Autos arbeiten, und schon das alleine macht uns zu potentiellen Partnern. Im Volkswagen-Konzern wird es gewiss Synergien geben. Wir werden Aufgaben finden, die für alle Nutzfahrzeugmarken von Bedeutung sind. Und ich kann mir gut vorstellen, dass jeweils eine der Marken bestimmte Umfänge für die beiden anderen erledigt.
In den vergangenen Jahren haben wir uns vor allem mit bestehenden Produkten beschäftigt und sie fit gemacht für die Zukunft. Hinzu gekommen ist jüngst der Amarok, mit dem wir ein vollkommen neues Segment für den Konzern erschließen. Unsere bestehenden Baureihen hätten sicher nicht ausgereicht, um signifikant weiter wachsen zu können, denn viele unserer Produkte sind für den europäischen Markt gemacht, auf dem ein harter Verdrängungswettbewerb herrscht. Wir haben den klaren Auftrag des Konzerns, auch dort zuzulegen, wo die Märkte noch wachsen. Folglich müssen wir über weitere Produkte nachdenken. Da könnte ein solcher Low cost Transporter, etwa für den Markt China, eine grundsätzliche Möglichkeit sein. Es gibt darüber hinaus aber auch weitere Optionen für uns. So könnten wir uns grundsätzlich auch einen kleineren Lkw vorstellen. Entschieden ist da aber noch nichts, da ist noch ein gutes Stück Weg zu fahren.
Volkswagen verfügt ja weltweit über eine große Anzahl von Fahrzeugwerken. Interessante Märkte wie China und Indien sind oft einem erheblichen Preisdruck ausgesetzt. In anderen Märkten gibt es hohe Zollschranken, denken Sie nur an Brasilien. Deswegen müsste man so oder so vor Ort produzieren. Mit aus Europa exportierten Fahrzeugen kann man nicht in das erforderliche Volumen kommen. Auch eine reine Montage vor Ort würde nicht ausreichen. Man muss schon in der Tiefe lokalisieren, also die wesentlichen Komponenten wie Motoren und Getriebe in dem jeweiligen Land fertigen oder zukaufen.
Wir exportieren ja seit Jahren erfolgreich eine Reihe von Fahrzeugen nach Südafrika. Und
mit dem neuen Amarok werden dort auch unsere bisher eher kleinen Stückzahlen spürbar steigen. Wenn das Volumen stark zulegt, könnte man eines Tages vielleicht auch über eine CKD-Produktion vor Ort in Südafrika nachdenken. Im Moment jedoch ist es noch nicht so weit.
Ich sehe der Messe mit sehr positiven Gefühlen entgegen. Wir haben bei Volkswagen Nutzfahrzeuge wirklich gut vorgearbeitet. Für uns steht die Messe auf drei Säulen. Da ist, zum einen, der neue Caddy, den wir in Hannover präsentieren. Er wird vielen Menschen rundum gut gefallen. Zum anderen würdigen wir 25 Jahre Allradkompetenz, und wir rollen das Thema BlueMotion-Technologies über alle unsere Modelle aus. Selbst den neuen Amarok werden wir in Hannover als Konzeptfahrzeug mit BlueMotion-Paket zeigen. Beim für den Kunden immer wichtiger werdenden Kaufkriterium "Total-cost-of-ownership" haben wir also sehr viel zu bieten. Ich bin fest überzeugt, dass die Messe für uns sehr positiv laufen wird. Der eine oder andere Wettbewerber wird das eine oder andere unserer Produkte nicht so mögen wie wir selbst. Wir jedenfalls werden uns in Hannover gut aufgestellt zeigen und gehen ganz konsequent unseren Weg mit bezahlbaren Qualitätsprodukten auf dem Gebiet der leichten Nutzfahrzeuge weiter.