München. Die Aspekte Komfort und Sicherheit werden maßgeblich über den Sitz beeinflusst, erläutert Andrew Leuchtmann, Manager Sitzentwicklung bei General Motors Europe. Denn der Sitz ist die Hauptverbindung zwischen den Insassen und dem Fahrzeug. „Ein großer Teil der Körperfläche ist während der Fahrt in permanentem Kontakt mit dem Sitz“, so Leuchtmann, der für die Konstruktion dieser wichtigen Komponente weltweit bei GM verantwortlich ist. Der Komfort und die Ergonomie von Sitzen haben laut Leuchtmann wesentlich an Bedeutung gewonnen, da viele Westeuropäer an massiven Rückenproblemen laborieren. Leuchtmann entwarf deshalb für den Insignia Sitze mit großen Verstellwegen in Höhe und Länge, orthopädisch korrekter Konstruktion und einer zwei Zentimeter dickeren Sitzlehne als beim Vorgänger Vectra.
Dass mittel- und langfristig neue Materialien sowie von der Bionik inspirierte Konstruktionen kommen werden, zeigen Konzeptautos wie der Rinspeed eXasis. Die auf dem Genfer Salon 2007 erstmals präsentierte Studie besitzt ein wirbelsäulenartiges Sitzgerippe aus dem Faserverbundwerkstoff Makrolon. Die jeweils zwölf transparenten Rippen sind mit Stoff bespannt, hinzu kommen Kopfstützenpolster aus durchsichtiger Gelmasse. Dank der schwebenden Polster passt sich der Sitz dem Insassen an. Volkswagen entwarf für das Konzeptfahrzeug „Space Up! Blue“ einen Sitz, der sich der individuellen Anatomie anpasst: Die Auflagen der vier Sitze dieser Minibus-Studie bestehen aus sogenanntem Airflow- Schaum. Die Studie wurde 2007 in Los Angeles vorgestellt. Eine andere Materiallösung, die unter anderem Vorteile beim Packaging im Innenraum bietet, hat Johnson Controls mit der Sitzstudie „Slim Seat“ auf der letzten IAA gezeigt. Dieser Sitz hat statt konventioneller Polster eine sogenannte „Comfort Shell“, die im Spritzgussverfahren aus Kunststoff hergestellt wurde. Sie erfordert für gleichen Komfort eine geringere Schaumstärke und ermöglicht so ein schlankeres und platzsparendes Design.
Autositze werden also mehr und mehr zu Hightech-Bauteilen. Audi etwa hat bei den Klimakomfortsitzen des neuen SUV-Modells Q5 je zwei kleine Ventilatoren in Lehne und Kissen integriert, die sich in sechs Stufen verstellen lassen. Gegen eine mögliche Unterkühlung bauten die Ingolstädter eine Zuheizfunktion ein, die selbsttätig aktiv wird. Mercedes hat die 2004 erstmals im SLK vorgestellte Kopfraumheizung Airscarf („Luftschal“) weiterentwickelt. Seit der Modellpflege in diesem Frühjahr ist sie optional auch für den SL erhältlich. Während beim SLK eine Lüftungsleitung durch den Sitz bis in die Kopfstütze führt, finden beim SL Gebläse und Heizung komplett in den Kopfstützen Platz. Zwei kleine Ventilatoren saugen hinter den Kopfstützen Luft an und führen sie durch ein elektrisches Heizelement. Die in drei Stufen von Fahrer und Beifahrer individuell temperierbare Luft strömt aus den Kopfstützen und wärmt Kopf, Nacken und Hals der Fahrgäste. Gestiegene Komfort- und Sicherheitsbedürfnisse erhöhen jedoch das Gewicht. Sollen Verbrauch und CO2-Emissionen gesenkt werden, müssen auch die Sitze abspecken. Beim Opel Insignia ist dies gelungen.
Bei der Struktur der Sitze kommt beispielsweise hochfester Stahl zum Einsatz. Zugleich wurde eine neue Produktionstechnik eingeführt, bei der die einzelnen schlauchförmigen Rohre des Rahmens beim Zusammenfügen plattgedrückt und damit stabiler werden. Dadurch konnte das Gewicht um zehn bis 15 Prozent gegenüber den Sitzen des Vorgängers Vectra gesenkt werden, was unter dem Strich eine Ersparnis von bis zu drei Kilogramm pro Sitz bedeutet. Sitzespezialist Johnson Controls sparte durch Hybrid-Bauweise mit verschiedenen Materialien bei der Studie „MS Lightweight“ ein Kilo pro Sitz an Gewicht ein.