München. Der Finanzdienstleister Coface meldet weltweit eine deutliche Verschlechterung des Zahlungsverhaltens von Unternehmen. Verglichen mit den ersten vier Monaten des Jahres 2007 stiegen die Zahlungsverzögerungen der Unternehmen im ersten Jahresdrittel 2008 um 45 Prozent an. Auch die Automobilbranche war davon betroffen. Für den Elektronikspezialisten Leoni sind Zahlungsverzögerungen kein Thema. „Wir haben bei Leoni alle verfügbaren Finanzierungsinstrumente im Einsatz und schöpfen alle Quellen aus. Damit sind wir immer liquide – selbst wenn eine Finanzierungsquelle austrocknen sollte“, sagt Robert F. Steiner, Vice President Corporate Finance beim bayerischen Zulieferer. Factoring, der Verkauf von Geldforderungen, ist eine dieser Quellen: Leoni verkauft Forderungen an Siemens Financial Services (SFS) und ist damit vom Zahlungsverhalten der Kunden unabhängig. „Das Geld geht spätestens vier Tage nach Rechnungsstellung auf das Konto ein“, sagt Steiner.
Leoni verkauft vorwiegend Forderungen mit guten Bonitäten. „Wir wollen uns den bilanziellen Effekt nicht teuer erkaufen“, ergänzt Steiner. Denn umsonst ist dieser Komfort, den SFS unter dem Produktnamen ABS-Light anbietet, nicht. SFS verlangt dafür nebst Leitzins (Euribor) eine sogenannte All-in- Marge. Aber: „Die Kosten sind individuell verhandelbar“, sagt Steiner. Er kann die Kosten beeinflussen, indem er das Portfolio selbst zusammenstellt. Beim Factoring werden in der Regel alle Forderungen angekauft – bei ABS-Light ist die Portfoliostruktur flexibel verhandelbar. ABS-Light verbindet die Vorteile des klassischen Factorings mit denen von ABS („Asset Backed Securities“). Mit dem wesentlichen Unterschied, dass SFS die angekauften Forderungen nicht am Kapitalmarkt platziert, sondern selbst in der Bilanz behält.
Zudem trägt SFS zu 100 Prozent das Forderungsausfallrisiko – so wie beim klassischen Factoring. Beim ABS verbleibt dagegen immer ein Teil des Ausfallrisikos beim Forderungsverkäufer. Während beim Factoring in der Regel Bevorschussungen bis zu 90 Prozent möglich sind, bevorschusst ABS-Light mit bis zu 100 Prozent die volle Forderungssumme. Auch bei der Laufzeit bietet ABS-Light das Maximum: SFS kauft Handelsforderungen mit einer Laufzeit von bis zu 180 Tagen an. Beim Factoring sind es zumeist nur 90 bis 120 Tage. Mit ABS-Light haben bereits Unternehmen ab einer Größenordnung von etwa 30 Millionen Euro Umsatz und einem verkaufbaren Forderungsbestand von drei Millionen Euro eine Finanzierungsalternative zum Verkauf von Handelsforderungen.
Klassisches ABS lohnt sich in der Praxis zumeist erst ab Forderungsbeständen von deutlich über 25 Millionen Euro. In der Regel sind das Unternehmen mit deutlich über 200 Millionen Euro Umsatz. Ausschlaggebend für Leonis Entscheidung für ABS-Light war aber nicht das relativ geringe Einstiegsvolumen – sondern die finanziellen Konditionen. Steiner: „Wir akzeptieren keine versteckten Gebühren, wie sie beim Factoring üblich sind.“ Die Wahl fiel auf ABS-Light, weil hier die Konditionen mit denen einer normalen Kreditfinanzierung vergleichbar sind: „Gebühren müssen transparent sein. Unsere Kosten sind für jeden klar und deutlich am Zinssatz erkennbar“, heißt es beim Zulieferer.