Der Chip entschuldigt alles

Keine Chips, keine Autos. Vorbei sind die Zeiten, in denen man beim ZDK noch auf den Unterschied zwischen Industrie und Gewerbe pochte. Denn die Halbleiterkrise offenbart eines: Wenn ein zentrales Bauteil fehlt, leidet das Geschäft in der gesamten Branche. In den Autohäusern genauso wie in den Zulieferbetrieben. Und die Umsätze der Hersteller rauschen in den aktuellen Quartalsberichten in den Keller.

So wird der Mangel an Halbleitern derzeit quasi zur Carte blanche für CEOs und Finanzvorstände, um enttäuschende Unternehmenszahlen zu begründen. Volkswagen-Chef Herbert Diess führt im Konzern, in dem gleich alle drei Volumenmarken in die roten Zahlen rutschten, das schlechte operative Ergebnis im dritten Quartal zu 95 Prozent auf die fehlenden Bauteile zurück.

Die verbleibenden fünf Prozent werden so zu einer vernachlässigbaren Größe. Da spielt es keine Rolle, dass VW das Absatzziel bei den BEVs verfehlen wird. Auch weil die Verkäufe des ID.4 in China hinter den Erwartungen zurückbleiben, weil Autos chinesischer Start-ups mit mehr digitalem, kaufentscheidendem Bling-Bling aufwarten. Vernachlässigbar erscheint auch die Tatsache, dass man bei Diess' ehemaligem Arbeitgeber in München die Halbleiter-Beschaffung womöglich besser im Griff hat als der Einkauf in Wolfsburg. Ganz zu schweigen vom Dauerproblem der hohen Fixkosten im Stammwerk Wolfsburg, welche dafür sorgen, dass die Marke Volkswagen längst nicht immer die Marge eines ordentlichen Handelsbetriebs erreicht.

In Diess' Transformationsbemühungen scheinen Tesla und das Werk in Grünheide der einzige Antrieb und ausschließliche Benchmark zu sein. Aber wäre der VW-Chef nicht gut beraten, seinen Blick in Richtung Paris zu lenken? Auch beim Stellantis-Konzern sind die Absatzzahlen im dritten Quartal um 27 Prozent eingebrochen. Das bringt CEO Carlos Tavares allerdings nicht davon ab, in diesem Jahr an seiner zehnprozentigen Marge festzuhalten. Ohne einen wirklichen Fußabdruck in China und trotz eines signifikanten Volumengeschäfts.

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