Kaum hatte Automobilwoche über die temporäre Schließung des Werks in Eisenach berichtet, folgte die Welle der Empörung. Ein Angriff auf die Mitbestimmung in Deutschland sei das, so Gewerkschaftsvertreter. Die Medien titelten Demontage oder Zerschlagung von Opel. Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee sprach sich sofort gegen die drohende gesellschaftsrechtliche Ausgliederung von Eisenach aus, welche das Werk in Rüsselsheim ebenfalls betreffen könnte.
Hat man noch immer nicht verstanden, in welche Richtung der TGV bei Stellantis fährt? Dies wurde spätestens im Juli deutlich, als Opel-Chef Michael Lohscheller das Handtuch warf, im Wissen, dass er zum Vertriebsbeauftragten reduziert werden würde. Die Integration bestehender Opel-Entwicklungs- und Produktionsstätten in den Stellantis-Verbund ist in vollem Gange, und die Entscheidungen fallen nicht mehr in Rüsselsheim. Als PSA 2017 Opel kaufte, hatte die deutsche Marke noch rund 40.000 Mitarbeiter. Heute sind es keine 15.000 mehr. Wo Stellantis produziert oder entwickelt, wird unter CEO Carlos Tavares beinhart nach Effizienzmaßstäben entschieden. Auch die jüngste Meldung über eine mögliche Verlagerung von Entwicklungsaufgaben von Rüsselsheim nach Marokko passt in dieses Bild.
Opel ist heute im Stellantis-Konzern eine Marke unter vielen. So wie Peugeot, Citroën oder Fiat. Und dennoch wird Opel nicht zu einer bloßen Hülle werden, wie ein Autoprofessor mutmaßt. Opel wurde gekauft, um die Marke stärker aufzuladen und Geld zu verdienen – mithilfe des Zugriffs auf die Trickkisten im weltweiten Stellantis-Verbund. Und manchmal entpuppen sich Trickkisten ja auch als Wundertüten. Nehmen wir den neuen Fiat 500e. Alles drin, alles dran und eine gute Reichweite. Emotionen löst der Kleine ohnehin aus. Die elektrische Knutschkugel aus Turin straft heute all jene Lügen, die in den vergangenen Jahren den Abgesang auf Fiat angestimmt haben. Die Chancen stehen also gut, dass wir auch bei der Marke mit dem Blitz viele, sogar noch bessere Autos sehen werden.
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