Die Leser der ersten Stunde waren vorgewarnt: "Es gibt zu viele Marken in Europa", titelte die Automobilwoche bereits 2002 in Ausgabe 15. Die damals 35Fabrikate auf dem deutschen Markt seien schlicht zu viel, so das Urteil der Experten. Das Feld werde sich bald lichten.
Sie sollten recht behalten. 2006 stellte Rover den Betrieb ein, wenig später folgten Saab und Hummer. Daewoo wurde erst zu Chevrolet und zog sich später ganz aus Europa zurück, ebenso wie zuvor bereits Daihatsu. Und Jaguar verabschiedete sich 2009 von der Nobelmarke Daimler, unter der bisher die besonders luxuriösen Modelle liefen.
Die Gründe waren durchaus unterschiedlich. Rover war schon unter BMW-Regie nie auf die Beine gekommen. Auch nach dem Rückzug der Bayern 2000 fand die britische Marke nicht aus der Krise. Am Ende blieb nur der Gang zum Insolvenzgericht.
Saab dagegen hatte 2002 noch hochfliegende Pläne, wollte mit neuen Modellen und eigenen SUVs raus aus der Nische. Doch als der Mutterkonzern General Motors in der Finanzkrise selbst an den Rand der Pleite rutschte, zogen die Amerikaner die Reißleine. Saab wurde 2009 in die Abwicklung geschickt. Nach einem gescheiterten Rettungsversuch durch Spyker landete der Traditionshersteller bei NEVS aus China. Alle Versuche, Saab als E-Marke wiederzubeleben, blieben aber erfolglos.
Dass General Motors im Jahr 2010 auch Hummer einstellte, hatte dann eher mit dem wachsenden Umweltbewusstsein zu tun. Die schweren Geländewagenpassten schlicht nicht mehr indie Zeit. Daran konnte auch der2005 aufgelegte"Baby-Hummer" H3 nichts ändern. Auch der Kleine war zu groß, zu schwer, zu durstig.
Leidtragende waren die Vertragspartner. "Wir standen von heute auf morgen ohne Hersteller da und mussten erst einmal Ersatz finden", erinnert sich ein Händler. Saab-Zentren nahmen Subaru, SsangYong oder Jaguar ins Programm, Rover-Händler flüchteten zu Mazda, Honda oder Mitsubishi. Andere schlossen ganz oder versuchten es als freie Werkstätten. Nicht immer mit Erfolg. "Zum Glück lief das Werkstattgeschäft noch eine ganze Weile weiter", erinnert sich ein früherer Saab-Händler. "Sonst hätten wir das nicht überstanden."
Der Rückzug zweier Asiaten aus Europa hatte dagegen strategische Gründe: Daihatsu stellte den Vertrieb in Europa Anfang 2013 wegen anhaltend schwacher Verkaufszahlen ein, um sich voll auf den japanischen Markt zu konzentrieren. Daewoo, von GM 2005 in Chevrolet umbenannt, wurde 2014 in Deutschland vom Markt genommen, um der damaligen Konzernschwester Opel nicht länger Konkurrenz zu machen.
Der Marktbereinigung fiel auch ein Hersteller zum Opfer, der zwar keine großen Stückzahlen, dafür aber umso mehr Prestige brachte: die Roadster-Manufaktur Wiesmann aus Dülmen. 2013 rutsche der Betrieb in die Insolvenz und stellte 2014 die Produktion ein. Allerdings womöglich nicht für immer. "Heute sind mehrere neue Modelle in Vorbereitung", erklären die neuen Eigner, die das Werk vom Insolvenzverwalter übernommen haben, auf ihrer Homepage. Der mehrfach verschobene Neustart der Marke stehe nun kurz bevor: "2022 wird der neue Wiesmann enthüllt."
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