Rennen um McLaren geht in die nächste Runde

Es ist wie immer, wenn es spannend wird: Keiner weiß von nichts, aber alle reden darüber. Nur miteinander sprechen fällt vielen Beteiligten weiterhin schwer, vor allem innerhalb des VW­-Konzerns. Porsche dealt bei der Formel 1 unterschriftsreif mit Red Bull, Audi hat weiterhin McLaren im Visier. Doch das ist womöglich nur der Anfang.

Dürfen die das überhaupt? Sie dürfen, solange die Entscheider ihre Kapriolen abnicken. Grandseigneur Wolfgang Porsche hat trotz seines hohen Alters Lust auf Motorsport, Audi­-Chef Markus Duesmann träumt seit seiner BMW-­Zeit von der Rückkehr in die oberste Rennklasse, VW­-Chef Herbert Diess lässt die hochgerechnet schwarzen Zahlen sprechen. Und Oberkontrolleur Hans Dieter Pötsch beruft zu diesem Thema sogar eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung ein. Viel Aufwand für einen Nebenschau­platz oder großes strategisches Theater?

Am 23. März bekam BMW zumindest Besuch von einer McLaren­-Delegation. Einen Tag später wurde ein Memorandum of Understanding bezüglich einer gemeinsam zu entwickelnden Elektro­-Sportwagen­-Architektur unterzeichnet. Klingt bedeutsam, ist aber noch lange nicht bindend. Ein ähnliches Papier lag auf dem Tisch, als beide Partner in spe noch unter dem damaligen BMW­-Chef Harald Krüger vor rund sechs Jahren ein geheimes Halo­Car­Projekt aus der Taufe heben wollten. Der Deal kippte, McLaren entschied sich später beim Artura Hybrid gegen einen Reihensechser und für den V6.

Doch McLaren war schon damals klamm, und das neue Auto lässt bis heute auf sich warten. Außerdem ist inzwischen sogar den Engländern klar, dass sie mit dem Hybrid technologisch zu kurz gesprungen sind. Deshalb die erneute Annäherung, an der auch BMW Interesse hat. Im Portfolio der eines nicht zu fernen Tages vollelektrischen Neuen Klasse findet sich kein einziger sortenreiner Sportwagen.

BMW dürfte es jedoch kaum gelingen, in den nächsten vier Wochen den Kampf um McLaren per Schnelldurchlauf für sich zu entscheiden. Wieso nur vier Wochen? Weil Audi gründlich Vorarbeit geleistet hat und sich möglicherweise bereits auf der Ziel­geraden befindet. Am 4. April soll demnach ein Letter of Intent vorliegen, über den in einer außer­ordentlichen Aufsichtsratssitzung des VW­-Konzerns dann spätestens Ende April entschieden wer­den soll.

Ebenfalls auf der Tagesordnung des besagten Termins steht angeblich das ebenfalls weit gediehene F1­-Engagement von Porsche, obwohl die Voraussetzung für einen solchen Beschluss - das ab 2026 gültige Reglement - erst Ende Juni in seiner finalen Form vorliegen dürfte.

Audi hat die McLaren­-Übernahme von langer Hand vorbereitet. Verhandelt wird über die gesamte McLaren Group, also die F1­-Aktivitäten und McLaren Automotive. Über den Wert des Unternehmens darf spekuliert werden. Gut unterrichtete Quellen aus Woking reden über eine Bandbreite von 1,0 bis 1,75 Milliarden Pfund, der allerdings eine aktuell nicht annähernd realistische Jahresproduktion von 4000 bis 5000 Fahrzeugen zugrunde liegt.

Audi hat Medienberichten zu­folge im ersten Anlauf 450 Millionen Euro geboten, kürzlich aber auf rund 650 Millionen nachgebessert - eine eher bescheidene Summe in Anbetracht der auch aufgrund des F1­-Kostendeckels kolportierten hohen Profite.

Ob das reicht, und wie die Schulden in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags verrechnet werden, muss letzten Endes der McLaren­-Mehrheitsaktionär entscheiden. Erst wenn die Staats­holding Mumtalakat aus Bahrain den Rahmenbedingungen zustimmt, kann die Phase der Due Diligence beginnen, an deren Ende dann die Übernahme steht. Weder aus Ingolstadt noch aus Wolfsburg gab es dazu irgendeine Stellungnahme.

Treibende Kraft hinter dem Deal ist Audi-Chef Duesmann, der schon bei BMW die Fühler nach McLaren ausgestreckt hatte. Er will in der Formel 1 mit einem eigenen Antriebsstrang reüssieren, nicht mit einem modifizierten Porsche­-Klon. Das hat man inzwischen auch in Stuttgart verstanden, wo statt der ursprünglich geplanten teuren Eigenentwicklung jetzt ein deutlich günstigeres Gemeinschaftsprojekt mit Red Bull favorisiert wird.

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