Chauffeurslimousine ohne Chauffeur

Die Premierenfahrt ließ sich Audi-Entwicklungschef Oliver Hoffmann nicht nehmen. Natürlich nicht am Lenkrad, schließlich handelt es sich beim Urban Sphere Concept um eine vorzugsweise autonom fahrende Studie, bei der weder Lenkrad noch Pedale zu sehen sind.

Stattdessen griff Hoffmann zum Tablet, tippte aufs Touchscreen und hinter der Bühne erwachte das Urban Sphere Concept zum Leben. Mit einer gewaltigen Lichtshow am Kühlergrill. Beziehungsweise an dem, was man früher Kühlergrill genannt hätte. Denn natürlich fährt das Auto rein elektrisch und hat weder Kühler noch Auspuff. Langsam rollte das Fahrzeuge völlig fahrerlos auf die Bühne, kam direkt hinter Hoffmann zum Stehen und öffnete die weiten, gegenläufigen Türen.

Denn der Innenraum ist das eigentlich Revolutionäre an dem Fahrzeug, das mit imposanten 5,51 Metern Außenlänge aufwartet. Viel Platz im Innenraum, vor allem hinten, wo sich die beiden Einzelsitze in gemütliche Liegesessel verwandeln lassen. Lenkrad und Pedale fahren nur bei Bedarf aus uns sind ansonsten versteckt in Armaturenbrett und Fahrzeugboden.

Stattdessen erstreckt sich vorn ein riesiges Display über die gesamte Fahrzeugbreite, das sich im ausgeschalteten Zustand aber nahtlos ins Holzdekor einpasst. Für die Passagiere im Fond gibt es kleine Monitore in den Vordersitzen und eine rieisige, tranparente Leinwand, die bei Bedarf aus der Fahrzeugdecke ausfährt.

Mit dem Urban Sphere Concept wolle man zeigen, wie man sich die Zukunft der Mobilität vorstellt, sagte Hoffmann: Voll elektrisch, voll vernetzt und autonom fahrend. Damit sei das Auto Lounge, Büro und Kinosaal in einem, fügte Markenchef Hendrik Wenders hinzu. In Serie gehen dürfte es so zwar nicht. Aber: Das Interieur zeige auf, was man auch in Serienmodellen "um 2025 herum" sehen werde, sagte Hoffmann. Das Wort Artemis nahm er dabei zwar nicht in den Mind. Doch intern ist längst klar, dass die Sphere-Konzepte vor allem zeigen sollen, wie das Zukunftsmodell, das 2025 anlaufen soll, aussehen könnte.

Das nun enthüllte Urban Sphere Concept ist dabei bereits das dritte Sphere-Concept, dass Audi zeigt, nach dem Skysphere im vergangene Sommer und dem Grand Sphere zur IAA Mobility in München. Mit dem Urban Sphere legte Audi nun eine Vision nach, die speziell auf den chinesischen Markt zugeschnitten ist. Daher auch der klare Fokus auf die zweite Reihe im Innenraum. Schließlich gilt China nach wie vor als Chauffeursland. Und daran scheint sich auch bei einem Fahrzeug, das eigentlich gar keinen Fahrer mehr braucht, nichts zu ändern.

Den wohl radikalsten Schritt ging Audi dabei bei der Entwicklung selbst: Von Anfang an wurden Kunden einbezogen und kamen bereits in der Frühphase ins Designzentrum nach Peking, wo das Fahrzeug entstand. Das, so hieß es bei Audi, sei weit über alles hinausgegangen, was bisher an Kunderesonanz in neue Fahrzeuge einfloss.

"Wenn Sie an einem neuen Fahrzeug arbeiten haben Sie normalerweise ein hohes Maß an Geheimhaltung", sagte Marius Kohlhepp, Leiter Kundenbeteiligung und Trendforschung bei Audi. "Sich zu öffnen und so transparent zu sein, war für uns etwas komplett neues." Per VR-Brille konnten die ausgewählten Kunden bei den Workshops den noch im Entstehen befindlichen Innenraum erkunden. Und eigene Vorschläge einbringen. Das habe sich ausgezahlt: Zahlreiche Anregungen und Ideen der Kunden seien am Ende in das Fahrzeug eingeflossen, vor allem in den großzügigen Innenraum.

So können die Passagiere im Fond jetzt auf Wunsch bei Mediationsvideos entspannen. Oder an Videokonferenzen teilnehmen. Ein transparenter Monitor fährt dann aus der Decke herunter. Wie gut das funktioniert zeigte Vertriebsvorständin Hildegard Wortmann: Per Videocall schaltete sie sich während der Premiere direkt ins Fahrzeug.

Ursprünglich sollte das Urban Sphere Concept zeitgleich mit der virtuellen Weltpremiere auch real enthüllt werden: Als Highlight von Audi auf der Automesse in Peking. Doch weil die wegen der jüngsten Corona-Lockdowns in China kurzfritsig abgesagt wurde, fiel die reale Premiere auf der Messe aus. Die eigentlich nur als Zugabe geplante virtuelle Premiere fand dennoch statt.

Eigentlich hatte es geheißen, mit diesem dritten Sphere-Concept finde die kleine Sphere-Reihe nun ihren Abschluss. Doch Audi-Markenchef Wenders deutet dann an, dass die Reihe wohl weitergehen werde. Es werde bald noch eine weitere Sphere-Premiere geben.

Aus dem Datencenter:

Modellvorschau Audi 2022 bis 2024