VW verärgert US-Händler

Mit dem Plan, Scout als Elektro-Marke für Pick-ups und Geländewagen wieder zu beleben, stößt Volkswagen auf Skepsis unter seinen Vertriebspartnern in den USA. Denn die US-Händler fürchten, Volkswagen könnte die Modelle im Direktvertrieb vermarkten.

Mit seinem Verhalten schürt der Konzern das Misstrauen. Die Händler hatten keine Informationen zu den Plänen. "Wenn wir in irgendeiner Weise beteiligt wären, hätten sie uns etwas sagen müssen. Aber sie haben kein Wort zu uns gesagt, weder vor noch nach der Ankündigung", sagte ein US-VW-Händler der Automotive News, dem Schwesterblatt der Automobilwoche.

Laut Automotive News verschickte Volkswagen Ende vergangener Woche ein Schreiben an die 650 US-Händler der Marke. Darin bestätigte Andrew Savvas, Vertriebschef von VW of America, die Scout-Pläne und stellte klar, dass die Händler keinen Anspruch auf die Vermarktung der Produkte haben werden.

Tesla-Chef Elon Musk, in vielen Bereichen Vorbild von VW-Konzernchef Herbert Diess, setzt als einer der wenigen Hersteller in den USA auf Direktvertrieb. In den Vereinigten Staaten müssen sich die Hersteller entscheiden, ob sie ihre Fahrzeuge über Händler oder im Direktvertrieb verkaufen wollen. Eine Kombination aus beiden Varianten, wie in Deutschland, ist nicht möglich.

Die Option für den Direktvertrieb ist für den VW-Konzern da. Denn für die Marke Scout will der Hersteller ein "separates, unabhängiges Unternehmen" gründen. Bereits im nächsten Jahr soll der erste Prototyp vorgestellt werden, 2026 soll die Produktion starten. Laut Wall Street Journal strebt der VW-Aufsichtsrat zunächst den Verkauf von 250.000 Einheiten pro Jahr an.

Vorgesehen sind zunächst ein Pick-up und ein besonders robustes SUV, die auf einer eigenen Plattform basieren sollen. Bisher ist VW auf dem US-Markt mäßig erfolgreich. SUVs wie Atlas und Tiguan sind für amerikanische Verhältnisse teuer und hauptsächlich für den Großstadtdschungel konstruiert. Das SUV der Marke Scout soll nun deutlich rustikaler werden, verspricht Diess.

Die Suche nach einer Möglichkeit, auf dem Markt für Pick-ups Fuß zu fassen, lief bereits länger. Zwar haben die leichten Nutzfahrzeuge von Volkswagen mit dem Amarok seit vielen Jahren solch ein Modell im Programm - ausgerechnet in den USA wurde es aber nicht verkauft. Ein Grund war eine skurrile Importhürde, mit der Washington Handelshemmnisse für exportierte Hühnchen durch höhere Einfuhrzölle für bestimmte Autotypen vergolten hatte ("Chicken Tax").

In der Folge dominierten die heimischen Anbieter wie General Motors oder Ford das Inlandsgeschäft mit Pick-up-Trucks. Inzwischen sind auch US-Elektroautobauer wie Tesla oder Rivian in der Sparte aktiv. Ein vom VW-Plattform-Partner Ford entwickelter Amarok-Nachfolger soll in diesem Sommer vorgestellt werden. Bisher lieferte der Konzern gut 830.000 Amaroks in Europa, Südamerika, Südafrika und Ozeanien aus.

Für Volkswagen lief es in den USA nach dem dort zuerst aufgeflogenen Diesel-Abgasbetrug lange nicht rund. Auch die genaue Strategie war Beobachtern oft nicht ganz klar - zwischenzeitlich wurde etwa eine "Limousinen-Offensive" ausgerufen, während das Geschäft mit SUVs immer stärker anzog. 2021 gelang dem Konzern auf dem wichtigen Markt nach verlustreichen Jahren dann die Wende in die schwarzen Zahlen.Bis 2030 peilt Vorstandschef Herbert Diess in den Vereinigten Staaten nun einen Gesamtmarktanteil von zehn Prozent an. Außerdem soll es auch hier mehr E-Modelle geben. Die Fabrik in Chattanooga (Tennessee) wird ausgebaut, außerdem könnte ein neues Werk in den USA oder in Mexiko entstehen. Im nordamerikanischen Lkw-Geschäft war der Konzern lange ebenso nicht vertreten, jüngst übernahm er den US-Anbieter Navistar.

Das meistverkaufte Automodell in den USA ist seit Jahren die F-Serie von Ford. Die Amerikaner verkaufen allein von dieser Modellreihe mehr Fahrzeuge als der gesamte VW-Konzern auf dem US-Markt mit allen seinen Modellen absetzt. Während Wettbewerber wie Toyota das längst erkannt haben und mit Modellen wie dem Tacoma Erfolge feiern, hat VW das Segment bisher links liegen gelassen.

Das soll sich nun ändern, das zweite Modell der Marke Scout neben dem SUV wird ein Pick-up. "Die Elektrifizierung bietet eine historische Chance, als Konzern in das hochattraktive Pick-up- und R-SUV-Segment einzusteigen und damit unsere Ambitionen zu unterstreichen, ein wichtiger Akteur auf dem US-Markt zu werden", sagte Diess. Damit hat er zweifellos Recht, allerdings ist es nicht der erste Anlauf. Schoon vor gut zehn Jahren hat VW mit dem Bau des Werks in Chattanooga und der Entwicklung des extra für den dortigen Markt entwickelten US-Passats versucht, sich nach dem Geschmack der Amerikaner zu richten. Das Modell ist inzwischen eingestellt worden. (dpa/swi)

Aus dem Datencenter:

Zulassungszahlen in den USA im ersten Quartal 2022

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