Es kommt selten vor, dass Chefs so offen über gescheiterte Bewerber für einen Spitzenposten reden. Bei der Personalie Katrin Suder nimmt VW-Chef Herbert Diess aber kein Blatt vor den Mund. Es sei schade, dass die Berufung der 49-Jährigen zur IT-Vorständin nicht geklappt habe. "Ich hatte persönlich sehr positive Treffen mit ihr. Sie war sehr interessiert", sagte er auf Anfrage der Automobilwoche. Doch vom Aufsichtsrat sei sie nicht akzeptiert worden. "Am Ende ist das die Entscheidung des Aufsichtsrats." Dabei hatte es zuletzt so ausgesehen, als wäre Suders Bestellung reine Formsache. Am 7. Mai hätte der Aufsichtsrat beschließen können, hieß es in Konzernkreisen. Doch kurz vorher sagte Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch ihr überraschend ab.
VW sucht IT-Vorständin:
Komplizierte Damenwahl
Für Diess ist es bereits die zweite Schlappe, die er bei der Besetzung des neuen Ressorts einstecken musste. Schon im vergangenen Jahr war seine erste Wunschkandidatin Sabina Jeschke, die derzeit noch im Vorstand der Deutschen Bahn sitzt, gescheitert. Sie war bei ihrer Vorstellung in Salzburg bei den Eigentümerfamilien Porsche und Piëch durchgefallen, hieß es. Suder dagegen hatte dort überzeugt.
Das Veto kam dem Vernehmen nach dieses Mal vom Land Niedersachsen. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte offenbar Sorge, die Berateraffäre im Bundesverteidigungsministerium könnte sie doch noch einholen. Dort war Suder bis 2018 Staatssekretärin, gilt in der Affäre jedoch als unbelastet. Ihre Vergangenheit als McKinsey-Beraterin wiederum lag dem Betriebsrat schwer im Magen. Ein Selbstläufer sei die Personalie daher nie gewesen, hieß es in Wolfsburg. Mit Suders Berufung wollte Diess zwei Dinge gleichzeitig erreichen. Die Managerin sollte das neue IT-Ressort aufbauen, das der Aufsichtsrat im Dezember beschlossen hatte. Dafür, so hieß es in Konzernkreisen, suche man eine absolute Spitzenfrau, die junge Talente anlockt und "bei der ein Raunen durch die Branche geht".
Zum Zweiten sollte die Besetzung endlich dafür sorgen, dass der Frauenanteil im Vorstand steigt. Denn bisher sitzt mit Compliance- Vorständin Hiltrud Werner nur eine Frau in dem achtköpfigen Gremium. "Ich bin überzeugt, dass Teams, in denen Frauen mitarbeiten, bessere Teams sind", hatte Diess im Januar erklärt. "Sie entscheiden besser, haben eine bessere Team- Kultur." Das ging zwar in Richtung Audi, wo bereits zwei Frauen im Vorstand sitzen, dürfte aber genauso für den Konzern gelten.
Eigentlich sollte die Suche nach einer Frau für das IT-Ressort bis Ende Juni abgeschlossen werden. Daran glaubt in Wolfsburg inzwischen niemand mehr. Frühestens im Juli, vielleicht auch erst im Herbst werde der Aufsichtsrat beschließen. Diess ruderte beim Zeitplan denn auch schon zurück. "Ich glaube nicht, dass das kritisch ist für unsere Mission."
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