Herr de Bourmont, PSA und FCA wachsen zusammen und FCA Germany zieht in Rüsselsheim ein. Ist der Umzug schon abgeschlossen?
Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, zwischen Mitte Juli und Mitte August wollen wir zusammenziehen, die Gespräche mit dem Sozialpartner zu dem Thema laufen. Wir freuen uns schon sehr, endlich an einem Standort zusammen zu sein: Die Wege werden kürzer, Entscheidungen können schneller getroffen werden. Wir haben Einiges vor.Ziehen alle FCA-Mitarbeiter um?Davon gehen wir aus. Die Distanz von Frankfurt nach Rüsselsheim ist ja nicht so groß und wir bieten zudem umfangreiche Möglichkeiten des mobilen Arbeitens an.Wie groß ist die Vertriebsorganisation von Stellantis in Deutschland dann? Wir haben grob 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in beiden Gesellschaften. Etwa zwei Drittel kommen von PSA und ein Drittel von FCA. Ist das die Größe, an der Sie festhalten wollen?Die Stellantis Gruppe hat derzeit in Deutschland einen Marktanteil von rund 15 Prozent – Pkw und leichte Nutzfahrzeuge zusammen. Damit sind wir die zweitgrößte Gruppe in Deutschland. Unser Ziel ist es, weiter zu wachsen. Wir haben noch großes Potenzial und stehen in nächster Zeit vor zahlreichen Neueinführungen, wie beispielsweise dem neuen Opel Grandland, dem neuen Peugeot 308 und dem neuen Jeep Wrangler 4xe Dafür brauchen wir eine schlagkräftige Mannschaft. Entscheidend für einen erfolgreichen Zusammenschluss wird sein, Synergien zu schöpfen. Wo sehen Sie die größten Synergien?Es gibt viele Themen, bei denen wir noch besser werden wollen. Allein durch die Größe werden wir auf jeden Fall bessere Einkaufspreise erzielen. Das gilt beispielweise für Media-Leistungen. Wir wollen grundsätzlich das Beste aus zwei Welten zusammenführen. Einiges übernehmen wir von PSA, anderes hat FCA besser gemacht. Am Ende nutzen wir die besten Prozesse. Geht damit ein Stellenabbau einher?Das haben wir derzeit nicht geplant. Wir werden sicherlich an einigen Stellen Aufgaben bündeln, dafür aber in anderen Bereichen Stellen aufbauen – etwa beim Thema Digitalisierung. Entscheidend ist, dass wir eine effiziente Organisation aufbauen. Aus dem Netz heißt es, dass bis zu 50 Prozent der Stellen wegfallen könnten. Das ist vollkommen falsch.Wo wollen Sie dann sparen?In der Corona-Zeit haben viele Mitarbeiter mobil gearbeitet. Das hat gut funktioniert und das wollen wir zu einem großen Teil auch beibehalten. Wo möglich, ist der Plan dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter künftig drei bis vier Tage von zu Hause aus arbeiten. Sie werden künftig also mehr zu Hause sein, als im Büro. Wieviel Einsparungen sind dadurch möglich?Wir gehen davon aus, dass so natürlich deutlich weniger Fläche brauchen, da nicht mehr jeder Beschäftigte wie bislang einen festen, eigenen Arbeitsplatz haben wird. Unsere Flächen verteilen sich dann künftig zu je einem Drittel auf Büros, Räume für interaktives Arbeiten und Meetingräume. Das geht natürlich einher mit einer neuen Form des agilen Arbeitens. Ich freue mich persönlich sehr auf diese flexible Form des Arbeitens, die auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern viel Freiraum gibt.Einsparungen dürften auch ein Grund für die jüngst gekündigten Vertriebsnetze sein. In Deutschland gibt es rund 1000 Vertriebspartner mit 1700 Standorten (plus Vermittler und Werkstätten). Wie groß ist das Netz künftig?Die Zahl der Händler wird unter Umständen zurückgehen, aber die Zahl der Standorte wollen wir auf jeden Fall beibehalten. Es ist eher so: Bei Peugeot, Citroën und Fiat haben wir Open Points, die wir besetzen wollen. Wie viele Partner wollen Sie in Zukunft haben?Das steht noch nicht fest. Die meisten Partner werden weitermachen. Entscheidend ist die Leistung im Vertrieb und Service, zudem spielt die geographische Lage eine wichtige Rolle. Wir wollen die Partner auf die Zukunft vorbereiten, ihnen mehr Volumen und geringere Strukturkosten bieten. Dafür werden wir auch vielen Partnern neue Marken anbieten.Gibt es künftig noch Monomarken-Händler bei Stellantis?Sicher, aber weniger. Wenn die Partner ihre Strukturkosten optimieren wollen, brauchen sie mehr Marken. Dafür wollen wir mit den neuen Verträgen die Voraussetzungen schaffen.Was ist entscheidend für die Neuaufstellung der Netze?Gemeinsam mit den Verbänden haben wir auf europäischer Ebene verschiedene Arbeitsgruppen, die sich damit beschäftigen. Wir haben jetzt zwei Jahre Zeit, diese wollen wir nutzen. Und die enge Einbindung der Händler in diesen Prozess ist dabei ganz entscheidend.Welche Rolle spielt der Onlinevertrieb in den neuen Verträgen?Natürlich wird sich das Onlinegeschäft weiterentwickeln. Derzeit verkaufen wir zwar erst einige Dutzend Fahrzeuge pro Monat über das Internet. Ich gehe jedoch davon aus, dass es bis 2030 mindestens 10 bis 20 Prozent des gesamten Absatzes sein werden. Am Ende entscheidet aber der Kunde, wie hoch der Anteil sein wird. Wir werden auf alle Szenarien bestmöglich vorbereitet sein. Die meisten Kunden entscheiden sich aber gar nicht zwischen online oder offline, sondern nutzen während der Customer Journey beide Möglichkeiten. Wollen Sie den Onlinevertrieb im Direktgeschäft betreiben?Wir wollen nicht das Vertriebsnetz und das Direktgeschäft gegeneinander positionieren. Händler werden auch künftig eine wichtige Rolle spielen, zum Beispiel für Probefahrten und Auslieferungen. Entscheidend ist, dass es zwischen den Kanälen keinen Bruch gibt, sonst verliert man den Kunden.Entscheidend für einen erfolgreichen Onlinevertrieb ist, dass es zu keinem Preiswettbewerb kommt. Wie wollen Sie dies sicherstellen?Da sind wir noch in der genauen Ausgestaltung.Wollen Sie den Vertrieb auf ein Agentursystem umstellen?Wir haben verschiedene Vorschläge gemacht, die wir nun mit den Partnern diskutieren. Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. Die Kündigung der Verträge erfolgte nur wenige Wochen, nachdem das oberste Kartellgericht in Wien den Missbrauch der Marktmacht durch Peugeot Austria bestätigt hat. Warum?Die Entscheidung ist ausschließlich im Kontext des österreichischen Rechtssystems gefallen.Die Händler sehen einen zeitlichen Zusammenhang.Das ist reiner Zufall. Einen solchen Schritt kann man nicht in zwei Wochen vorbereiten, das dauert deutlich länger.Warum haben Sie mit der Kündigung nicht gewartet, bis die EU-Wettbewerbskommission die neuen Rahmenbedingungen für den Vertrieb vorgestellt hat?Wir wollten keine Zeit verlieren, sondern möglichst früh damit beginnen, uns und den Handel zukunftssicher aufzustellen. Wichtig ist, dass wir den Partnern zeigen können, was künftig auf sie zukommt und welche Perspektiven es gibt.Das Interview führte Christoph Baeuchle.Lesen Sie auch:
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