Das Streben nach Effizienz und Kosteneffizienz

Bei Elektrofahrzeugen bedeutet Effizienz Geld. Selbst eine Steigerung der Effizienz um zwei oder drei Prozent könnte den Autoherstellern Hunderte von Dollar pro Elektrofahrzeug einsparen - und sie damit näher an die Kostengleichheit mit Verbrennungsfahrzeugen heranführen und, was noch wichtiger ist, die Rentabilität verbessern.

Wenn die Automobilindustrie ihre Produktentwicklungskanonen auf eine Komponente richtet, wird diese in der Regel kleiner, leichter, einfacher, leistungsfähiger und effizienter. Oftmals wird ein Bauteil nach dieser Umstellung billiger, da die Ingenieure Wege finden, den Gehalt an Edelmetallen und anderen Rohstoffen zu reduzieren und die Effizienz der Fertigung zu verbessern. Das ist es, was heute mit dem Elektromotor geschieht, der erst am Anfang einer wahrscheinlich sehr langen Reise im Automobil steht.

"Alles dreht sich um die Verluste im Motor, und im Moment stehen wir erst am Anfang der Optimierung dieser Verluste und der Steuerung des Motors", sagte General-Motors-Präsident Mark Reuss gegenüber "Automotive News".

Wie praktisch alle anderen Automobilhersteller und die meisten Zulieferer steckt auch GM viel Geld in die Entwicklung von Elektromotoren. Das Ziel ist nicht nur, dass sie mit weniger Strom effizienter laufen und weniger Seltene-Erden-Magnete und Kupfer verbrauchen, sondern auch die Senkung der Herstellungskosten. "Als Industrie können wir voneinander lernen, und das tun wir immer sehr gut", sagte Reuss auf einer Veranstaltung im Oktober, auf der der batteriebetriebene Cadillac Celestiq vorgestellt wurde.

Tula Technologies, das Startup-Unternehmen aus dem Silicon Valley, das das moderne Zylinderabschaltsystem für die großen Pickups und SUVs von GM entwickelt hat, steht kurz vor der Perfektionierung einer Energiesparstrategie namens Dynamic Motor Drive für Elektrofahrzeuge. Dabei wird die Stromzufuhr zum Motor gepulst, das bedeutet, der Motor wird Tausende Male pro Sekunde aus- und eingeschaltet. John Fuerst, Senior Vice President of Dynamic Motor Drive and Engineering bei Tula, erklärte, was ein Effizienzgewinn von drei Prozent für den Chevrolet Bolt bedeuten könnte. Tula testet eine Flotte von Bolts mit Dynamic Motor Drive. "Die Industrie betrachtet die prozentualen Vorteile wirklich anhand der Batteriekosten pro Kilowattstunde. Wie groß ist Ihre Batterie? In unserem Bolt ist das eine 7200-Dollar-Batterie. Wenn Sie sie um drei Prozent verkleinern, kostet sie Sie 216 Dollar weniger", sagte Fuerst.

Die Autohersteller bemühen sich, Zehntel- und Vierteldollar zu sparen. Einsparungen im dreistelligen Bereich sind schwer zu erzielen, weshalb das Rennen um die Verbesserung von Elektromotoren und der sie steuernden Leistungselektronik weitergeht. Der Elektromotor ist fast 200 Jahre alt. Im Verkehrswesen treiben Elektromotoren alles an, von Motorrollern bis zu Lokomotiven. Doch vor allem wegen des hohen Energiegehalts von Benzin und seiner niedrigen Kosten im Vergleich zu anderen Kraftstoffen hat der Elektromotor - mit Ausnahme von Hybridfahrzeugen wie dem Toyota Prius und dem Chevrolet Volt - in den letzten 120 Jahren nur sporadisch Einzug ins Automobil gehalten.

Das hat bisher verhindert, dass der Elektromotor für die besonderen Anforderungen von Personenkraftwagen optimiert werden konnte. Das ändert sich jetzt, denn die Autohersteller rennen um die Wette, um Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor durch E-Fahrzeuge zu ersetzen. Dirk Kesselgruber, Präsident von ePowertrains bei GKN, dem britischen Zulieferer, der vor allem für seine Achsen und Kardanwellen bekannt ist, glaubt, dass die Entwicklung von Elektromotoren viel schneller voranschreiten wird als die des Verbrennungsmotors, der seit mehr als einem Jahrhundert ständig weiterentwickelt wird. "Ich erwarte nicht, dass der Elektromotor einen so langen Weg zurücklegen wird, um optimal zu sein", sagte Kesselgruber. Wie Bosch, American Axle, Dana und andere Anbieter von Antriebssträngen verfügt GKN über ein Portfolio von elektrischen Antriebseinheiten, von denen viele bereits in Großserie produziert werden.

"Elektrische Maschinen (Motoren) sind super alt, und es gibt eine Menge Wissenschaft und Lernen rund um diese", sagte Kesselgruber. "In der Automobilindustrie betrachten wir also zwei Aspekte. Die Effizienz des Motors - 'Wie viel Energie brauche ich, um ein Drehmoment zu erzeugen? Und zweitens das Kostenelement, das alles umfasst - die Größe des Motors, die Belastung durch kritische Materialien, Kühlung und Wärmemanagement, die hohen Drehzahlen des Elektromotors."

Das US-Energieministerium gibt an, dass ein typisches elektrisches Antriebssystem für einen Energieverlust von 15 bis 20 Prozent verantwortlich ist, verglichen mit einem Energieverlust von 64 bis 75 Prozent bei einem Benzinmotor. Ein Teil dieser Verluste wird durch Reibung verursacht, ein anderer durch Wärmeverluste. Die Ingenieure der Automobilhersteller und -zulieferer machen schnelle Fortschritte bei der Steigerung der Gesamteffizienz und der Senkung der Kosten. Bei der Verbesserung des Wirkungsgrads geht es nicht nur um die Verringerung der Reibung innerhalb des Motors und des Getriebes, mit dem er verbunden ist, sondern auch um die Reduzierung des Gewichts und der Größe des Motors, das Wärmemanagement und die Optimierung der Motordrehzahl entsprechend den Anforderungen des Fahrzeugs.

Mit zehn PS pro Pfund ist der kompakte Motor des Lucid Air einer der leichtesten und leistungsstärksten auf dem Markt. In einer Videopräsentation, in der die Funktionsweise erläutert wird, zeigen Vertreter von Lucid, wie das Unternehmen das Gewicht reduziert und die Leistungsdichte im Vergleich zu zwei ungenannten Konkurrenten erhöht hat, die als "deutscher Sportwagenhersteller" und "amerikanisches High-Tech-Unternehmen" beschrieben werden. Im Stator des Motors sind die 72 Schlitze größer als bei anderen Motoren und mit einer schweren Litze aus Kupferdraht gefüllt, die als durchgehende Welle geformt ist. Bei den meisten anderen Motoren sind diese Nuten mit zahlreichen Litzen aus isoliertem Kupferdraht gefüllt, wobei die Luft zwischen den einzelnen Litzen zu Ineffizienz führt. "Ich lege großen Wert auf Effizienz", sagte Lucid-CEO Peter Rawlinson bei der Präsentation.

Der Einbau von winzigen Kühlschlitzen in die Statorbleche, durch die eine Hochdruckübertragungsflüssigkeit geleitet wird, die die Wärme an der Quelle abführt, ist für Lucid ein Durchbruch. Dies erhöht die Motorleistung und den Wirkungsgrad erheblich, insbesondere bei höheren Drehzahlen. Der Motor hat eine Nennleistung von 670 PS, wiegt aber nur 67 Pfund. Eine weitere Innovation besteht darin, dass das Differenzial, das die beiden Planetengetriebe antreibt, im Inneren des Rotors untergebracht ist, wodurch die gesamte Antriebseinheit extrem kompakt und leicht ist.

"Wir haben diese bahnbrechende Leistungsdichte und Effizienz durch einen ganzheitlichen Ansatz erreicht", sagte Emad Dlala, Vice President of Powertrain bei Lucid, gegenüber "Automotive News". "Man kann sich nicht auf einen Bereich konzentrieren. Man muss überall nach Verbesserungen suchen. Wo sehe ich weitere Verbesserungen? Die kurze Antwort lautet: überall. Wir sehen das Potenzial für Verbesserungen beim Wechselrichter, beim Motor und beim Getriebe. "Mit der Motorkühlung haben wir Neuland betreten, aber wir glauben, dass weitere Verbesserungen möglich sind", sagte er. "Die Kupferwicklungs-Technologie wird sich weiterentwickeln und verbessern. Das Gleiche gilt für die elektromechanische Architektur. Auch bei der Leistungselektronik - Chips, Kondensatoren usw. - kann noch mehr getan werden. "Jeder dieser Bereiche wird in unterschiedlichem Maße zu Verbesserungen der Leistungsdichte und des Wirkungsgrads führen", so Dlala, "aber zusammengenommen kann das Verbesserungspotenzial für den gesamten Antriebsstrang erheblich sein. Wir ruhen uns auf keinen Fall auf unseren Lorbeeren aus."

Elektromotoren drehen sich viel schneller als Verbrennungsmotoren, und die Umdrehungen pro Minute werden mit der Verbesserung der Technologie wahrscheinlich zunehmen. Einige Automobilelektromotoren erreichen Drehzahlen von 20.000 Umdrehungen pro Minute oder mehr, und das bedeutet, dass der Rotor, der Stator und die Magnete extrem stark sein müssen, damit sie nicht auseinanderfliegen. "Wie die Magnete gehalten werden und wie sie diese hohen Drehzahlen aushalten, ist genauso wichtig wie die Abstimmung eines Ansaugkrümmers", sagt Tim Grewe, Generaldirektor für Elektrifizierungsstrategie und Zelltechnik bei GM. Grewe hat an jedem Elektro- und Hybridfahrzeug gearbeitet, das GM gebaut hat - vom EV1 in den späten 90er Jahren bis zum Cadillac Celestiq, dem neuesten Elektroauto des Unternehmens, das im vierten Quartal nächsten Jahres auf den Markt kommt.

GM hat einen Großteil seiner F&E-Ressourcen für Elektrofahrzeuge darauf verwendet, die Magnete in seinen Elektromotoren zu optimieren. Die Verbesserungen, die das Unternehmen in diesem Bereich seit dem Chevrolet Volt-Hybrid von 2011 vorgenommen hat, zeigen nur einen Weg, den die GM-Ingenieure einschlagen, um die Effizienz zu steigern und die Kosten zu senken. "Auf der Konstruktionsebene haben wir die Motoren noch besser gemacht, indem wir weniger seltene Erden verwendet haben. Terbium, Neodym und Dysprosium sind wie der Katalysator im Magneten selbst", so Grewe. "In der ersten Generation des Volt haben wir Terbium und Dysprosium einfach überall im Magneten verteilt. Bei der zweiten Volt-Generation haben wir das Terbium und Dysprosium im Grunde halbiert und nur dort eingesetzt, wo wir es brauchten.

"Und jetzt, in unseren Ultium-Motoren, haben wir es auf die nächste Stufe gebracht", sagte er. "Wir haben unsere magnetischen Modelle und unsere 3D-Magnetberechnungsfähigkeiten weiter verfeinert und beschichten die kritischen Seltenen Erden direkt auf den Magneten, nur dort, wo wir sie brauchen. Man kann das wirklich einstellen, denn die Magnetstärke ist das Drehmoment."

In nur drei Jahren haben die Ingenieure des deutschen Zulieferers Bosch die Größe einer seiner elektrischen Antriebseinheiten um fast 50 Prozent reduziert. Dies gelang ihnen, indem sie den Motor, den Wechselrichter und das Getriebe in eine Einheit integrierten, die aus einem einzigen gestanzten Gehäuse besteht - eine Strategie, die Herstellungs- und Materialkosten sowie Gewicht reduziert. Bosch sucht auch nach Möglichkeiten, die Seltene-Erden-Magnete - den teuersten Teil des Motors - zu reduzieren.

"Der Motor hat ein großes Verbesserungspotenzial", sagt Arturo Maya, Produktmanager eMotor/eAxle bei Bosch. "Die Seltene-Erden-Materialien sind sehr wichtig, und wir hoffen, dass wir die Magnete auf eine erschwinglichere Weise bekommen können." Die Magnete, so Maya, machen bis zur Hälfte der Kosten eines Elektromotors aus. Die Bosch-Ingenieure arbeiten auch an den Kupferwicklungen im Motor und an den Metallen, die für die Konstruktion der Komponenten verwendet werden.

Aisin, ein japanischer Zulieferer von Getrieben und Antriebskomponenten, stellt zwar keine Motoren her, arbeitet aber an der Effizienz des EV-Antriebsstrangs in Form von Wärmemanagement. Wenn die Batterien und der Motor auf der optimalen Temperatur gehalten werden, erhöht sich die Reichweite und die Lebensdauer der Batterien.

Auf der Autoshow in Detroit im September zeigte Aisin einen kompletten EV-Antriebsstrang mit einem Wärmemanagementsystem, das das HVAC-System des Fahrzeugs integriert. Wenn der Motor gekühlt werden muss, übernimmt der Klimakompressor des Fahrzeugs diese Aufgabe. Das HVAC-System hält auch die Batterie auf der optimalen Temperatur. "Durch die direkte Kühlung der Motoren selbst werden diese auf dem richtigen Temperaturniveau für den Fahrbetrieb gehalten", so Edward Perosky, Vice President of Powertrain Engineering bei Aisin.

Da die Batterie das teuerste Bauteil eines Elektroautos ist, kann ein Automobilhersteller durch eine höhere Motoreffizienz deren Größe verringern, ohne die Reichweite oder Leistung zu beeinträchtigen.

Die raschen Anstrengungen zur Verbesserung des elektrischen Antriebsstrangs sind zum Teil deshalb möglich, weil der Elektromotor und die Antriebseinheit, mit der er verbunden ist, viel einfacher sind als ein herkömmlicher Benzinmotor und ein Getriebe. Der Antriebsstrang eines typischen frontgetriebenen Vierzylinder-Autos hat rund 200 bewegliche Teile. Der Chevrolet Bolt hat nur 13 bewegliche Teile. Diese Bemühungen zur Verbesserung von Elektroautos betreffen alle Bereiche der Industrie.

Sogar Zulieferer, die die kleineren Motoren herstellen, die im gesamten Fahrzeug verwendet werden - wie Brose, das deutsche Unternehmen, das Motoren für alles von elektrischen Schiebetüren, Fenstern, Heckklappen, Lüftern und Schiebedächern herstellt - arbeiten an der Verbesserung ihrer Motoren. Je weniger Strom die Motoren verbrauchen und je weniger sie wiegen, desto größer ist der Einfluss darauf, wie weit ein Elektrofahrzeug mit einer einzigen Ladung fahren kann. Brose hat kürzlich ein leichtgewichtiges Kühlmodul vorgestellt, das den Kühlerlüfter, die Verkleidung und den Motor integriert. Die geringere Leistungsaufnahme der Motoren, die Dinge im Auto bewegen, kann die Reichweite erhöhen. Laut Rawlinson von Lucid wird eine höhere Effizienz die Größe der Batterie verringern, die Kosten senken und zu einer breiten Akzeptanz von Elektroautos führen.

Aus dem Datencenter:

Entwicklung der Listenpreise von E-Autos von 2020 bis 2022