VW warnt vor ID-Grauimporten aus China

Grauimporte aus dem Ausland waren für die Hersteller schon immer ein Ärgernis. Bisher kamen sie aber meist nur aus dem europäischen Ausland, wo die gleichen Modelle oft billiger angeboten wurden. Bei VW tauchen jetzt aber sogar Elektro-Autos aus chinesischer Produktion in Europa auf - am Hersteller vorbei.

"Die hohe Nachfrage nach VW-Modellen nutzen unautorisierte Reseller, um diese Fahrzeuge auch in anderen Ländern anzubieten - ohne Freigabe durch die Volkswagen-Joint-Ventures, die Volkswagen AG oder Regulationsbehörden der betreffenden Länder", erklärte eine VW-Sprecherin auf Anfrage der Automobilwoche. Dabei soll es sich vor allem um Elektro-Modelle - insbesondere den ID.4 -  handeln, den VW sowohl in Europa als auch in China produziert – dort aber eigentlich nur für den lokalen Markt, nicht für den Export.

In einem Schreiben an die eigenen Händler warnte VW nun vor solchen Fahrzeugen. Denn offenbar hatten die Reseller versucht, die China-Importe hier loszuwerden. "Volkswagen-Partnern werden die Fahrzeuge dabei von nicht autorisierten Importunternehmen zum Kauf angeboten", heißt es in dem Schreiben, das der Automobilwoche vorliegt. Konzernkreisen zufolge war VW im zweiten Halbjahr 2022 erstmals auf solche Versuche aufmerksam geworden. Die Grauimporteure machen sich dabei den Umstand zunutze, dass die Fahrzeuge in China deutlich billiger produziert und auch verkauft werden. Und dass es in Europa wegen des Teilemangels lange Lieferzeiten von rund einem Jahr gibt.

Das Problem dabei: Die Fahrzeuge sind ohne Umbau für Europe gar nicht zugelassen. "Die Hard- und Softwarekonfigurationen sind im europäischen Raum nicht zulassungsfähig", sagte die Sprecherin. "So erfüllt  der eCall in diesen Fahrzeugen nicht die EU-spezifischen Standards." Denn in China spielt VW andere Software auf. Anstelle westlicher Apps gibt es dort chinesische Pendants. Bei den E-Autos, um die es jetzt vor allem geht, kommt ein weiteres Problem hinzu: Der chinesische Ladestecker entspricht nicht der EU-Norm.

Das sei auch der Grund, warum man seine Händler jetzt ausdrücklich vor solchen Fahrzeugen warne. "Ziel von Volkswagen ist es daher, die Händler sowie die Kundinnen und Kunden vor dem Kauf nicht zulassungsfähiger Fahrzeuge zu schützen", erklärte die Sprecherin. "In China produzierte Fahrzeuge der Volkswagen Joint Ventures werden ausschließlich für den chinesischen und teilweise ASEAN-Markt gefertigt. Sie sind daher nach den gesetzlichen Vorgaben des Landes homologiert und nicht für den weiteren Export vorgesehen."

Wie die Grauimporte den Weg nach Europa fanden, ließ VW offen. Dem Vernehmen nach dürften sie aber über den Nahen Osten in die EU gekommen sein. Erstmals aufgetaucht seien sie hier in Italien, hieß es in Konzernkreisen. Die aus VW-Sicht illegalen Reseller sollen dann auch bei örtlichen VW-Vertragshändlern angefragt haben, ob diese die Umrüstung auf EU-Standard übernehmen könnten.

VW würde das als Verletzung des Händlervertrages werten. "Diese Fahrzeuge dürfen von Ihnen im vertraglich autorisierten Geschäft mit der Marke Volkswagen weder gekauft, vertrieben, noch mit Ihrer Hilfe an die hiesigen Marktgegebenheiten angepasst werden", schreibt VW an seine Händler. Und droht andernfalls mit Konsequenzen. "Die Volkswagen AG weist Sie darauf hin, dass jede Form der Zuwiderhandlung ein vertragswidriges Verhalten darstellen kann und die Volkswagen AG solche Verhaltensweisen nicht tolerieren wird."

Ganz identisch ist der in China gebaute ID.4 mit dem gleichnamigen Schwestermodell aus Zwickau auch äußerlich nicht. In der Volksrepublik bietet VW das Modell sogar in zwei Varianten an. Die bei SAIC gebaute Variante ID4. X entspricht dabei noch weitgehend der deutschen, das Schwestermodell ID.4 Crozz von FAW wurde dagegen auch optisch etwas verändert und ist sogar etwas länger. Die Reseller halte das aber nicht davon ab, die Autos nach Europa zu bringen, hieß es. Selbst der nur in China erhältliche ID.6 soll hier bereits angeboten worden sein.

VW produziert in China bisher ausschließlich Fahrzeuge für den dortigen Markt und angrenzende Länder. Mit diesem Grundsatz wird aber demnächst erstmals gebrochen: Der 2024 anlaufende Cupra Tavascan wird ausschließlich in China gebaut werden und von dort dann ganz offiziell nach Europa exportiert. Grauimporte bei diesem Modell sind allerdings ausgeschlossen: In China selbst will der Konzern den Tavascan überhaupt nicht anbieten. Die Marke Cupra ist auf dem dortigen Markt nicht vertreten.

Aus dem Datencenter:

Lieferzeiten von E-Autos in Deutschland