Software ist im Automobil schon seit Jahrzehnten zu finden. Neu ist nun ihr nahezu explodierender Umfang mit zahllosen neuen Funktionen und kontinuierlichen Updates – und eine Umkehr der Prämissen: Künftig wird nicht mehr Software in alte Fahrzeugkonzepte integriert, sondern das Fahrzeug als Hardware wird zunehmend rund um die Software herum entwickelt.
Denn Software wird in vielerlei Hinsicht zur entscheidenden Komponente, für die optimale Steuerung elektrischer Antriebe, für Assistenz- und Automatisierungsfunktionen, fürs Info- und Entertainment, die Vernetzung des Fahrzeugs mit anderen Lebensbereichen, die User Experience.
Mit Software-defined Vehicle oder Software-defined Car wird weniger eine konkrete Fahrzeugkonstruktion beschrieben, als vielmehr ein neues Konzept: Fahrzeugfunktionen und User Experience werden nicht mehr durch viele Hardwarevarianten ermöglicht. Sondern die Software entscheidet, welche Funktionen mit der Hardware realisiert werden. So wie ein PC oder ein Smartphone erst mit der dort installierten Software seine konkreten Funktionen entfaltet und an die individuellen Anforderungen der User angepasst und upgedated werden kann.
Neu sind auch die Umsätze und Märkte, die rund um Software entstehen. Die Prognosen variieren, weisen aber alle auf starkes Wachstum hin. McKinsey prognostizierte, dass künftig 30 Prozent des Fahrzeugwerts auf Software entfallen. Die Berater von Berylls meinen, der Software-Anteil pro Fahrzeug werde von 820 Euro im Jahr 2020 über 1260 Euro im Jahr 2025 bis auf 2375 Euro im Jahr 2030 steigen, was insgesamt rund 250 Milliarden Euro entspräche. Haupttreiber sind dabei die Fahrerassistenzsysteme und die Automatisierung von Fahrfunktionen.
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Mit dem Software-defined vehicle ändern sich auch die Geschäftsmodelle der Automobilbranche massiv. Abgesehen von der Fahrzeugfinanzierung wurde bislang nach dem Fahrzeugverkauf Umsatz nur durch Ersatzteile generiert. Nun kommt durch die Technik der Over-the-Air-Updates die Möglichkeit hinzu, ein ganzes Autoleben lang Erlöse zu erzielen. So etwa durch Abo-Modelle, bei denen Automobilhersteller bestimmte Zusatzfunktionen, die in der Hardware schon angelegt sind, im Fahrzeug gegen kontinuierliche Bezahlung freischalten oder dafür auch nur eine einmalige Gebühr verlangen. Zudem lassen sich auf diese Weise auch Funktionen verkaufen, die erst nach dem Fahrzeugverkauf entwickelt wurden.
Das bedeutet für Automobilhersteller und Zulieferer natürlich auch: Sie müssen durch kontinuierliche Sicherheitsupdates über das ganze Fahrzeugleben dafür sorgen, dass die Software zuverlässig bleibt. Und die Softwareentwicklung ist mit dem SOP nicht beendet, sondern wird zum kontinuierlichen Prozess.