Warum VW-Ladenetzchefin Elke Temme ihren Job niederlegt

Dass es bei der E-Mobilität vor allem aufs Ladenetz ankommt, davon war Elke Temme seit langem überzeugt. "Bequemes Laden ohne Reichenweitenangst sind der Schlüssel zur alltagstauglichen Elektromobilität", sagte die Managerin, die bei VW seit 2021 den Ausbau der Ladeinfrastruktur vorangetrieben hat, noch im Dezember bei der Eröffnung des 400.000. Ladepunkt in Europa.

Jetzt legte Temme völlig überraschend alle Ämter nieder - mit sofortiger Wirkung. Aus privaten Gründen gehe sie in eine dreimonatige Auszeit, teilte der Konzern am Montag mit. Was dahinter steckt, erklärte Temme anschließend selbst auf LinkedIn.

Die Auszeit brauche sie, um sich um ihren Sohn zu kümmern, der nach einer Hirntumor-OP eine Behinderung zurückbehalten hat. "Leider haben sich aktuell die Pläne für seine nächste Lebensphase zerschlagen, inklusive einer dauerhaften Wohn- und Arbeitssituation" schrieb sie. "Wir stehen damit vor der Situation, kurzfristig eine gute und nachhaltige Alternative zu finden, wenn wir für ihn eine isolierende Behindertenwerkstatt vermeiden wollen."

Daher habe sie sich "schweren Herzens" zu der dreimonatigen Auszeit bei VW entschlossen, "um mich dieser Aufgabe mit voller Kraft widmen zu können". Dieser Schritt sei ihr "dennoch unheimlich schwer" gefallen. "Er bedeutet auch den vorübergehenden Abschied von vielen großartigen Kollegen." Allerdings, so hieß es bei VW, dauere die Auszeit nur drei Monate. Danach werde Temme wieder einsteigen, bis Ende des Jahres aber zunächst in reduziertem Umfang.

"Elke Temme hat das Geschäft mit Lade- und Energiedienstleistungen zu einer wichtigen Zukunftssäule des Konzerns gemacht", sagte VW-Technikvorstand und Komponentenchef Thomas Schmall. „Wir bedauern ihren Rückzug, unterstützen ihre Entscheidung aber aus tiefster Überzeugung.“

Ihren Job an der Spitze des Geschäftsfelds Laden und Energie bei Volkswagen Group Components, den Temme seit August 2021 bekleidete, übernimmt nun Giovanni Palazzo, bisher Chef der VW-Tochter Electrify America, die in den USA nach dem Dieselskandal ein eigenes Ladenetz aufgebaut hatte. Schmall zeigte er sich zuversichtlich, dass Palazzo ihre Arbeit erfolgreich fortsetzen werde. „Er steht für Expertise, Kontinuität und Weitblick und wird unsere Strategie weiter vorantreiben.“

Auch Temme lobte Ihren Nachfolger. Seine Benennung habe ihr den Entschluss erleichtert. "Uns verbindet schon seit Beginn meiner Laufbahn bei Volkswagen eine enge und sehr gute Zusammenarbeit." Er sei "ein Nachfolger mit langjähriger Erfahrung"  und werde "die Projekte, die wir alle angestoßen haben, erfolgreich ins Ziel bringen".

Temme war 2021 vom Energiekonzern Innogy, wo sie zuletzt die Tochter Innogy eMobility Solutions geleitet hatte, zu VW gewechselt. Hier baute sie dann das neue Geschäftsfeld Laden und Energie auf. Neben der Leitung des Geschäftsfelds, das sie im Quasi-Vorstandsrang betreute, war sie auch CEO der Ladetochter Elli und als Chairman oft the Board bei Electrify America auch die direkte Vorgesetzte ihres Nachfolgers Palazzo.

Aus dem Datencenter:

Aufbau von Schnellladestationen in Deutschland 2022