Zum 20. Todestag des legendären Gianni Agnelli, meist nur „L’Avvocato“ genannt, waren Italiens Zeitungen voll mit Elogen auf den früheren Fiat-Chef, der einst wie ein Monarch auftrat. Es sind Erinnerungen an glanzvolle Zeiten, als Fiat eine Macht war. Die Familie Agnelli, ehemalige Großgrundbesitzer aus der Nähe von Turin, die 1899 in Person von Giovanni Agnelli senior zu den Mitgründern des Autokonzerns gehörte, galt als heimlicher Herrscher Italiens. Sie überstand Monarchie und Faschismus. Und sie mischte tatkräftig in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur mit.
Tempi passati. Im vergangenen Jahr stellte der heutige Fiat-Mutterkonzern Stellantis, der von Paris aus gesteuert wird, in Italien gerade noch 685.753 Fahrzeuge her. Zu Spitzenzeiten waren es allein in Turin bis zu 1,5 Millionen. Dem seit 100 Jahren mehrheitlich von der Familie kontrollierten Fußball-Serienmeister Juventus Turin wurden in der Serie A gerade 15 Punkte abgezogen. Der Club ist schon wieder in einen Skandal verwickelt, wie 2006, als er in die zweite Liga zwangsabstieg. Es geht um Bilanzfälschung. Noch viel schlimmer aber ist, dass Club-Präsident Andrea Agnelli, Vertreter eines großen Familienzweigs, sich wohl demnächst vor Gericht verantworten muss. Ende November trat er mit dem gesamten Board von seinem Amt bei Juve zurück. Bei der Hauptversammlung am 18. Januar gab er auch seine Verwaltungsratsposten in der börsennotierten Familienholding Exor und bei Stellantis auf. Es gibt sogar Gerüchte, er könnte seine Anteile an Exor verkaufen.
Die Familie Agnelli-Elkann ist gleichwohl immer noch reich. Wirtschaftlich läuft es vielleicht besser denn je. Die von der Familie kontrollierte Holding Exor ist die größte Beteiligungsholding Italiens und an der Börse 17,3 Milliarden Euro wert. Exor ist am Landmaschinenkonzern CNH Industrial, dessen Börsenwert bei knapp 22 Milliarden Euro liegt, und dem Nutzfahrzeughersteller Iveco, der zwei Milliarden Euro wert ist, mit jeweils 26,9 Prozent beteiligt. Bei Juve ist Exor mit 63,8 Prozent dabei, an der Pressegruppe Gedi mit 43,7 und am „Economist“ mit 43,4 Prozent. An Ferrari mit einer Börsenkapitalisierung von 43 Milliarden Euro hält Exor 22,9 Prozent des Kapitals, an Stellantis (43,6 Milliarden Euro) 14,4 Prozent.