Einen erneuten Stopp der Bänder bei Audi, Daimler oder Ford nimmt man nur noch beiläufig zur Kenntnis. Da braucht es schon die Produktionskürzung von Toyota um 40 Prozent oder rund 360.000 Autos allein in diesem Monat, um nicht gleich wieder zur Tagesordnung überzugehen. Weltweit wurden von Januar bis Juni aufgrund der Lieferengpässe, in erster Linie bei Halbleitern, fast vier Millionen Fahrzeuge weniger gebaut als im ersten Halbjahr 2019. Auch der kumulierte Umsatz lag rund zwei Prozent unter dem damaligen Wert. Doch verdient haben die meisten Autohersteller besser als jemals zuvor.
Laut Berechnung einer Unternehmensberatung fuhren die 16 größten Autokonzerne ein Rekord-Betriebsergebnis von 71,5 Milliarden Euro ein. So mancher legt da die Stirn in Falten bei der Frage, wie ist das möglich? Aber die Nachfrage übersteigt nun mal das Angebot, und nicht gebaute oder halbfertige Fahrzeuge lassen sich eben nicht in den Markt drücken. Die Rabatte sind folglich im Rückwärtsgang. Zudem werden knappe Komponenten zuerst in höherpreisigen Fahrzeugen verbaut. Das lässt die Margen weiter steigen. Und über die Kurzarbeit fängt man die Personalkosten beim Produktionsstopp größtenteils auf.
Letzteres, schreibt mir der Leiter Automotive eines Zulieferunternehmens in Nordrhein-Westfalen, fände er nicht in Ordnung. Denn so "nehmen unsere OEMs mit der beliebten ,Kurzarbeit‘ hohe Transferleistungen von Staat, Steuer- und Beitragszahler in Anspruch, um den – durch eigene Dispositionsfehler – selbst verursachten Chipmangel auszugleichen. Das ist nichts anderes, als Verluste zu verstaatlichen und Gewinne zu privatisieren."
Kann man diesem Leser widersprechen? In jedem Fall täten die Autohersteller gut daran, dem neuen zwangsverordneten Trimm-dich-Kurs treu zu bleiben und weiterhin Rendite über Volumen zu stellen. Denn auf die Knappheit der Chips folgt sehr wahrscheinlich der Mangel an Batteriezellen. Dann wird es das Instrument der Kurzarbeit wohl nicht mehr geben – und somit auch keine Rekordgewinne.
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