Nur jeder Siebte glaubt an Cariad-Neustart

Es sollte der Befreiungsschlag werden: Vor einer Woche tauschte VW-Chef Oliver Blume bei der dauerkriselnden Softwaretochter Cariad fast den kompletten Vorstand aus. Und verordnete dem Sorgenkind einen Kurswechsel, hin zu mehr Kooperation und Teamarbeit. Doch wirklich überzeugen kann er die breite Masse damit bisher nicht, wie eine exklusive Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für die Automobilwoche zeigt.

Von den 2511 befragten Personen, die sich mit Themen der Automobilindustrie beschäftigen, glaubt nur jeder Sechste, dass es Blume nun gelingen wird, die Probleme in der Software-Entwicklung bei Volkswagen zu lösen: 17 Prozent. Doppelt so viel - 35 Prozent - glauben das nicht. Wobei auffallend viele - 17 Prozent - das sogar komplett ausschließen, weitere 17 Prozent glauben das "eher nicht" Dass der Neustart "auf jeden Fall" gelingen wird, glauben dagegen nur 6 Prozent, 11 Prozent sagen zumindest "eher ja".

Immerhin: Fast die Hälfte der Befragten – 48 Prozent – zeigten sich noch unentschieden. Für den Civey-Experten Parwiz Torgull ist das ein gutes Zeichen. "Hinter einem hohen Anteil an Unentschlossenen steckt immerhin das Potenzial, noch viele Menschen überzeugen, gewinnen und binden zu können", sagt er. "Das ist die gute Nachricht für Oliver Blume, der als charismatisch und als Teamplayer gilt - Eigenschaften, die für eine erfolgreiche Transformation und einen Kulturwandel notwendig sind."

Das bedeute auch, Fehler zuzulassen und offen zu sein für unorthodoxe Wege und Meinungen. "Darauf kommt es aus meiner Sicht auch an, wenn man in der Software-Entwicklung die Nase vorn haben will", meint Torgull. "Mit der Anheuerung von Peter Bosch wollte Blume ein Zeichen setzen, doch die Beobachterinnen und Beobachter der Automobilindustrie muss diese Personalie offenbar erst noch überzeugen."

Peter Bosch, bisher Produktionsvorstand bei Bentley, soll am 1. Juni von Dirk Hilgenberg den Chefsessel bei Cariad übernehmen. "Peter Bosch ist der richtige CEO zur richtigen Zeit", hatte Konzernchef Blume beim Verkünden der Personalie erklärt. "Er ist Stratege, Umsetzer und Teamplayer." Genau die Eigenschaften, mit denen sich Blume auch selbst beschreibt.

Um Cariad schlagkräftiger zu machen, soll die Organisation nun restrukturiert werden und ein neues Führung- und Teammodell eingeführt werden, kündigte Porsche-Entwicklungsvorstand Michael Steiner, der das Ressort auch auf Konzernebene leitet, an. Zudem sollen "verstärkte Technologiepartnerschaften mit starken Tech-Playern" eingegangen werden. Erster Vollzug: Beim autonomen Fahren arbeitet Porsche nun mit Mobileye zusammen.

Für die Umfrage hatte Civey direkt nach Bekanntgabe des Wechsels von 9. bis 15. Mai gut 2500 Personen, die sich mit Themen der Automobilindustrie beschäftigen, online befragt.

Aus dem Datencenter:

Marktwachstum bei Automotive-Software