EU-Staaten bringen strengere CO2-Regeln für Lkw und Busse auf den Weg
In der EU gibt es eine Einigung auf strengere CO2-Grenzwerte für Lkw und Busse. Der Kompromiss stand auf der Kippe, die Zustimmung Deutschlands kam erst im letzten Augenblick.
Der Entscheidung war - erneut - ein Koalitionsstreit in Berlin vorausgegangen. Eigentlich hatten sich Unterhändler in Brüssel am 18. Januar bereits grundsätzlich auf das Vorhaben geeinigt und in Brüssel war man davon ausgegangen, dass die deutsche Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP den Plänen für die neuen CO2-Emissionsnormen zustimmt.
Danach sprachen sich allerdings die Teilnehmer eines FDP-Europaparteitags strikt gegen Flottengrenzwerte aus und das FDP-geführte Verkehrsministerium legte unter anderem unter Verweis eine fehlende Regelung für synthetische Kraftstoffe (E-Fuels) ein Veto gegen die geplante Zustimmung der Bundesregierung ein. Dieses wurde erst zurückgezogen, nachdem sich das Bundeskanzleramt eingeschaltet hatte.
Nun können Lkw und Busse, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden, nach Darstellung von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) unbefristet zugelassen werden. "In den Verhandlungen zu den EU-Flottengrenzwerten haben wir erfolgreich durchgesetzt, dass diese Regelung Teil des Rechtstextes wird. Unter dieser Bedingung haben wir den neuen CO2-Vorgaben zugestimmt", sagte Wissing.
Damit werde Rechtssicherheit sowohl für die Hersteller von Nutzfahrzeugen als auch für jene von klimaneutralen Kraftstoffen geschaffen. "Zugleich senden wir ein klares Signal an den Markt, dass wir synthetische Kraftstoffe brauchen."
Der Verband der Automobilindustrie hatte auf verlässliche Entscheidungen gedrungen. Nun wurde die Verständigung begrüßt. Sie sorge für Planungssicherheit, sagte ein VDA-Sprecher in Berlin. Damit die ehrgeizigen Ziele auch tatsächlich erreicht werden könnten, sei vor allem ein ausreichend dichtes Netz an Elektrolade- und Wasserstofftankinfrastruktur für schwere Nutzfahrzeuge in ganz Europa eine entscheidende Voraussetzung. "Das ist aktuell aber leider noch nicht einmal annähernd vorhanden."
Der Interessenverband eFuel Alliance teilte mit: "Nun haben wir einen weiteren, letztlich zu nichts verpflichtenden Erwägungsgrund und müssen darauf hoffen, dass die EU-Kommission diesen Ball aufgreift und weitere Vorschläge zur Einbeziehung erneuerbarer Kraftstoffe vorlegt."
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sieht die Neuregelung positiv für Klimaschutz und Verkehrswende. "Ich bin froh, dass wir trotz der Irritationen der letzten Tage nun zu einem vernünftigen Ergebnis gekommen sind, das den Kern des gut austarierten Trilog-Kompromisses bestätigt." Es gebe jetzt Planungssicherheit für die Unternehmen. "Offenheit gegenüber allen geeigneten Technologien hat die heute beschlossene Neuregelung der CO2-Flottengrenzwerte von Anfang an vorgesehen", fügte Lemke hinzu und grenzte sich damit von der Sichtweise Wissings ab.
Die Flottengrenzwerte für schwere Nutzfahrzeuge sind nicht das einzige EU-Vorhaben, bei dem es in der Koalition auf den letzten Metern Streit gab. Auch beim EU-Lieferkettengesetz gibt und beim Gesetz um künstliche Intelligenz gab es wegen Bedenken der FDP Unsicherheit über die deutsche Position. Weil sich die deutsche Regierung - auch schon unter Angela Merkel - oft nicht auf eine gemeinsame Position einigen konnte, wird eine Enthaltung in Brüssel auch als "German Vote" bezeichnet.
Wissing sagte in Frankfurt auf Nachfrage, in diesem Fall habe es kein "German Vote" gegeben. Deutschland wahre seine Standortinteressen. "Und am Ende haben wir ja auch die Brücken gebaut und haben die Hand ausgestreckt. Wir haben immer Verhandlungsbereitschaft gezeigt." Letztlich sei ein deutscher Verbesserungsvorschlag angenommen worden. Das freue ihn, ergänzte Wissing.
Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Isabel Cademartori sieht in der deutschen Zustimmung für neue CO2-Vorgaben ein wichtiges Signal. "Die Einigung bringt nun die dringend benötigte Sicherheit für die Industrie durch klare Rahmenbedingungen", sagte sie. (dpa/mer)
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