Zu teuer, zu langsam, zu wenig anders. Audi-Chef Bram Schot geht auf dem Kongress der Automobilwoche mit dem aktuellen Zustand der Marke hart ins Gericht.
Eigentlich sprach er über "New Leadership für die Transformation der Mobilität". Doch immer wieder blitzte durch: In Ingolstadt lag und liegt viel im Argen. "Unser Erbe ist nicht mehr unsere Zukunft", sagt der gebürtige Niederländer.
Schot will aufräumen: Hierarchien müssen weg, die Leute sollen befähigt werden mehr Entscheidungen selbst zu treffen. Führung in der Transformation bedeute, der Mannschaft ein Ziel und eine Vision mit auf den Weg zu geben, aber ihr dann die Freiheit zu überlassen, wie sie diesen Weg beschreiten wollen.
In Vergangenheit habe Audi zu sehr von innen nach außen gehandelt. Ingenieure hätten entwickelt, die Organisation habe in Boxen gedacht. "Silos sind der Tod", sagt Schot. Jetzt käme es darauf an, von außen nach innen zu denken. Die Kundenwünsche müssten im Vordergrund stehen. "Deshalb sind mir meine Händler so wichtig", sagt Schot, "in einer Stunde Gespräch mit einem Händler, lernst Du mehr als in einer Woche in Ingolstadt."
Es helfe ja auch nicht, wenn die Händlermarge bei durchschnittlich 1,6 Prozent liege, "aber ein Viertel der Händler unter Wasser ist". "Ich mach mir schon Sorgen um die Händler. Wir tragen Verantwortung für sie", sagte Schot.
Mit einer Textpassage von Theodore Roosevelt verdeutlichte er seine Vision vom Kulturwandel. Nicht der Kritiker, sondern "der Mann in der Arena" zähle. Derjenige, der mutig Entscheidungen treffe, auch wenn er damit Gefahr laufe eine Niederlage einstecken zu müssen.
"Wir brauchen Menschen, die machen, machen, machen. Nicht solche, die planen, planen, planen", sagte Schot.
Es sei kein Freund von großen Strategieplänen. "Wir leben in einer Zeit, in der Sie nicht mehr auf Jahre hinaus planen können. Das unterscheidet das Heute von vor zehn Jahren."
Die Organisation habe sich zu sehr mit sich selbst beschäftigt und viel zu viel Komplexität hervorgebracht. "Sie hat uns fast umgebracht", sagte Schot.
Man habe bereits fast dreißig Prozent an Komplexität aus den Produkten genommen, in dem man so viel weniger Getriebe- und Motorvarianten anbiete. "Und kein Kunde beschwert sich darüber. Da müssen wir uns doch fragen: Warum hatten wir das überhaupt?", gab Schot zu bedenken.
Er wolle hier noch mehr Komplexität und damit auch Kosten reduzieren. 40 bis 50 Prozent der Getriebe- und Motorvarianten sollen im Vergleich zu 2017 wegfallen.
Das Geld, das man so spare, sei wichtig, um in neue Technologien und Geschäftsmodelle zu investieren. "In Zukunft entscheiden nicht Produkte, sondern Geschäftsmodelle über unseren Erfolg", betonte der Audi-Chef. "Bei allem was wir machen, müssen wir uns fragen, welchen Mehrwert hat es für den Kunden. Hat es keinen? Weg damit!".
Daher müsse auch der Claim "Vorsprung durch Technik", neu belegt werden. "Technologie alleine reicht nicht mehr, denke ich. Das ist zu eindimensional." (Lesen Sie dazu auch: Interview mit Audi-Managerin Hildegard Wortmann: "'Vorsprung' muss eine andere Bedeutung bekommen"
Die Transformation der Mobilität werde nicht nur für die Hersteller teuer und für die Zulieferer herausfordernd. "Die Kosten für ein Fahrzeug werden bis 2025 um 4000 bis 5000 Euro steigen und die Gehälter werden sicherlich nicht im selben Maße steigen", prophezeite Schot.
Neue Kultur und neue Führung bedeute für ihn auch, Zulieferer früher als bisher einzubeziehen und mehr zu kommunizieren. Denn klar sei: "Wir werden nur gemeinsam erfolgreich sein oder gar nicht."
"Ich kann es mir schlicht nicht mehr leisten, auf jeder Hochzeit zu tanzen", sagte Schot.
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