Great Wall macht Münchener Büro dicht

Vor kurzem warf Byton das Handtuch, jetzt wehen - gleich um die Ecke - bei Great Wall Motors (GWM) die Fahnen auf Halbmast. Die Chinesen haben erst 2017 in Ismaning bei München ihr hochkarätig besetztes Technical Center eröffnet. Die Marke ist zwar noch nicht in Europa vertreten, doch aufgrund der Kooperation mit BMW/Mini war die bayrische Landeshauptstadt erste Wahl bei der Standortsuche.

Doch jetzt ist dort schon wieder Schluss: Am Carl-Zeiss-Ring sind aktuell noch zwölf Mitarbeiter beschäftigt, die alle am 24. Juni zum 30. September gekündigt wurden. Die Büromiete endet sogar schon am 1. September. Was war geschehen?

GWM besitzt vier Marken: Haval (Volumen), Ora (Budget), Wey (Mittelklasse) und GWM Pick-up (leichte Nutzfahrzeuge). Um sich auf den Einstieg in die europäischen Kernmärkte vorzubereiten, wurde im Vorfeld ein Thinktank mit Geschäftsführer, Prokurist, technischem Direktor und diversen Ingenieuren und Designern installiert.

Die Hauptaufgabe des kleinen Teams war es, die Entwicklung der neuen VV-Modellreihe voranzutreiben und nach dem Vierzylinder-Hybrid auch einen vollelektrischen Antrieb zur Serienreife zu führen. Die mit dem Rotstift konstruierte Modularchitektur war für unterschiedliche Radstände, Aufbauvarianten und Antriebskonfigurationen entsprechend vorbereitet.

In Rekordzeit entstand in Deutschland eine Produktstrategie samt Fahrzeugkonzept, dessen technische Alleinstellungsmerkmale allein in der jüngeren Vergangenheit durch 35 Patente rechtlich abgesichert wurden. Doch das Verhältnis zwischen der GWM-Zentrale in Baoding und dem weiß-blauen F&E-Satellit, in dem diverse frühere BMW-Mitarbeiter die Strippen zogen, blieb nicht lange ungetrübt. Zu gering das Vertrauen, zu kontrovers die unternehmerischen Ziele, zu groß die kulturellen Unterschiede zwischen der deutschen Aussenstelle und der streng hierarchisch geführten Zentrale in China.

Das Resultat der internen Spannungen sind ein Dutzend blauer Briefe samt Auslösungsvertrag und Wohlverhaltensregelung. Während die Münchner Dependance ihrer Abwicklung entgegen dämmert, will GWM in Dietzenbach bei Frankfurt schon die nächste GmbH gründen. Die firmiert zwar unter dem Markennamen Wey, soll aber unter anderem die Aktivitäten der Vorgänger-Firma weiterführen - natürlich mit neuer Mannschaft statt wie ursprünglich geplant durch Integration des bestehenden Teams.

Fast zeitgleich mit dem Aus für Ismaning sind die ersten in Asien montierten 15 Elektro-Minis bei BMW angekommen. Die im Rahmen des Spotlight-Projekts gefertigten Prototypen sollen zwar wie geplant mit zwei unterschiedlichen Radständen bei GWM vom Band laufen, doch die drei geplanten baugleichen Schwestermodelle für den Binnenmarkt haben die Chinesen kurzfristig und einseitig gekippt. Statt auf Spotlight-Basis bedienen sich die als Billig-Stromer neu positionierten Autos auf der deutlich günstigeren Ora-Plattform.

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