Anfällige E-Autos sorgen für Werkstattgeschäft

Michael Gerster

Entgegen vieler Befürchtungen: Werkstätten machen gute Geschäfte mit Elektroautos. Die Reparaturen sind meist teurer, die Fahrzeuge aus einem bestimmten Grund anfälliger.

Donnerstag, 8. August 2024, 06.00 Uhr

Foto: ZDK

Reparaturen an Elektroautos sind meist deutlich kostspieliger als bei Verbrennern.

Groß war die Sorge der Werkstätten, dass ihnen mit dem Fortschreiten der Elektromobilität das Geschäft ausgehen würde. Klassische Verschleißteile wie Auspuff oder Kupplung gibt es bei E‑Autos nicht mehr, der Ölwechsel fällt komplett weg. Doch bisher deutet nichts darauf hin, dass die Arbeit weniger wird. „Wir verzeichnen im vergangenen und auch im laufenden Jahr eine hohe Werkstattauslastung“, sagt Detlef Peter Grün, ZDK-Vizepräsident und Bundesinnungsmeister des Kfz-Handwerks.

Auch der DAT-Report bestätigt, dass im vergangenen Jahr mehr Wartungen erledigt wurden als im Jahr zuvor. Das hat in erster Linie damit zu tun, dass die Autos in Deutschland immer älter werden und inzwischen ein Durchschnittsalter von 10,3 Jahren aufweisen.

Aber auch Elektroautos kommen langsam auf den Hebebühnen dieser Republik an. „Von den 30 Autos, die wir pro Tag bekommen, sind vier bis fünf mit Batterie“, sagt Eberhard Renz, Pkw-Serviceleiter im Autohaus Felix Kloz, einem Mercedes-Händler mit drei Standorten bei Stuttgart.

Bisher meistens Garantiefälle

Dabei handle es sich in der Regel nur um einen regulären Kundendienst, die restlichen E-Fahrzeuge kämen per Abschleppwagen. „Die Entwicklung musste schnell gehen. Daher sind die Fahrzeuge deutlich anfälliger für Fehler“, sagt Renz. Es vergehe praktisch kein Tag, an dem nicht ein Fahrzeug mit defekter Batterie, Ladeelektronik oder E-Motor angeliefert werde.

Er erzählt vom Fall eines Mercedes GLC Plug-in-Hybrid, dessen Batterie den Dienst versagte. Da die Schaltpläne nicht ordentlich dokumentiert seien, gestalte sich die Fehlersuche äußert schwierig. Selbst ein Fachmann von Mercedes sei hinzugezogen worden.

„Am Ende mussten wir den DC-Wandler austauschen, was mit 5000 bis 6000 Euro zu Buche schlägt“, sagt Renz. Bisher seien dies Garantiefälle, die der Hersteller übernehme. „Wenn ich das einem Privatkäufer erklären müsste, dann wird es schwierig.“

Spezielle Geräte notwendig

Obwohl die Elektroautos im Schnitt länger stehen als Verbrenner und die Reparaturen deutlich aufwendiger sind, muss Renz auf die Wirtschaftlichkeit achten. So benötigte er im Fall der Batterie für den GLC ein spezielles Gerät für den Ausbau, das im Einkauf mehrere Tausend Euro kostet.

Außerdem dürfen die Arbeiten nach Mercedes-Vorgaben nur Hochvolt-Techniker übernehmen, die für viel Geld geschult wurden. „Hoch qualifiziertes Personal, das dann auch verfügbar sein muss“, so Renz. Er überlegt nun, alle E-Reparaturen an einem Standort des Autohauses zu bündeln, um die Kosten in Grenzen zu halten. Kleinere Autohäuser hätten diese Chance erst gar nicht.

Ersatzteile: Probleme bei chinesischen Marken

Während die Ersatzteilversorgung bei Herstellern wie Mercedes kein Problem ist, sieht dies bei chinesischen oder anderen ausländischen Marken anders aus. So hat das Autohaus Felix Kloz jüngst die Marke Maxus mit ins Programm genommen. Die elektrischen Transporter sind vor allem für Mietwagenfirmen unterwegs.

„Da geht häufig mal ein Außenspiegel kaputt, aber dann stehen die Fahrzeuge ein paar Monate lang auf meinem Hof, bis das Teil aus China hier ankommt“, sagt Renz. Ähnlich verhalte es sich mit der koreanischen Marke SsangYong, die das Portfolio ergänzt. Ein Auto vom insolventen Hersteller e.GO Mobile mit kaputter Batterie musste das Unternehmen völlig abschreiben, weil es keinen Ersatzteildienst mehr gab.

38.000 Mitarbeiter geschult

Laut ZDK sind die meisten Betriebe inzwischen gut auf die Elektromobilität eingestellt. So haben sich nach Angaben der Akademie Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (TAK) bisher rund 38.000 Mitarbeiter aus Kfz-Werkstätten dazu qualifiziert, auch an Hochvoltfahrzeugen zu arbeiten.

Weitere 5000 Teilnehmer besuchten die Inhouse-Schulungen der TAK. „Außerdem bildet die Hochvolttechnik seit 2013 einen Schwerpunkt der Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker“, sagt ZDK-Vize Grün.

Die Frage ist derzeit wohl eher, ob auch die Kunden für die neue Antriebsform bereit sind. Im Juni sind laut KBA in Deutschland rund 43.412 neue Pkw mit batterieelektrischem Antrieb (BEV) zugelassen worden, 18,1 Prozent weniger als im selben Monat des Vorjahres. Der Anteil an den gesamten Pkw-Neuzulassungen lag bei 14,6 Prozent, im Juni 2023 waren es noch 18,9 Prozent.

Beim Autohaus Felix Kloz stehen laut Geschäftsführer Manuel Auwärter auch die E-Autos mit Stern eher wie Blei auf dem Hof.

Batterie-Entsorgung für 11.000 Euro

Weil die Restwerte bei einem Privatkauf derzeit unkalkulierbar seien, bevorzugten viele Kunden statt des Risikos das sichere Leasing. Der Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos funktioniere praktisch nicht. „Die Angst vor einer kaputten Batterie ist aus den Köpfen nicht rauszubekommen.“

Die Sorge ist offenbar nicht ganz unbegründet. Serviceleiter Renz erzählt von einem sechs Jahre alten Elektro-Smart mit Batteriefehler. Das Steuergerät musste ausgelesen werden, um eine Freigabe für Ausbau und Transport des Akkus zu erhalten. Bekomme man diese nicht, dann könne das Bauteil wegen Brandgefahr nur im feuerfesten Spezialcontainer bewegt werden.

„Wir haben schon Batterien vier Monate im abgeschotteten Container gelagert, bis sie endlich abgeholt wurden“, sagt Renz. Die Entsorgung koste dann mehr als 11.000 Euro, was einem wirtschaftlichen Totalschaden gleichkomme.