Gebrauchtwagen: Freie Autobanken bangen ums Geschäft

Die Arbeitsteilung war bisher relativ klar: Wer einen Neuwagen anschafft, finanziert oder least diesen meist bei der Herstellerbank, dem so genannten Captive. Wer sich dagegen für einen Gebrauchtwagen entscheidet, geht meist zu einer unabhängigen Autobank –Non-Captive genannt. Doch diese Struktur gerät zusehends ins Wanken. Das liegt an den Vorstößen der Hersteller ins Gebrauchtwagengeschäft.

Volkswagen Financial Services (VWFS) etwa plant, Gebrauchtwagen künftig so lange es geht in den eigenen Büchern zu behalten und etwa Leasingrückläufer erneut zu verleasen, anstatt sie über die VW-Partner in den Verkauf zu geben, wo dann Non-Captives ins Spiel kommen.

"Es ist möglich, dass Non-Captives Marktanteile verlieren, wenn Captives die vollständige Kontrolle über den gesamten Fahrzeuglebenszyklus übernehmen", sagt Ayca Tunc, Head of Financial Services beim Beratungs-und Prozessdienstleister Genpact.

Diese hätten einerseits direkten Zugang zu den begehrtesten Modellen und andererseits durch den Übergang in den Agenturvertrieb bei vielen Herstellern einen sehr unmittelbaren Zugang und viele Daten über die Kunden.

Bei den Non-Captives rechnet man ebenfalls mit Belastungen – auch für Händler. Wenn ein großer Player seine Struktur bei Finanzierung und dem Leasing derart ändere, könne das dazu führen, dass Händler Nachteile in Sachen Marge und Kundenbindung haben, meint Roman Heinrich, Head of Automotive bei der Creditplus Bank und ergänzt: "Der Markt für unabhängige Autobanken würde ebenfalls drastisch eingeschränkt werden."

Ob es so kommt, ist allerdings nicht ausgemacht. Denn dazu müssen zuerst die Kunden mitspielen. Obwohl es theoretisch Interesse gibt, fristet Gebrauchtwagenleasing bis dato ein Nischendasein. Nach Zahlen der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) wurde 2023 lediglich ein Prozent der Gebrauchtwagen geleast.

"Aktuell bespielen wir das Feld im Gebrauchtwagen Leasing unzureichend, hier gibt es für uns und auch einige andere Mitbewerber noch Nachholbedarf", so Heinrich. Die Lage könnte sich jedoch schnell ändern.

Das Geschäft habe im Hinblick auf die Hoheit über den Kundenkontakt hohe strategische Bedeutung, meint Patricia Radach-Bender, Vertriebsdirektorin Regionenvertrieb bei der Bank Deutsches Kfz-Gewerbe (BDK): "Ich bin überzeugt, dass immer mehr Betriebe dieses Thema auch mit unserer Unterstützung für sich entdecken und die Volumina signifikant steigen werden."

Denn schaffen die Händler es, ein Fahrzeug zu verleasen, anstatt es zu verkaufen besteht der Kundenkontakt in jedem Fall weiter und es gibt spätestens bei der Leasingrückgabe die Chance auf ein Folgegeschäft.

Förderlich für das Gebrauchtwagenleasing könnte im Moment paradoxerweise die wirtschaftliche Unsicherheit sein. "Da das Neuwagenleasing oft teurer ist, könnte das Gebrauchtwagenleasing besonders in Krisenzeiten profitieren", sagt Tunc.

Wer im Geschäft mit Gebrauchtwagenleasing am Ende das Rennen macht – Captive oder Non-Captive – dürfte auch der Preis entscheiden. Nutze man ein Fahrzeug über mehrere Zyklen hinweg als Einnahmequelle, sollten Captives in der Lage sein, attraktivere Leasingangebote als Non-Captives zu machen, meint Tunc.

Abschreiben sollte man letztere aber nicht. "Eine mögliche Antwort der Non-Captives wäre, sich auf kundenindividuelle Finanzierungsprodukte oder besonders flexible Leasingbedingungen zu fokussieren." Und noch ein Punkt dürfte eine Rolle spielen: Unabhängigkeit. Nicht jedem Händler dürfte der Gedanke gefallen, sowohl bei Neuwagen als auch bei Gebrauchten von nur einem Partner abhängig zu sein.