Mercedes gestaltet Vertriebsnetz neu – und sorgt dabei für Unruhe

Mit der Neugestaltung seines Vertriebsnetzes in Deutschland bringt Mercedes massiv Unruhe in den Handel. Erst wechselten verstärkt kleinere Partner den Besitzer, jetzt folgen auch Große. So übernimmt Van Mossel im Januar den Branchenriesen Nord-Ostsee Automobile. Zugleich beginnt 2025 der geplante Verkauf der Mercedes-Niederlassungen.

„Grundsätzlich bietet ein solches Vorhaben potenzielle Gefahren der Instabilität, denn etablierte Strukturen werden aufgebrochen – mit ungewissen Auswirkungen für die Leistungsfähigkeit des Gesamtnetzes“, sagt Stefan Reindl, Chef des Instituts für Automobilwirtschaft (IfA). Schon bevor der Verkauf der Niederlassungen begonnen hat, sind Unruhe und Unzufriedenheit der Partner angesichts der forcierten Konsolidierung immens.

„Die kleineren Partner haben schon in den vergangenen Jahren wenig Gehör beim Hersteller gefunden. Ich fürchte, das nimmt in den nächsten Jahren noch weiter zu“, sagt ein Händler. Das drücke auf die Motivation.

Mit dem Verkauf der Niederlassungen dürfte es nicht besser werden. Kleine und mittlere Händler könnten noch mehr ins Hintertreffen geraten. „Ich gehe davon aus, dass etwa 50 Prozent der Mercedes-Benz-Vertreter nicht in der Lage sind, einen Niederlassungsbetrieb zu übernehmen“, sagt Helmut Peter, Inhaber der Peter-Gruppe.

Doch Interesse gibt es: Senger, Lueg, Sternauto und Beresa sind Namen, die kursieren. Wollen die Großen ihre Stellung behaupten und nicht selbst Übernahmekandidaten werden, kommen sie an Käufen kaum vorbei.

Aus Händlerkreisen war zu hören, dass die österreichische Pappas Holding an Niederlassungen interessiert sei. Auch die britische Pendragon-Gruppe und Van Mossel liebäugeln damit.

„Mit dem Engagement ausländischer Unternehmen wären massive Veränderungen bezüglich der Wettbewerbsstrukturen im deutschen Automobilhandel verbunden“, sagt Reindl. „Zudem würden große, investitionsfreudige Händlergruppen Deutschlands vor den Kopf gestoßen – es wäre also ein Motivationsproblem, das möglicherweise das künftige Engagement bezüglich der Marke Mercedes-Benz negativ beeinflussen könnte.“

Das deutsche Mercedes-Netz besteht derzeit aus 114 Haupthändlern. 21 davon sind eigene Niederlassungsverbünde mit jeweils mehreren Standorten. „Ein möglicher Verkauf aller Own-Retail-Standorte beträfe somit deutlich weniger als die Hälfte des Netzes“, sagt ein Mercedes-Sprecher.

Der Anteil der Niederlassungen am jährlichen Volumen wird auf 20 bis 30 Prozent geschätzt. Dazu kommen 93 selbstständige Händler mit ebenfalls mehreren Standorten. Experten erwarten, dass die Zahl der Haupthändler künftig auf 70 bis 80 sinken wird.