Mercedes-Betriebsrat kann Niederlassungs-Verkauf nicht abwenden

Es gibt kein Zurück. Mercedes will seine deutschen Niederlassungen verkaufen. Nachdem die Niederlassungsleiter und Betriebsräte in einer Geheimsitzung ins Bild gesetzt wurden, erfuhren am 13. März auch die Mitarbeiter Details zum geplanten Verkauf, mit dem Mercedes laut "Bild"-Zeitung 800 Millionen Euro an anstehenden Investitionen einsparen will.

Damit sind die Pläne des Betriebsrats gescheitert, den Verkauf doch noch abzuwenden. Trotz intensiver Bemühungen, zahlreicher Alternativvorschläge und hartnäckiger Gespräche habe man das Unternehmen nicht zum Umdenken bewegen können, erklärte Gesamtbetriebsratschef Ergun Lümali und machte noch einmal deutlich, was er von den Plänen hält. "Wir sind entschieden gegen den Verkauf der Niederlassungen! Wir halten die Pläne des Vorstands für eine krasse Fehlentscheidung und lehnen sie im Grundsatz ab. Sie gehen einzig und allein auf das Konto des Unternehmens." In den Verhandlungen bisher habe man lediglich erreicht, dass Mercedes bereit sei, über die Absicherung der Arbeitsbedingungen zu verhandeln.

Die Pläne von Mercedes, die mehr als 60 Niederlassungen mit mehr als 8.000 Mitarbeitern zu verkaufen waren im Januar bekannt geworden. Durch den Schritt will Mercedes viel Geld einsparen, das aus Sicht der Unternehmensführung in Entwicklung und Produktion besser aufgehoben ist.

Neben den Investitionskosten von 800 Millionen Euro will Mercedes nach Informationen der "Bild" aus dem Geheimmeeting vor allem auch Millionen an laufenden Kosten einsparen. Gerade die Flagship-Betriebe in den Metropolen gelten seit langem als nicht wirtschaftlich. Nun wurden Zahlen dazu bekannt: So bezuschusst Mercedes den Informationen zufolge beispielsweise allein die Münchener Niederlassung in der Arnulfstraße mit 35 Millionen Euro pro Jahr.

Auch dass die übrigen Niederlassungen der Performance von Standorten hinterherhinken die selbstständige Händler betreiben, gilt als offenes Geheimnis bei Mercedes. Konzernchef Ola Källenius ist daher kein Fan der Niederlassungen und soll diese als Relikt aus dem vorigen Jahrhundert bezeichnet haben. Schon bei der letzten Reform im Jahr 2015 hatte Mercedes eine Vielzahl von Autohäusern verkauft, die Niederlassungen in größeren Verbünden gestrafft. Viele der Autohäuser gingen damals an den chinesischen Konzern Lei Shing Hong. So gibt es schon heute im Osten Deutschlands mit Ausnahme Berlin keine einzige Mercedes-Niederlassung mehr.

Auch im Ausland ist Mercedes längst diesen Schritt gegangen. Bis Ende 2024 sollen konzerneigene Autohäuser in elf europäischen Märkten veräußert werden. So wurden in den vergangenen Jahren beispielsweise 25 Niederlassungen in Spanien, Großbritannien und Belgien mit 2800 Mitarbeitern verkauft. In den USA gibt es lediglich noch ein konzerneigenes Autohaus in Manhattan. In China werden alle Autohäuser durch eigenständige Händler geführt.  

Branchenkenner schätzten bei den Transaktionen zuvor den Erlös auf 30 bis 40 Millionen Euro pro Standort. Ähnliche Dimensionen dürften auch die Verkäufe in Deutschland erreichen. Zu den geplanten Einnnahmen aus dem Verkauf macht Mercedes offiziell keine Angaben. Sie dürften sich aber im Bereich von 2,5 Milliarden Euro bewegen, wenn tatsächlich alle Standorte in private Hände übergehen sollten.

Als mögliche Erwerber der Niederlassungen sollen nur Händler in Frage kommen, die das "Best Ownership"-Prinzip erfüllen. Für Mercedes zählt dazu eine langjährige Vertriebserfahrung und -kompetenz, "eine nachhaltige Investitionsbereitschaft, langfristiges unternehmerisches Konzept, wirtschaftliche Stärke und Aufgeschlossenheit gegenüber Arbeitnehmervertretungen". Die Schließung von Niederlassungen sei nicht Gegenstand der Überprüfung. Sollte sich kein Käufer für einen Standort finden, dann solle dieser in den Händen des Unternehmens bleiben.

Auch wenn der Betriebsrat den Verkauf selbst nicht verhindern kann, kann er dennoch erheblichen Einfluss auf den Prozess nehmen. Denn noch gilt für die Beschäftigten eine Jobgarantie bis Ende 2029. Es kann also niemand zum Wechsel in eine andere Firma gezwungen werden. Käufer müssen daher vergleichbare Bedingungen bieten, wie sie bisher schon bei Mercedes gelten. In den nun anstehenden Verhandlungen werde der Betriebsrat für faire Rahmenbedingungen kämpfen und sicherstellen, dass die Interessen der Beschäftigten gewahrt werden, kündigt Lümali an. "Wir wissen, was es heißt, Verantwortung für unsere Belegschaft zu übernehmen und werden hart daran arbeiten, die Arbeitsbedingungen bestmöglich, umfassend, langfristig und nachhaltig abzusichern." Man werde sich über Jahre erreichte Rechte und Absicherungen nicht so einfach nehmen lassen.