Herr Gabrysch, wie geht es Euromaster Deutschland?
Wir befinden uns in einer strategischen Neuausrichtung, die durch unsere Konzernmutter Michelin getrieben und unterstützt wird. Wir wollen neue Segmente im Markt erschließen, das Franchisegeschäft vorantreiben. Auch in Österreich wollen wir weiter wachsen, um am Ende mit mehr Standorten und einem breiteren Portfolio mehr Kunden zu überzeugen – sowohl im B2B als auch im B2C-Bereich.
Welche Segmente wollen Sie erschließen?
Wir machen uns fit für die E-Mobilität und haben in unseren Stationen fast flächendeckend Meister oder Mechatroniker mit Hochvoltschulungen. Ein großer Erfolg ist zudem, dass wir in Deutschland alles, was mit Reifen und Rädern zu tun hat, für Tesla exklusiv machen.
Gibt es auch Kooperationen im Servicebereich mit Tesla?
Im Moment noch nicht, aber wir möchten uns gerne in diese Richtung entwickeln. Es gibt zahlreiche Elektroflotten, die in Deutschland derzeit etabliert werden. Gerade Startups setzen im Moment auf Elektromobilität. Für die Betreuung dieser Flotten sehen wir uns gut aufgestellt.
Tesla hat Schwierigkeiten beim Ausrollen eines eigenen Servicenetzes. Auch andere neue Hersteller brauchen ein Servicenetz. Da könnte man sich eine Zusammenarbeit vorstellen.
Das wäre der nächste logische Schritt. Wir haben in Deutschland inklusive der Franchisebetriebe 350 Standorte und in den Metropolen braucht man nur 20 Minuten bis zu uns. Das macht uns da zu einem attraktiven Partner gerade für die Elektromobilität, die ja vor allem in den großen Städten kommen wird.
Wo sehen Sie noch Potenzial?
Wir wollen den Kunden stärker alles aus einer Hand anbieten: Einen kostenlosen Mastercheck beim Reifenkauf, Hauptuntersuchungen in Kooperation mit dem TÜV Rheinland und Inspektionen nach Herstellervorgaben können wir inzwischen flächendeckend an jedem Standort anbieten – inklusive der Franchisenehmer. Das ist besonders wichtig für große Flotten und Leasinggesellschaften.
Sie treiben seit einiger Zeit den Autoservice-Bereich voran. Soll er noch mehr Gewicht bekommen?
Wir kommen aus dem Reifenhandel, sind inzwischen aber bei einem ziemlich ausgeglichenen Portfolio – ungefähr 40 Prozent Werkstatt, 60 Prozent Reifen. Langfristig wollen wir ungefähr auf 50/50 kommen. Wir werden sicherlich kein reiner Werkstattbetrieb werden. Reifen ist ein spannendes Geschäft und da möchten wir unseren Schwerpunkt behalten.
Man hört oft von höherem Reifenverschleiß bei Elektroautos. Wie groß ist dieser Unterschied?
Es gibt noch keine belastbaren Zahlen. Es geht dabei vor allem um das hohe Drehmoment bei der Beschleunigung. Bei einem Elektroauto müssen Sie unter Umständen alle 15.000 Kilometer den Reifen wechseln, wenn Sie sportlich fahren. Und auch kleinere Elektroautos können extrem hohe Drehmomente entwickeln. Aber auch wenn Sie vom Gas gehen, hat der Reifen eine höhere Belastung, weil rekuperiert wird. Sie rollen ja nie einfach nur so. Deswegen wird ja auch derzeit daran geforscht, die Haltbarkeit für Elektroauto-Reifen weiter zu entwickeln.
Ihr Vorgänger Matthias Mezger-Boehringer war nur fünf Monate an der Unternehmensspitze woran lag das?
Er war angetreten, um das jetzt laufende Transformationsprojekt aufzusetzen. Das hat er auch hervorragend getan und als er damit fertig war, hat er sich dazu entschlossen, eine neue Aufgabe zu übernehmen. Die Umsetzung ist jetzt meine Aufgabe.
Es gibt keine genauen Zahlen, aber zumindest Hinweise, dass die Zahlen von Euromaster in Deutschland in den vergangenen Jahren nicht die besten waren. Wird das mit dem Transformationsprozess jetzt besser und wo sind die zentralen Stellschrauben?
Zum Ergebnis kann ich nicht natürlich nicht viel sagen. Wir wollen durch das Transformationsprojekt in vielen Punkten besser werden. Wir wollen auch unsere Prozesse optimieren, neue Kunden begeistern, Öffnungszeiten erweitern, Mitarbeiter einstellen.
Wie viele Mitarbeiter wollen sie einstellen?
Genaue Zahlen gibt es noch nicht. Aber das Transformationsprogramm zielt ganz klar auf Wachstum.
Soll auch die Zahl der Standorte steigen?
Wir wollen vor allem das Franchise-Geschäft ausbauen. Möglicherweise werden wir aber auch selbst Standorte übernehmen, wenn uns etwas Gutes angeboten wird.
Wie steht es um den Boom der Ganzjahresreifen. Ist hier der Höhepunkt inzwischen erreicht?
Ich denke ja, wobei es regional sehr unterschiedlich ist.
Wie viel Geschäft kosten die Ganzjahresreifen den Handel – schließlich müssen sie nicht gewechselt werden?
Auch ein Ganzjahresreifen hält nur eine gewisse Zahl an Kilometern. Der Kundenkontakt reduziert sich – aber das können wir durch den Ausbau unserer Werkstatttätigkeit ausgleichen.
Wie sehen Sie die Lage des Reifenhandels insgesamt?
Es gibt wieder etwas Wachstum – insbesondere bei LKW und bei den Großreifen. Im Pkw-Bereich ist es in etwa gleichbleibend.
Was sind die nächsten Trends im Reifenbereich?
Aktuell ist die Haltbarkeit ein wichtiges Thema. Auch Michelin ist da sehr erfolgreich. Ein anderes Thema ist, Reifen als Abo für eine Kilometerpauschale anzubieten. Wir machen das inzwischen im Flottenkundenbereich für ein großes Unternehmen.
Ist das auch für Privatkunden denkbar?
Das ist bei uns im Ideenspeicher – aber wir machen das jetzt erstmal im B2B-Bereich. Dass wir dabei auch sagen können, wann die Reifen gewechselt werden, können wir das auch sehr gut planen und beispielsweise die Stoßzeiten beim ersten Schnee im November entzerren.
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