VW-Krise: Cavallo fordert Aktionärsfamilien Porsche und Piëch zu Verzicht auf

Bereits am frühen Morgen haben bei Volkswagen an vielen Standorten die ersten Warnstreiks begonnen. Tausende Mitarbeiter waren im Ausstand. Gesamtbetriebsratschefin Daniela Cavallo und IG-Metall-Bezirkschef Thorsten Gröger forderten in ihren Reden die Eigentümerfamilien Porsche und Piëch namentlich zum Verzicht auf einen Teil ihrer Dividende auf. Ein Sprecher der Dachgesellschaft Porsche SE wollte sich auf Anfrage der Automobilwoche dazu nicht äußern.

In Wolfsburg machte Cavallo vor Tausenden Mitarbeitern Stimmung gegen die Hauptaktionäre. Während das mit 20 Prozent am Unternehmen beteiligte Land Niedersachsen dabei gut wegkam, weil Ministerpräsident Stephan Weil in einem Interview signalisiert hatte, die Dividende habe "nicht oberste Priorität", knöpfte sich die Betriebsratschefin den einflussreichen Automobilclan vor: "Meine Erwartungshaltung ist, dass diese Einstellung auch bei den anderen Hauptaktionären vorhanden ist."

So müsste ein Facharbeiter 100.000 Jahre lang arbeiten, um die Summe zu erreichen, die die Familien Porsche und Piëch allein seit 2014 an Dividende eingestrichen hätten. Zwar müsse Volkswagen froh sein, solche Ankeraktionäre zu haben. "Und wenn es dem Unternehmen gut geht, dann sollen sie auch kräftig Dividende bekommen", so Cavallo weiter.

Doch wenn die Gewinnmaschine stottere, stelle sich die Frage, was dagegen zu tun sei. "Wir verlangen, dass alle ihren Beitrag leisten. Auch der Vorstand. Und eben auch die Aktionärsseite."

Allerdings verfolgt VW im Vergleich zu anderen Dax-Unternehmen mit einer Ausschüttungsquote von zuletzt 28 Prozent Prozent eher eine restriktive Dividenden-Politik. Bei Mercedes etwa wird eine Ausschüttungsquote von 40 Prozent angestrebt, dies ist auch der Durchschnitt aller deutschen Aktiengesellschaften. Die Dividende gilt außerdem als Gradmesser für die Attraktivität eines Investments.

Der Börsenkurs von VW seit Beginn des Jahres um knapp 30 Prozent gefallen. Neben den Großaktionären hat der Volkswagen-Konzern auch viele Kleinaktionäre.

Noch ist unklar, welche Auswirkungen die Streiks auf die Produktion haben werden. So standen die Bänder am Montag zunächst jeweils für die Zeit der Protestaktionen still. Ein Konzernsprecher sagte, das Unternehmen sei bestrebt, die Auswirkungen des Warnstreiks auf die Kunden, Partner sowie Industrieanlagen so gering wie möglich halten. "Deswegen hat das Unternehmen bereits im Vorfeld gezielt Maßnahmen ergriffen, die eine Notversorgung sicherstellen".

Die Porsche SE ist mit einem Anteil von 53,3 Prozent an den Stammaktien und 31,9 Prozent am gezeichneten Kapital der Volkswagen AG der größte Einzelaktionär des Wolfsburger Konzerns. Ohne die Mitglieder der Großfamilie kann bei Volkswagen und Porsche keine Entscheidung getroffen werden. Als Sprecher fungieren aktuell Wolfgang Porsche (81) und Hans-Michel Piëch (82), die beide im Aufsichtsrat des Konzerns sitzen. Sie haben sich bisher noch nicht zum Konflikt geäußert.

Betroffen von den Warnstreiks waren zahlreiche Standorte von VW, unter anderem die Werke in Wolfsburg, Emden, Braunschweig, Salzgitter, Kassen und Hannover sowie bei der Volkswagen Sachsen GmbH in Zwickau, Dresden und Chemnitz sowie zahlreiche Tochtergesellschaften.

Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 9. Dezember terminiert. Das Unternehmen verlangt von der Belegschaft einen Gehaltsverzicht von zehn Prozent und droht mit Werksschließungen. VW-Markenchef Thomas Schäfer hatte zuletzt bekräftigt, dass die Aufgabe eines Standortes notwendig sei.