Als Neuwagenplattform ist Carwow groß geworden. Jetzt steigt das Unternehmen in den Handel mit Gebrauchtwagen ein. Vorbild ist der Erfolg in Großbritannien.
Carwow-Team: Philipp Sayler von Amende, Arne Stöcker, Jan Sommermeyer, Sally Foote und James Pollard (v.li.).
Die Neuwagenplattform Carwow will sich in Zukunft breiter aufstellen. Dazu öffnet sich das Start-up zusätzlich für den Handel mit Gebrauchtwagen: Künftig können Privatkunden ihr Fahrzeug über Carwow an Händler verkaufen; diese können wiederum die Gebrauchtwagen auf der Plattform anbieten.
Damit steigt die Plattform in den Gebrauchtwagenmarkt ein, den sich bislang wenige große Plattformen wie Autoscout24 und Mobile.de beim Verkauf sowie Auto1 beim Ankauf von Gebrauchten teilen.
"Mit dem neuen Angebot decken wir jetzt auch hierzulande das komplette Spektrum des Autohandels ab – vom Autokauf eines Neuwagens oder eines Gebrauchten über Leasing bis hin zum Verkauf", sagt Carwow-Deutschlandchef Philipp Sayler von Amende.
Der nun eingeführte Ankauf läuft für Händler so ab: Verkäufer stellen ein Auto ein, das maximal drei Tage online bleibt. In dieser Zeit haben Händler die Möglichkeit, auf das Fahrzeug im Rahmen einer Auktion zu bieten.
Dabei gibt der Verkäufer einen Richtpreis an, den Carwow zuvor mithilfe von Fotos und KI vorschlägt. Ist der Verkäufer mit dem von einem Händler gemachten Angebot zufrieden, kann er die Auktion beenden.
Da die Fahrzeugdaten bereits alle gelistet sind, kann der Händler das Fahrzeug umgehend wieder anbieten. Alles läuft digital, allerdings haben die teilnehmenden Händler einen persönlichen Ansprechpartner.
Carwow vermittelt das Geschäft lediglich als Plattform. Den Vertrag schließen Verkäufer und Händler unter sich. Am Ende erhält Carwow eine Provision vom Händler. Diese ist abhängig vom Fahrzeugpreis, "im Durchschnitt liegt sie im Bereich von zwei Prozent", sagt Sayler von Amende.
Das Angebot will Carwow nun schnell ausbauen: Im ersten Quartal hat die Plattform die Ankaufauktion eingeführt, im zweiten Quartal folgen Transport-Dienstleistungen: Händler können dann optional wählen, ob sie das Fahrzeug selbst abholen oder es von Carwow liefern lassen.
Im dritten Quartal will Carwow dann die Fahrzeugbewertung mit prädiktiver KI verbessern und zum Jahresende eine Wallet-Funktion einführen, worüber die Abrechnung erfolgen kann. Dann würde das Unternehmen auch sehen, dass der vermittelte Deal tatsächlich stattgefunden hat.
"Wir sehen uns nicht als Anbieter, sondern als hochwertige Alternative für den Handel mit Gebrauchtwagen", sagt Sayler von Amende. Es sei eine zusätzliche Plattform.
Erste Erfahrungen hat Carwow in Großbritannien gesammelt. Das 2021 auf dem britischen Markt eingeführte Angebot hat sich gut entwickelt: Wechselten zu Beginn lediglich 1000 Fahrzeuge pro Monat den Besitzer, sind es mittlerweile rund 10.000. Nach drei Jahren steht das Gebrauchtwagenangebot bei Carwow UK in Balance: An- und Verkauf halten sich in etwa die Waage.
"Wir wollen in Deutschland mit dem Angebot mindestens so schnell wachsen wie in Großbritannien", kündigt Sayler von Amende an.
Mit dem neuen Angebot stößt Carwow in den Teil des Gebrauchtwagenmarktes vor, der in der Regel zwischen Verbrauchern läuft, dem C2C-Markt. Dieser wird derzeit neu verteilt. Plattformen wie Auto1 (Wirkaufendeinauto.de) und Autoscout24 (AutoMatch) versuchen ebenfalls, davon zu profitieren.
Im vergangenen Jahr wurden laut dem Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe knapp ein Viertel (24 Prozent) der Besitzumschreibungen ohne den Handel getätigt. Dabei wechselten Gebrauchte im Wert von rund 20 Milliarden Euro den Besitzer.
Dabei suchen aber immer mehr Verbraucher die professionelle Hilfe beim Verkauf ihres Autos. Im Jahr 2014 hatte der C2C-Gebrauchtwagenmarkt noch einen Anteil von 41 Prozent, weitere zehn Jahre zuvor wurde jeder zweite Gebrauchte ohne Händler verkauft (siehe Grafik oben).
