Im Hause Opel rumort es. Seit Wochen schon. Und kräftig. Zwischen einigen Zeilen kann man den Unmut lesen, der sich beiMichael Lohscheller aufgestaut haben muss. Opels CEO wendet sich jetzt mittels einer internen Philippika gegen Behauptungen, "die Groupe PSA wolle gar nicht in Deutschland investieren und wir würden uns nicht an Tarifverträge halten". Des Topmanagers Tadel: "Beides ist falsch!".
Auf dem Tisch lägen – für den Standort Eisenach – Investitionspläne. Und diese stellten eine deutliche Verbesserung gegenüber dem bestehenden Tarifvertrag dar. Anders als kolportiert, sei im Tarifvertrag nicht von zwei Fahrzeugen die Rede, sondern von einer zusätzlichen Variante. Lohscheller: "Und das spiegelt sich in unserem Vorschlag wider".
Das klare Kommando des Opel-Kapitäns lautet: "Wir wollen ein 'New Opel' bauen und endlich einen Schlussstrich unter die fast 20 Jahre andauernden Verluste und Unsicherheiten ziehen". Automobilwoche dokumentiert Lohschellers aktuelle E-Depesche mit der Dachzeile "Wir wollen in Deutschland investieren!" im kompletten Wortlaut:
"Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
derzeit sehen wir uns einer Reihe von falschen Aussagen und angeblichen Informationen gegenüber, die Sie, unsere Mitarbeiter, verunsichern. Dies wollen wir nicht mehr tolerieren und unkommentiert stehen lassen.
So wird beispielsweise behauptet, die Groupe PSA wolle gar nicht in Deutschland investieren und wir würden uns nicht an Tarifverträge halten. Beides ist falsch!
Das Beispiel Eisenach zeigt: Die Investitionspläne liegen auf dem Tisch. Sie sind eine deutliche Verbesserung gegenüber dem bestehenden Tarifvertrag. Denn wir wollten schon im ersten Halbjahr 2019 die Produktion eines elektrifizierbaren Fahrzeugs beginnen – und damit vor dem ursprünglich vorgesehenen Zeitpunkt. Bisher können diese Pläne aber leider nicht umgesetzt werden, weil das notwendige Niveau der Wettbewerbsfähigkeit noch nicht erreicht werden kann.
Übrigens ist im Tarifvertrag nicht von zwei Fahrzeugen die Rede, wie ebenfalls behauptet wurde, sondern von einer zusätzlichen Variante. Und das spiegelt sich in unserem Vorschlag wider.
Glauben Sie mir: Es wäre keine gute Idee gewesen, den Mokka X-Nachfolger wie ursprünglich geplant auf einer GM-Architektur in Eisenach zu produzieren. Denn dieses Fahrzeug hätte einen nicht wettbewerbsfähigen CO2-Ausstoß gehabt, verbunden mit der Gefahr, hohe Strafen bei Nichteinhaltung der Grenzwerte zahlen zu müssen. Deshalb haben wir eine zukunftsfähige Alternative vorgeschlagen, die eine Hybrid-Variante zulässt.
In den letzten Tagen war in den Medien zudem von "Experten" zu lesen, wir könnten die bisher ergebnislosen Verhandlungen mit der IG Metall und dem Betriebsrat als Vorwand nehmen, um Werke zu schließen. Lassen Sie sich von solchen Horrorszenarien nicht verunsichern. Noch einmal: Wir müssen wettbewerbsfähig werden. Aber wir wollen das ohne betriebsbedingte Kündigungen und ohne Werksschließungen schaffen. Und wir werden das schaffen.
Unfaire Behauptungen wie diese schaden auch dem Managementteam, das ich mit persönlichen Werten wie Ehrlichkeit, Respekt vor den Menschen und einem positiven Geist führe.
Die Verbreitung von Angst ist respektlos. Unsere Mitarbeiter verdienen es, die Fakten und Perspektiven zu kennen, um sich ihre Meinung bilden zu können.
Wir wollen ein 'New Opel' bauen und endlich einen Schlussstrich unter die fast 20 Jahre andauernden Verluste und Unsicherheiten ziehen. Das müssen wir uns alle vor Augen führen – und das muss unser gemeinsames Ziel sein, auf das wir alle unsere Energie konzentrieren.
Niemand kann leugnen, dass alle unsere Wettbewerber im selben gesamtwirtschaftlichen Umfeld hoch profitabel sind. Wir sind die Einzigen, die nicht profitabel sind, da wir höhere Kosten als Einnahmen haben.
Wir können diese Situation nicht weiter hinnehmen. Ich vertraue auf Sie alle: Lassen Sie uns an unserem gemeinsamen Erfolg bauen.
Wir haben uns bereits im November bei der Veröffentlichung unseres Strategieplans PACE! öffentlich dazu bekannt, profitabel sein zu wollen. Wenn wir wieder wettbewerbsfähig sind, sichern wir auch unsere Nachhaltigkeit. Wettbewerbsfähig zu sein macht es nötig, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um in dieser hart umkämpften Industrie das richtige Leistungsniveau zu erreichen. Und Wettbewerbsfähigkeit wird die Investitionspläne freisetzen, die wir – wie im Beispiel Eisenach angekündigt - fertig in der Schublade haben.
Wir haben überall in Europa mit Erfolg die Weichen auf Wettbewerbsfähigkeit gestellt. Die Kollegen außerhalb Deutschlands bauen bereits an ihrer nachhaltigen Zukunft. Warum sollte uns das ausgerechnet in unserem Heimatland nicht gelingen?
Wenn wir die Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland herstellen, würde dies zu einer höheren Kapazitätsauslastung unserer deutschen Werke beitragen. Dann würden mittelfristig auch mehr Fahrzeuge in unserem Heimatland hergestellt werden.
Wettbewerbsfähig zu sein, wird uns stolz machen. Denn dann hätten wir unsere Mission erreicht: die Basis für „New Opel“. Und profitabel zu sein, erhöht auch die Auszahlungen an die Beschäftigten. Bei Peugeot/Citroen/DS haben die Mitarbeiter in den vergangenen vier Jahren hohe Erfolgsbeteiligungen erhalten.
Mitarbeiter erwarten vom Management, das Unternehmen mit der Unterstützung aller beteiligten Gruppen leistungsfähig zu machen, um eine nachhaltige Zukunft zu sichern. Das ist der Grund, weshalb wir jeden Tag hart daran arbeiten, für Opel langfristige Zukunftsperspektiven zu schaffen.
Die Umsetzung unseres Turnaround-Plans PACE! ist das Kernstück unseres Weges zurück zum Erfolg. Deshalb wollen wir mit unseren Sozialpartnern weiter verhandeln und Lösungen finden. Dann werden wir auch in Deutschland investieren. Je schneller, desto besser für uns alle.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Lohscheller
CEO Opel Automobile GmbH"
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Markenentwicklung im Januar 2018