Volvo-Chef Håkan Samuelsson muss niemandem etwas beweisen

Es war im April 2015. Auf der Messe Auto Shanghai sieht man Håkan Samuelsson und Geely-Chairman Li Shufu entspannt auf dem Rücksitz eines Volvo XC90 sitzen. Champagnergläser in der Hand. Li perfekt mit Krawatte im Business-Anzug, Samuelsson relaxed ohne Binder und mit offenem Hemdkragen.

Trotz ihrer Unterschiedlichkeit wuchs ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Schweden und dem Chinesen, das bis heute anhält. Dieses hat nun für eine besondere Kapriole in der Automobilgeschichte gesorgt. Der bereits im Ruhestand lebende 74-jährige Samuelsson kehrt als Interims-CEO für zwei Jahre zurück ins operative Geschäft.

Zurück nach Göteborg ins Hauptquartier von Volvo Cars, wo er bereits von März 2012 bis März 2022 als CEO entscheidende Weichen stellte für Volvos Transformation zum elektrischen und Software-definierten Autobauer.

Wer den Schweden kennt, wusste, dass das Opa-Dasein für Samuelsson nicht den ganzen Tag ausfüllen kann. Auch die drei Jahre seit seinem Ausscheiden als CEO blieb er der Autobranche eng verbunden.

Bei der Volvo-Tochter Polestar hatte er im März 2022 den Posten als Chairman of the Board übernommen, in schwierigen Zeiten. Fast wöchentlich sah man Samuelsson auf Konferenzen auftreten, zuletzt hatte er auf der CES in Las Vegas über die Rolle der Konsumenten für die Autobauer referiert.

Für manche Beobachter ist er sogar der Gold-Standard einer Führungskraft. Gelassen im Auftritt, klar in der Sprache, offen für Teamarbeit – und bei aller skandinavischer Konsenskultur doch ein Patriarch, der genau weiß, wohin die Reise zu gehen hat.

Notfalls auch mal mit einsamen Entscheidungen. Letzteres kam in den vergangenen Jahren seiner CEO-Zeit nicht immer gut an. Einige Spitzenkräfte vertrieb er damit aus dem Unternehmen.

Jetzt muss Samuelsson zeigen, dass er auch als automobile Institution bereit ist, dazuzulernen. Sein Vorteil: Er ist unabhängig und muss niemandem etwas beweisen. Seine Erfolgsbilanz spricht für sich. Samuelsson steht für die Neuaufstellung von Volvo Cars als moderne Automarke, für das frühe Verbrenner-Aus, die Weiterentwicklung des Designs und die Verteidigung der schwedischen Identität gegenüber der mächtigen Geely Holding aus Hangzhou.

Beruflich startete Samuelsson beim Lkw-Bauer Scania, im Jahr 2000 wechselte er zu MAN, wo er 2005 den Vorstandsvorsitz übernahm. Im Oktober 2012 löste er den ehemaligen VW-Manager Stefan Jacoby an der Spitze von Volvo Cars ab. Nun also eine späte Herausforderung.