Transformator des Jahres: VW-Chef Oliver Blume muss liefern

Wer mit Oliver Blume spricht, der sollte über Konzentrationsvermögen oder ein gutes Aufnahmegerät verfügen. Meist erklärt der Volkswagen-CEO seine Strategie in derart hohem Tempo, dass ein Mitschnitt nicht schadet, um hinterher die vielen Details nochmals nachzuhören.

Ähnlich schnell hat der Niedersachse seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren den Volkswagen-Konzern verändert. Im Stil eines Fußballtrainers, der bei einem neuen Job die besten Spieler seines alten Vereins nachholt, besetzt er Schlüsselpositionen im Konzern mit Managern von Porsche.

Jüngstes Beispiel dafür ist Kjell Gruner, der für Volkswagen den US-Markt auf Vordermann bringen soll. Aber auch die CEOs von Škoda und Audi, Klaus Zellmer und Gernot Döllner, haben ihr Geschäft beim Sportwagenbauer gelernt.

VWs Luxusmarke Bentley führt seit Juli Frank-Steffen Walliser, zuletzt Leiter Entwicklung Gesamtfahrzeuge bei Porsche. Stefan Weckbach, ebenfalls Porschianer, wurde VW-Chefstratege. Die Liste ließe sich problemlos verlängern.

Mit den Personalien soll der Konzern straffer und effizienter geführt werden – ganz nach dem Vorbild von Porsche in Zuffenhausen, wo seit jeher streng auf Kostendisziplin geachtet wird, um hohe Margen zu erzielen. Auch Organisationsstrukturen wurden übernommen – so führte Döllner etwa bei Audi das Baureihen-Prinzip ein, um die Entwicklung zu beschleunigen.

Während Blume auf diese Weise schon viel bewirkt hat, steht die eigentliche Prüfung noch aus. Denn um vor allem die Kernmarke VW im internationalen Wettbewerb wieder konkurrenzfähig zu machen, reicht die Neubesetzung wichtiger Posten nicht. Bei VW ist eine grundsätzliche Reform nötig.

Wie ernst es Blume und seinem Finanzchef Arno Antlitz dabei ist, zeigt die Kündigung des Tarifvertrags und die damit verbundene Beschäftigungssicherung bis 2029. Ab Mitte 2025 sind betriebsbedingte Kündigungen möglich.

VW hat in Europa massive Überkapazitäten. Am Hochlohnstandort Deutschland stehen bis zu drei Werke auf der Kippe. Außerdem soll die Belegschaft auf mindestens zehn Prozent Gehalt verzichten.

Erst kürzlich hat Blume auf einer Betriebsversammlung klargemacht, dass er von seiner Position nicht so leicht abweichen wird. Die Margen ausländischer Unternehmen seien meist höher, der Wettbewerbsdruck nehme zu. "Unsere Arbeitskosten sind in Deutschland inzwischen zu hoch geworden", so Blume.

Deshalb brauche es dringend Maßnahmen, um die Zukunft von Volkswagen abzusichern. "Wir agieren als Management in keiner Wünsch-Dir-Was-Welt. Wir fällen Entscheidungen in einem sich rasant verändernden Umfeld", so Blume.

Bisher gab es in den Verhandlungen keine Annäherung. Zwar legte die Arbeitnehmerseite einen Vorschlag zur Kostenreduzierung vor. Noch aber beharren Blume und Markenchef Thomas Schäfer auf Werkschließungen und weitergehenden Lohnkürzungen.

Betriebsratschefin Daniela Cavallo hatte zuletzt die Aktionärsfamilien Porsche und Piëch zum teilweisen Verzicht auf die Dividende aus ihren Anteilen aufgefordert. Den zuvor präsentierten alternativen Sparplan des Betriebsrats lehnte Blume als nicht weitgehend genug ab.

Nun wartet die nächste Gesprächsrunde am Montag, begleitet von Warnstreiks in allen deutschen Werken mit Haustarifbindung. Blumes Erfolg als Transformator hängt davon ab, ob am Ende wie oft in der VW-Geschichte ein fauler Kompromiss steht oder eine echte Reform bei Arbeitskosten und Produktionslandschaft. Für beide, Konzern und Blume, steht viel auf dem Spiel.