Fahrer von E-Autos können mindestens 650 Euro im Jahr sparen. Diese Zahl hat The Mobility House, ein herstellerunabhängiger Anbieter von Ladeinfrastruktur und intelligenten Lade- und Energielösungen, anhand der Erlöse errechnet, die an den Energiemärkten erzielt wurden (siehe hier). Automobilwoche hat mit Geschäftsführer Marcus Fendt gesprochen:
1. Wo stehen wir heute beim Thema bidirektionalen Laden?
Marcus Fendt: Technisch ist alles möglich - es gibt immer mehr bidirektionale E-Fahrzeuge, die entsprechende Ladeinfrastruktur und die Kommunikationswege mit dem Energiemarkt existieren ebenfalls. Auch die Business-Modelle stehen. Es fehlt allein an der gesetzlichen Regulatorik, um bidirektionales Laden und das damit verbundene und von uns unter Beweis gestellte Potenzial zu skalieren. Doppelte Besteuerungen für mobile Speicher wie E-Autos müssen genauso fallen, wie es bei den stationären Speichern schon 2019 passiert ist. Wir gehen davon aus, dass die Gesetzgebung hier, wie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) bis zum 2. Quartal zugesagt, bald für eine Angleichung sorgt.
2. Welchen Beitrag leistet The Mobility House in diesem Szenario?
Fendt: Wir aggregieren die Ladebedarfe und die Flexibilitäten von E-Autos, führen sie dem Energiemarkt zu und erzielen daraus optimale Erlöse – ohne die Mobilität des Kunden zu beeinflussen, die Batterie zu degradieren oder das Netz zu überlasten. Das funktioniert über unsere Technologieplattform, über die wir bereits heute 4.500 Fahrzeugbatterien ansteuern, sowie über einen Software-Algorithmus und zukünftig eine Kunden-App. Die ausgespeisten Energien können von Flottenkunden, Parkhäusern oder Privatkunden kommen und auch am Energiemarkt können wir das Portfolio an ganz unterschiedlichen Stellen – möglichst gewinnbringend – vermarkten.
3. Wie funktioniert der Handel mit Flexibilitäten?
Fendt: Der Energiemarkt zahlt uns die Preise für den eingespeisten Strom aus den Fahrzeugbatterien, weil wir mit dem grünen, günstigeren Strom eine Leistung erbringen, die er sonst an anderer Stelle für mehr Geld und in Form von grauem Strom hätte kaufen müssen. Denn dank der Fahrzeugbatterie lassen sich viele Volatilitäten bei erneuerbaren Energien zwischenpuffern, etwa vom Tag in die Nacht oder in Phasen von Windflaute. Wir leisten damit einen Beitrag zum erneuerbaren Energiesystem, indem wir möglichst viel erneuerbare Energie fördern sowie CO2 einsparen, und erzielen gleichzeitig finanzielle Vorteile.
4. Wie wird das bidirektionale Laden künftig aus Verbrauchersicht funktionieren?
Fendt: Der Kunde muss nichts weiter tun, außer sein E-Auto einzustecken und zum Beispiel in einer App „smartes Laden“ zu aktivieren. Er hat alle Freiheitsgrade, kann festlegen, um wie viel Uhr an welchen Wochentagen die Batterie immer mindestens wie voll geladen sein soll. The Mobility House nützt dann innerhalb des jeweiligen Zeitfenstern die Flexibilität des Autos: Wann ist der Strom am günstigsten zu kaufen, wann am teuersten zu verkaufen? Immer gilt: Zur gewünschten Zeit hat der Kunde den gewünschten Ladestand bei seinem E-Auto.
5. Welche Akzeptanz erwarten Sie auf Kundenseite beim Thema bidirektionales Laden?
Fendt: Laut einer Studie der Universität Passau stehen Kunden dem Thema positiv gegenüber, wenn sie weiterhin den kompletten Freiheitsgrad beim Laden behalten, wenn der Automobilhersteller die Garantie für die Batterie übernimmt und wenn eine volle Transparenz über die erzielten Werte herrscht. Wir planen einen Use Case mit einem Gamification-Ansatz: Der Kunde zahlt weiterhin seine Stromrechnung wie gewohnt, je häufiger er aber sein E-Auto für smartes Laden ansteckt, umso günstiger kann seine Rechnung werden. Denn E-Mobilität kann viel mehr sein als nur ein CO2-freier, leiser Ersatz für ein herkömmlich angetriebenes Auto …