BMW-Händler zum Agenturmodell: "Wir haben bei Mini schon immer viel ausprobiert"

Die Konsolidierung im Autohandel ist in vollem Gange. Seit Jahren bauen Deutschlands Branchengrößen ihre Marktmacht aus. Allein 2023 stieg der Umsatzanteil von Deutschlands Top-100-Händlern um 1,7 Punkte auf 29 Prozent.

Einer von ­ihnen ist die Ingolstädter Autohausgruppe Wittmann & Hofmann (HW-Gruppe) mit rund 8500 verkauften Fahrzeugen und einem Umsatz von 295 Millionen Euro im Jahr. Bei ihr stand 2024 ein Generationswechsel an der Spitze des Familienunternehmens an.

Im Interview erklärt der neue Firmenchef Florian Hofmann (30) nun, wie er den BMW-Konzernhändler in die Zukunft führen will und wie der Verkauf der VW-Sparte zum Wachstumskurs der Gruppe passt.

Herr Hofmann, wie war der Start als neuer Chef der HW-Gruppe?

Es hat sich gar nicht so viel verändert. Ich war schon seit Anfang 2022 ­Geschäftsführer für Vertrieb und Marketing. Seit Januar 2024 habe ich nun die Verantwortung für das gesamte Unternehmen, also auch für die zen­trale Holding. Meine erste große ­Aufgabe war dann, bis 1. Juli das Führungsteam und die Führungsstruktur aufzustellen, mit der ich künftig arbeiten möchte.

Wie sieht Ihr Ansatz aus?

Wir haben die Geschäftsführung nicht nach Sparten, sondern nach operativer und kaufmännischer Verantwortung unterteilt. So entstehen in der Praxis weniger Silos unter den Sparten.

Wir haben im Sales schon in den vergangenen Jahren damit begonnen, operative Entscheidungen kaufmännisch abzustimmen und in Business Cases zu rechnen, damit wir Entscheidungen mehr nach Zahlen und weniger nach Bauchgefühl treffen können.

Diesen Ansatz will ich nun auf die ganze Gruppe ausdehnen und in der Geschäfts­führung widerspiegeln. Wir haben jetzt mit Kerstin Bacher eine Geschäftsführerin für alle kaufmännischen Themen und mich für alles Operative. Erst darunter kommen Bereichsverantwort­liche für Neuwagen, Gebrauchtwagen und Aftersales.

Im Autohandel geht der Trend dahin, Markenportfolios zu diversifizieren und nach allen Seiten zuzukaufen. Sie hingegen haben sich Anfang des Jahres von den VW-Marken getrennt. Was hat Sie zu dieser Entscheidung veranlasst?

Wir hatten jeweils ein Autohaus von VW und eines von Porsche. Das war langfristig nicht tragfähig. Denn ich brauche für jede Marke einen teuren administrativen Überbau. Für nur ­einen Standort ist das aber einfach nicht effizient.

So etwas geht bei kleinen inhabergeführten Autohäusern, in denen sich der Inhaber persönlich stark einbringt, nicht aber in Gruppen unserer Größe. Wir hätten also weitere VW-Standorte gebraucht.

Wenn man sich aber die Wachstumsprozesse im VW-Handel ansieht, dann war klar, dass es nicht möglich gewesen wäre, nur mit den beiden bestehenden Volkswagen-Marken zu wachsen. Es wäre für uns unausweichlich gewesen, irgendwann auch Audi, Seat und Škoda mit auf­zunehmen.

Das allerdings wäre eine so gewaltige Herausforderung und auch ein Risiko gewesen, dass wir uns entschieden haben, die Autohäuser ­abzugeben.

Ihre Verkaufszahlen und Ihr Umsatz ­haben in den vergangenen Jahren ­unter anderem dank Übernahmen ­anderer BMW-Händler kräftig zugelegt. Folgt nun der Absturz, wenn plötzlich eine Sparte komplett wegbricht?

Da wird natürlich einiges an Volumen wegfallen. Wir haben bei VW und Porsche 2023 rund 3000 Fahrzeuge mit ­einem Umsatz von 84 Millionen Euro verkauft. Diese Zahl war jedoch durch einen Spot-Deal auch ungewöhnlich hoch. Einen Teil davon werden wir ­allerdings kompensieren können.

Wir haben Anfang Juli 2023 das BMW-Auto­haus Langer in Mertingen übernommen. Dieses ist mittlerweile vollständig integriert und wird in diesem Jahr erstmals voll zum Ergebnis beitragen. Die Verkaufszahlen dort sind zudem bereits deutlich gestiegen.

Gleiches gilt für den Gebrauchtwagenbereich, den wir gruppenweit zuletzt deutlich steigern konnten. Dass wir 2024 den gleichen Umsatz machen wie 2023, glaube ich ehrlicherweise aber nicht.

Beim ­Ertrag allerdings wird nicht viel fehlen. Wir sind in 2024 auf einem guten Weg, unseren Plan von 5800 verkauften Fahrzeugen und einen Gesamtumsatz von 232 Millionen Euro zu erreichen.

Wie sieht Ihre weitere Strategie aus?

Wir wollen in unserem Kerngeschäft mit BMW weiterwachsen.

Organisch oder durch Zukäufe?

Vor allem durch Zukäufe. Wir sind ­aktiv auf der Suche nach Unternehmen, mit denen wir wachsen können. Aber das muss sich ergeben und ist kaum planbar. In der Regel initiiert ja der Hersteller von sich aus Gespräche mit umliegenden Händlern, in denen man dann über eine mögliche Übernahme spricht.

Dass wir selbst auf der grünen Wiese einen neuen Betrieb ­errichten, sehe ich derzeit nicht. Was wir aber vorhaben, ist ein großer Umbau unserer Zentrale, damit die Verwaltung aus unserem früheren VW-­Betrieb an den Hauptsitz ziehen kann.

Wollen Sie ausschließlich mit BMW wachsen?

Nein, wir zementieren die Firma nicht in ihrem jetzigen Zustand ein. Wir sprechen bereits mit anderen Herstellern, uns wieder zu diversifizieren. Wir schwimmen also nicht komplett gegen den Strom, sondern haben mit dem VW-Verkauf eine zu dem Zeitpunkt logische stra­tegische Entscheidung getroffen.

Die Umstrukturierung Ihrer Gruppe ist ­derzeit nicht der einzige Umbruch. Am 1. Oktober steht bei Mini der Wechsel in den Agenturvertrieb an. Wie laufen die Vorbereitungen?

Wir diskutieren mit BMW schon seit Monaten die Inhalte des Agentursystems und arbeiten uns sukzessive voran. ­Insofern fühle ich mich wirklich gut abgeholt und mitgenommen. Wir ­haben zudem bei uns eine Projekt­managerin, die den Umbruch von ­langer Hand vorbereitet. Besonders positiv finde ich, dass wir das Agenturmodell erst bei Mini testen, bevor wir es auf BMW ausrollen. Wir haben bei Mini schon immer viel ausprobiert, ­insofern passt das sehr gut. Ich trage das Agenturmodell voll mit.

Sind Sie mit den Agenturverträgen ­zufrieden?

Im Grunde schon. Genau bewerten können wir es erst ab 1. Oktober. Denn die Agenturvergütung ist letztlich auch abhängig vom Umsatz. Stimmen die Stückzahlen nicht, ist es ­völlig egal, wie hoch die Provision ist. Beides muss zusammenpassen. Es ist jetzt am Hersteller, die Preise so zu gestalten, dass wir ausreichend Umsatz erwirtschaften können.

Schmerzt es Sie, dass BMW künftig auch die jungen Gebrauchten auf ­eigene Rechnung verkauft?

Ich will es mal so sagen: Ich verstehe die Intention des Herstellers. Es ­ergibt absolut Sinn, die Preiskaskade Neu­wagen – Vorführwagen – junger ­Gebrauchter in der eigenen Hand zu haben, um sie einheitlich zu steuern. Für Händler hingegen, insbesondere für überregional aktive, wird ein lukratives Stück ihres Kuchens wegfallen. Da wir uns seit jeher vor allem auf das eigene Marktgebiet konzentriert ­haben, bleibt es bei uns im Rahmen. Wir haben eben neue Regeln, mit ­denen wir umgehen müssen.

Das Interview führte Armin Wutzer.