Jahrelang gab es wenig Insolvenzen im Kfz-Gewerbe. Das ist vorbei. Insolvenzverwalter Christoph Niering rechnet mit einem deutlichen Anstieg.
Die Insolvenzen von Autohändler nehmen wieder zu.
Für die Staffel-Gruppe stand Ende Oktober der Weg aufs Amtsgericht an: Der Händler, der an sieben Standorten in Thüringen und Bayern Neuwagen der Marken Opel, Ford und Mitsubishi vertreibt, musste Insolvenz anmelden.
Die Betriebe laufen weiter. Rückläufige Umsätze führten zu Liquiditätsengpässen. „Ziel ist es, die Autohäuser zu erhalten“, sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Dirk Götze von FRH-Rechtsanwälte.
Mit rund 165 Mitarbeitern gehört die Staffel-Gruppe schon zu den größeren Autohäusern in Deutschland. Entsprechend groß ist die Aufmerksamkeit, denn häufig trifft es eher die kleineren Betriebe.
Im April und Mai sprangen die Insolvenzen bei Autohäusern und Werkstätten auf jeweils mehr als 200 Unternehmen. Diese Grenze wurde zuletzt 2019 überschritten. Bei den Zulieferern ist die Zahl der Insolvenzen bereits im ersten Halbjahr 2024 stark gestiegen.
Der Trend setzt sich fort. Christoph Niering, Vorsitzender beim Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands sowie Partner von Niering Stock Tömp Rechtsanwälte, will nicht von einer Insolvenzwelle sprechen: „Es wird zu keinem Tsunami kommen, aber von einem deutlichen Anstieg gehe ich aus.“
Niering, dessen Kanzlei in Köln sitzt, sucht die Analogie zum Rhein. „Während Corona hatten wir Niedrigwasser, da wurde die Schifffahrt teilweise eingestellt. Mittlerweile ist die Normalisierung eingekehrt und wir steuern vielleicht auf einen hohen Stand, aber auf kein Hochwasser zu.“
Schon vor Corona herrschte die Nullzins-Politik, dann wurde die Insolvenzantragspflicht zeitweise ausgesetzt und kleinere Betriebe bekamen Unterstützung. Die Chipkrise ließ die Restwerte explodieren. Die Branche fuhr große Gewinne ein. Mittlerweile ist die neue Normalität da.
Für Niering ist eines klar: „Ich sehe keine Auslöser in der Politik.“ Bürokratie und ESG-Aspekte seien vielleicht Begleiterscheinungen, die ein Unternehmen belasten. Aber sie würden ein funktionierendes Geschäftsmodell nicht ruinieren.
Stattdessen verweist er auf die Transformation der Branche. Die Hersteller überarbeiten die Strukturen, stellen ihre Netze neu auf. „Die Strukturen werden überarbeitet, die Netze neu aufgestellt. Ich weiß nicht, ob man in einer größeren Stadt künftig noch zehn kleine Vertriebsstandorte braucht oder ob einer reicht“, so Niering. Er sieht die Branche derzeit in einer „in einer Zwischenphase für eine weitere Entwicklung“.
Das schiebt die seit Jahren laufende Konsolidierung weiter an. „Im Handel ist eine gewisse Nervosität angebracht, bei Kfz-Werkstätten glaube ich nicht“, sagt Niering. Natürlich komme die Entwicklung auch bei den Servicebetrieben an. Aber wenn eine Werkstatt eine gute Nische gefunden habe, könne sie noch lange weitermachen.
