Honda und Nissan treiben Fusion voran

Eine strategische Partnerschaft gibt es schon, jetzt treiben Honda und Nissan den Zusammenschluss voran. Vertreter beider Unternehmen unterzeichneten am Montag (23. Dezember) eine Grundsatzvereinbarung für Fusionsgespräche.

Der gemeinsame Plan läuft darauf hinaus, eine Holding zu gründen, die als Dachgesellschaft für das neue Unternehmen fungiert und bis August 2026 an der Börse notiert sein soll. Honda werde die Mehrheit der Direktoren der Holding stellen, hieß es. Mitsubishi, das zu 24,5 Prozent im Besitz von Nissan ist, hat ebenfalls die Absichtserklärung unterzeichnet und will sich bis Ende Januar endgültig entscheiden.

Zusammen würden die japanischen Autobauer den drittgrößten Hersteller der Welt bilden und mit einem Absatz von mehr als acht Millionen Fahrzeugen an Toyota und VW heranrücken. Die Verhandlungen sollen bis Juni 2025 abgeschlossen sein.

Die drei wollen ihre Ressourcen bündeln, um besser gegen Tesla und chinesische Elektroautohersteller wie BYD bestehen zu können. Die Japaner sind in diesem Bereich ins Hintertreffen geraten.

Honda will zudem im großen Stil Aktien zurückkaufen. Über ein Volumen von bis zu 6,7 Milliarden Euro sollen nahezu ein Viertel aller Papiere aufgekauft werden, die nicht im eigenen Besitz sind.

"Honda und Nissan haben begonnen, eine geschäftliche Integration in Betracht zu ziehen, und werden die Schaffung erheblicher Synergien zwischen den beiden Unternehmen in einer Vielzahl von Bereichen prüfen", sagte Honda-Chef Makoto Uchida. Es sei signifikant, dass Nissan ebenfalls an diesen Gesprächen beteiligt sei.

Die Zusammenarbeit zwischen Honda und Nissan würde auf der strategischen Technologie- und Einkaufspartnerschaft aufbauen, die im Frühjahr bekanntgegeben wurde. So sollen Kosten weiter gesenkt werden, speziell die für Forschung und Entwicklung. Mitsubishi Motors hatte sich diesen Gesprächen im August angeschlossen.

Eine Zusammenlegung der jeweiligen Geschäfte würde jedoch auch zu komplexen Überschneidungen führen – bei Produktionsstätten, auf Schlüsselmärkten, im Management und bei den Produkten. Eine Überkreuzbeteiligung würde wiederum zu einem Wirrwarr mit den bestehenden Partnern Renault und Mitsubishi führen.

Nissan befindet sich in einer schwierigen finanziellen Lage. Der freie Cashflow ist rückläufig. Und im kommenden Geschäftsjahr (ab April) wird eine Anleiherückzahlung in Höhe von 570,55 Milliarden Yen (3,8 Milliarden Dollar) fällig.

Die Ratings der Unternehmensanleihen bewegen sich knapp über dem Ramsch-Niveau. Und der Aktienkurs ist in diesem Jahr um 35 Prozent auf den niedrigsten Stand seit 2020 gefallen. Der Absatz stagniert seit Jahren, im zurückliegenden Quartal fiel ein Nettoverlust an. Nissan baut deshalb 9000 Stellen ab und senkt die weltweiten Kapazitäten um 25 Prozent.

Aktivistische Investoren lauern bereits, und CEO Makoto Uchida macht sich Sorgen über unerwünschte Avancen. In Honda könnte Nissan einen freundlich gesinnten, stabilen Anteilseigner finden. Das würde dazu beitragen, das Vertrauen der Anleger wieder zu festigen. Der Aktienkurs zog nach Bekanntgabe der Pläne deutlich an.

Honda auf der anderen Seite hat sich traditionell von Kapitalverflechtungen ferngehalten. Aber die Zeiten ändern sich, und das erfordert neue Strategien. Jetzt braucht das Unternehmen Verbündete, um in einer sich radikal verändernden Branche zu bestehen, die durch neue Konkurrenten aus China und dem High-Tech-Sektor bedrängt wird.

Der größte Vorteil einer Zusammenlegung von Honda – Japans zweitgrößtem Autohersteller – und Nissan – der Nummer 3 – wäre die Größe des neuen Konzerns. Obwohl beide Unternehmen ihre Prognosen heruntergeschraubt haben, plant Nissan, in dem am 31. März endenden Geschäftsjahr 3,4 Millionen Fahrzeuge zu verkaufen; bei Honda sind es 3,8 Millionen.

Die Synergieeffekte würden sich auf diese kombinierten 7,2 Millionen weltweit jährlich verkauften Fahrzeuge verteilen. Rechnet man die erwarteten 895.000 Fahrzeuge von Mitsubishi hinzu, ergibt sich eine Gesamtzahl von mehr als 8 Millionen Neuwagen. Die Einbindung des entfernteren Allianzpartners Renault würde dem Vorhaben zusätzliches Gewicht verleihen.

Honda, Nissan und Mitsubishi haben bereits vereinbart, die Entwicklung von Automotive-Software und die Elektrifizierung gemeinsam voranzutreiben – einige der schwierigsten und teuersten Technologien, mit denen die Hersteller heute zu kämpfen haben. Die gemeinsame Nutzung von Einkauf, Plattformen und Antrieben könnte ein Segen sein.

Besonders Nissan könnte technologisch von Honda profitieren, das die Entwicklung der nächsten Generation von Hybrid- und Elektrofahrzeugen zügig vorantreibt. Der Einsatz kostspieliger Hybrid- und Elektro-Technologie in Nissans Fahrzeugen würde umgekehrt dazu beitragen, die Ausgaben von Honda im Rahmen zu halten.

Doch die Märkte, Produkte und Technologien von Honda und Nissan überschneiden sich erheblich. Eine Fusion würde wahrscheinlich bei dem einen oder dem anderen Unternehmen zu Einschnitten führen.

So sind beide Hersteller auf den US-Markt als Absatz- und Gewinntreiber angewiesen. Es bleibt abzuwarten, ob und wie sie ihre Produktpaletten dort anpassen würden. In China dagegen tun sich beide schwer. Dort würden sie eine Koalition der Schwachen bilden, deren langfristige Geschäftsaussichten ungewiss sind.

Denn beide Unternehmen sind Nachzügler bei Elektroautos, und ihre Strategien für die gesamte Produktpalette entsprechen einander. Mit Acura und Infiniti haben beide kleinvolumige Premium-Marken, die um globale Zugkraft kämpfen. In Japan konkurrieren Nissan und Honda zusätzlich im beliebten Kleinwagensegment.

Die Möglichkeit von Produktionskürzungen, Werksschließungen oder Arbeitsplatzverlusten auf dem Heimatmarkt ist den japanischen Behörden, die an der Erhaltung von Arbeitsplätzen interessiert sind, ein Dorn im Auge.

Wie die Partner in diesen Fragen entscheiden, hängt maßgeblich davon ab, wer in einer umfassenderen Zusammenarbeit das Sagen hätte. Vermutlich wäre das Honda, dessen Marktkapitalisierung etwa viermal so groß ist wie die von Nissan.

Ohne harte Entscheidungen in den wichtigsten strategischen Fragen könnte eine Mehrheitsbeteiligung aus Sicht von Honda Milliarden verschlingen, die in der eigenen Forschung und Entwicklung besser investiert wären.

Wie schwierig es sein kann, aus einer Allianz einen allseitigen Nutzen zu ziehen, hat Nissan in der Zusammenarbeit mit Renault und Mitsubishi erfahren. Die Ghosn-Affäre legte schließlich interne Spannungen offen, die jahrelang unter der Oberfläche gebrodelt und das gemeinsame Potenzial gehemmt hatten.

Hinzu kommen einige andere Player, die die geplante Fusion mit Interesse beobachten dürften. Honda unterhält seit Langem eine Technologie-Partnerschaft mit General Motors. Der japanische Hersteller hat Erfahrung in der Entwicklung von Wasserstoff-Brennstoffzellen, und das gemeinsame Ziel war, erschwingliche Elektroautos der nächsten Generation zu entwickeln.

Aber der Plan ging nicht auf, also ließen Honda und GM ihr E-Auto-Projekt schließlich fallen. Unabhängig davon hat Honda ein Joint Venture mit Sony gegründet, um Elektrofahrzeuge zu entwickeln und zu verkaufen. Wie dieses Unternehmen – Sony Honda Mobility – in das nun entstehende Firmen-Puzzle passt, ist offen.