So schnell entwickelt sich die E-Mobilität in den wichtigsten Märkten

Der Bonus-Stopp für Elektroautos in Deutschland im Dezember zeigt seine Wirkung. Die Neuzulassungen der E-Autos sind in den ersten vier Monaten 2024 stark eingebrochen. Insgesamt gab es ein Minus von mehr als zehn Prozent, wie eine exklusive Dataforce-Analyse für die Automobilwoche zeigt. Und das, obwohl der Gesamtmarkt um acht Prozent wuchs.

Insgesamt herrscht hierzulande Skepsis gegenüber batteriebetriebenen Fahrzeugen. Fast alle Hersteller sagen unisono: Der Hochlauf der E-Mobilität läuft langsamer als noch vor einiger Zeit gedacht.

Nur: Wie wie ist die Nachfrage nach E-Autos wirklich? Gilt der Trend, der in Deutschland zu beobachten ist, auch für andere Länder? Wir haben uns dafür die Daten der wichtigsten Automärkte weltweit angeschaut. 

Der Blick auf die europäischen Neuzulassungszahlen zeigt: Einen ähnlichen Absturz wie in Deutschland gab es nur in Italien. Dort wuchst der Automarkt in den ersten vier Monaten um 6,4 Prozent, während die Neuzulassungen für E-Autos im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 18,2 Prozent zurückgingen

Im E-Auto-Musterland Norwegen schrumpften die Zulassungen für batteriebetriebene Fahrzeuge zwar ebenfalls zwischen Januar und April – jedoch weniger stark als der Gesamtmarkt. Somit erhöhten die E-Autos in dem skandinavischen Land sogar ihren Marktanteil bei den Neuzulassungen (siehe zweite Grafik).

Schaut man auf den Rest Europas, so fällt auf: In allen anderen untersuchten Märkten legten E-Autos zu. In Frankreich, Großbritannien, Tschechien und den Niederlanden wuchs der Markt für Elektroautos teils signifikant stärker als der Gesamtmarkt.

Rund 28 Prozent mehr Elektroautos wurden in Frankreich zugelassen, bei einem Gesamtmarkt-Plus von sieben Prozent. In den Niederlanden waren es 17 Prozent (Gesamtmarkt: zwei Prozent).

Schaut man auf den Marktanteil der Elektroautos an den Neuzulassungen, fällt auf: Die bereits stark elektrifizierten Märkte Niederlande und Norwegen legen weiter zu. In den Niederlanden stieg der Marktanteil der Stromer von rund 26 auf 30 Prozent. Auch in Norwegen ging es noch weiter hoch: von etwa 84 auf 90 Prozent. Frankreich kam ebenfalls auf ein Plus: Es ging von 15 hoch auf 18 Prozent.

Kaum oder wenig Veränderung gab es dagegen in Spanien (4,8 zu 4,7 Prozent), auch in Großbritannien (15,4 zu 15,8 Prozent). Deutlich ins Minus ging es in Deutschland, von 14 auf zwölf Prozent. Allerdings zeigt sich selbst in Deutschland eine Bodenbildung. Seit März, so zeigen es Zahlen des  Kraftfahrtbundesamtes, bleibt der Marktanteil der E-Autos konstant und steigt sogar leicht.  

Für vier Märkte in Europa lässt sich sagen: Die Elektromobilität ist dort bislang überhaupt nicht angekommen. So liegt der Marktanteil der Elektroautos nicht nur in Polen und Tschechien im niedrigen einstelligen Bereich. Auch in Italien und Spanien spielen reine Elektroautos so gut wie keine Rolle.

Auf lediglich 2,8 Prozent Anteil kommen sie in Italien, in Spanien sind es mit 4,7 Prozent kaum mehr. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich diese Märkte außerdem praktisch nicht weiter elektrifiziert: Der Anteil lag 2023 entweder auf ähnlichem oder sogar etwas höherem Niveau.

Das ist umso interessanter, als dass auch diese vier Länder den Kauf von Elektroautos fördern. Mit direkten Boni, teilweise aber auch durch indirekte Maßnahmen wie Steuererleichterungen. Damit zeigen die Daten, dass ein staatlicher Bonus den Anteil der Elektroautos nicht zwangsweise fördern. Vielleicht auch, weil das öffentliche Ladenetz vor allem in Polen, Spanien und Tschechien noch mehr als lückenhaft ist.

Auch außerhalb Europas ist die Entwicklung der E-Mobilität uneinheitlich. Eine Verlangsamung wie in manchen europäischen Ländern ist in den USA zu beobachten, wo die Daten allerdings nur bis März des Jahres vorliegen. Nach Angaben des Kfz-Dienstleisters Cox Automotive wurden von Januar bis März 268.909 batterieelektrische Fahrzeuge zugelassen, ein Plus gegenüber dem Vorjahresquartal von nur noch 2,6 Prozent.

Der Anteil am Gesamtabsatz lag bei 7,3 Prozent. 2023 betrug der Zuwachs noch 46,4 Prozent, 2022 waren es 81,2 Prozent. Vergleicht man die ersten drei Monate 2024 mit dem letzten Quartal 2023, ergibt sich sogar ein Rückgang um 15,2 Prozent.

"Dies ist der erste Rückgang im Vierteljahresvergleich seit 2020", so Stephanie Valdez Streaty, Industrieanalystin bei Cox Automotive. Für das Jahr 2024 insgesamt bleibt sie aber optimistisch. "Mehr neue Produkte, mehr staatliche Anreize, mehr Leasing-Möglichkeiten und mehr Infrastruktur werden die Verkäufe nach oben treiben."

Trotzdem werde man im Verlauf des Elektro-Hochlaufs immer wieder unterschiedliche Geschwindigkeiten erleben. Zudem ist auch in den USA zu beobachten, dass Plug-In-Hybride noch länger eine Rolle in der Transformation spielen.

Zugpferd der Elektromobilität bleibt nach wie vor China. Nach den  Dataforce-Zahlen wurden in den ersten vier Monaten des Jahres rund 1,71 Millionen Fahrzeuge mit Batterie verkauft. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum bedeutet dies eine Zunahme um rund 32 Prozent.

Damit wird bereits mehr als jedes vierte Fahrzeug in China mit einer Batterie angetrieben. Von 22 auf 26 Prozent stieg der Elektro-Marktanteil laut Dataforce. Das bedeutet im Vergleich der großen Märkte die Spitzenposition. Noch stärker sind die Wachstumszahlen allerdings bei den Plug-In-Hybriden, die dank hoher Reichweiten auch in China eine Renaissance erleben.

Das Center of Automotive Management rechnet für das Gesamtjahr 2024 mit einer nur mäßigen Zunahme der weltweiten BEV-Zulassungen auf rund 10 Millionen Einheiten, davon sechs Millionen in China, 2,3 Millionen in Europa und 1,3 Millionen in den USA.

Studienleiter Stefan Bratzel sieht einen Mangel an preislich attraktive Modellen, die auch "schwierige Käuferschichten ohne Early-Adopter-Haltung überzeugen". Diese stammten allerdings immer häufiger aus chinesischen Werken. "Das sollte der hiesigen Industrie zu denken geben", sagt Bratzel.

Die E-Auto-Neuzulassungen in Deutschland sinken in absoluten Zahlen drastisch. Daraus einen Abgesang auf die globale E-Mobilität anzustimmen, führt jedoch in die Irre. Zumal der Anteil an den Neuzulassungen auch hierzulande mittlerweile wieder stabil ist.

Andere Länder zeigen, wohin der Pfad der E-Mobilität mittelfristig wohl führen wird: Dies sind vor allem China, die Niederlande oder Norwegen mit ihren hochelektrifizierten Neuwagenmärkten.

Länder wie Italien, Polen, Spanien oder Tschechien hingegen haben deutlichen Aufholbedarf, was die E-Mobilität angeht. Dort liegt die Anteil jeweils bei nicht einmal fünf Prozent. Was ebenfalls bedeutet: Mit rund zwölf Prozent Marktanteil ist Deutschland im guten Mittelfeld.