Audi hat in China an Boden verloren. Auch, weil die Kundschaft viel jünger ist als anderswo. Ein radikaler Kurswechsel soll die Wende bringen. Doch das wird nicht einfach.
Audi auf der Auto China 2024: Johannes Roscheck, Präsident Audi China, Audi-CEO Gernot Döllner, VW-CEO Oliver Blume und Ralf Brandstätter, CEO VW Group China.
China war in den vergangenen 35 Jahren das Sehnsuchtsziel der deutschen Autobauer – ganz besonders galt dies für Audi. Die Ingolstädter gründeten bereits 1988 mit dem chinesischen Hersteller FAW ein Joint Venture.
Damals entstand das erste Automobilwerk eines ausländischen Autobauers in China. Kunden waren vor allem hohe Staatsbedienstete – also meist ältere Männer, die zuverlässig wieder und wieder einen neuen Audi orderten.
Dieses Geschäft lief jahrzehntelang blendend. China ist gewissermaßen bis heute der zweite Heimatmarkt von Audi. Noch 2023 verkaufte die Marke dort mehr als dreimal so viele Fahrzeuge wie in Deutschland: 729.042 Autos orderten die Kunden in China, nur 215.000 in Deutschland. China ist mit einem Anteil von gut 38 Prozent des Gesamtabsatzes der größte Einzelmarkt.
Doch diese enorme Bedeutung wird für Audi nun zur Gefahr. Mit dem Hochlauf der Elektromobilität hat sich der chinesische Automarkt vollständig gedreht. In China sind die Mehrheit aller Neufahrzeuge nun sogenannte New Energy Vehicles (NEV) mit alternativen Antrieben. Mehr als zehn Millionen Einheiten wurden bislang schon in diesem Jahr verkauft. Audi hat in diesem Segment aber nur wenige Angebote und muss rasch technologisch aufrüsten.
Audi in China: Junge Kundschaft in den Showrooms dringend gesucht.
Die Kundschaft hat sich stark gewandelt. An die Stelle der Funktionäre sind junge, urbane Besserverdiener getreten, denen die neuesten technologischen Möglichkeiten besonders wichtig sind. Ohne Rundum-Konnektivität haben Neuwagen in China keine Chance mehr.
Über diese Kunden sagte jüngst der Audi-Projektleiter Fermín Soneira in Schanghai: „Die Kunden hier sind viel jünger als im Rest der Welt. Im Durchschnitt sind sie 30 bis 35 Jahre alt im Premiumsegment, während es im Rest der Welt 55 sind.“
Audi-Chef Gernot Döllner will das angestaubte Image der Marke in China schnellstmöglich beseitigen. Einen wichtigen Schritt dazu unternahm er mit der Gründung der Submarke AUDI, die mit dem neuen Kooperationspartner SAIC entwickelt wurde. Fahrzeuge der Marke werden vorerst nur in China gebaut und angeboten und sollen die VW-Tochter wieder bei der Tech-affinen Großstadt-Kundschaft beliebt machen.
„Unser Ziel ist es, auch künftig eine führende Rolle im Premiummarkt in China zu spielen“, betont Döllner. „Gemeinsam mit unseren beiden Partnern erweitern wir dafür mit einer großen Modellinitiative unser Produktportfolio. Mit FAW bringen wir unser globales Portfolio mit spezifischen Anpassungen nach China. Gleichzeitig entwickeln wir mit SAIC völlig neue, China-spezifische Modelle“, umreißt er die neue Strategie.
Konkret übernimmt das Joint Venture Audi FAW NEV Company die Rolle des Elektrifizierungs-Treibers. Im Werk des Joint Ventures in Changchun werden bald nur noch Elektroautos gebaut. Es ist das erste Gemeinschaftsunternehmen in China mit einer Mehrheitsbeteiligung von Audi.
AUDI E concept. MIt der Studie gibt die neue Submarke einen Ausblick auf künftige Serienmodelle.
Auf der Messe Auto Guang-zhou präsentierte die neue Submarke AUDI jüngst ihren ersten Entwurf: den AUDI E concept. Furore machte das Modell vor allem durch die Ankündigung, dass die Submarke künftig auf die Audi--Ringe verzichtet. Diese bleiben der Hauptmarke vorbehalten.
Von großer Bedeutung ist der Faktor Zeit. Mitte 2025 will AUDI bereits das erste von drei geplanten Serienmodellen vorstellen. Alle drei ohne Ringe. Sie werden auf der „Advanced Digitized Platform“ stehen und zunächst in den volumenträchtigen Segmenten B und C angesiedelt sein. Zentrale Aufgabe: den Anspruch Audis als Hightech--Marke wieder glaubhaft untermauern.
„Die kommenden Modelle richten sich an ein wachsendes und zugleich anspruchsvolles neues Kundensegment“, kündigte Markenchef Döllner an. Auch hier gilt: je schneller, desto besser. Döllner hofft, dass die Zusammenarbeit mit SAIC die Entwicklungszeit bis zur Markteinführung der neuen Modelle um bis zu 30 Prozent verkürzen kann.
