Experten: Ära der humanoiden Roboter in der Produktion beginnt 2025

Fachkräftemangel und stagnierende Produktivität gefährden die Wettbewerbsfähigkeit vieler Automobilunternehmen. Entlastung bringen könnten humanoide Roboter, die künftig in großer Stückzahl in den Fabriken eingesetzt werden.

Die vollmundigsten Ankündigungen kommen von Tesla-Chef Elon Musk, der mit dem Optimus seinen eigenen Roboter entwickelt hat. Noch in diesem Jahr sollen mehrere Tausend Einheiten produziert werden, 2026 schon 100.000 und 2027 dann 500.000 Einheiten. Musk spricht in einem Interview von Dimensionen „wie römische Legionen“. 

Alle Zeit- und Mengenangaben des Tesla-Chefs sind allerdings mit großer Vorsicht zu genießen, wie die Vergangenheit gezeigt hat. Bisher sind nicht mehr als ein paar Videos zu sehen, deren Echtheit sich schwer überprüfen lässt. In einem Fall etwa greift der Optimus der zweiten Generation nach einem Ei und macht Kniebeugen, um die Fortschritte in der natürlichen Bewegung zu demonstrieren.

Ein erster Testeinsatz der Roboter soll noch in diesem Jahr erfolgen. Auch hier wurde der Zeitplan bereits verschoben. Optimus könnte in der Produktion von Tesla Batteriezellen sortieren oder andere einfache Aufgaben übernehmen. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz sollen seine Fähigkeiten weiterentwickelt werden, damit der humanoide Roboter komplexere Tätigkeiten ausführen kann.

Dies dürfte allerdings noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Experten wie Simon Schmidt vom Fraunhofer IPA in Stuttgart sehen zudem noch Herausforderungen bei der Sicherheit, wenn Roboter mit Menschen interagieren.

Außerdem ist umstritten, wann der Einsatz eines Roboters auch finanziell Sinn macht. So gilt laut Schmidt als Voraussetzung, dass die Humanoiden weniger als 100.000 Euro kosten und auch wirklich Personal ersetzen, also nicht zusätzlich in den Fabriken eingesetzt werden.

Dass die Ära der humanoiden Roboter begonnen hat, zeigen auch die Experimente anderer Hersteller. Mercedes setzt dabei auf den 1,70 m großen und 75 kg schweren Zweibeiner „Apollo“ vom US-Hersteller Apptronik. Er wird derzeit versuchsweise in der Produktion im ungarischen Kecskemét eingesetzt für einfache Aufgaben in der Logistik wie das Sortieren von Kisten. 

Perspektivisch könne ein humanoider Roboter überall dort einspringen, wo die Personalfluktuation hoch sei. „Zudem kann der Roboter schwierige ergonomische Aufgaben übernehmen und die Qualität verbessern“, sagte Produktionschef Jörg Burzer auf dem Automobilwoche Kongress. Apollo ist in der Lage, Lasten von etwa 25 kg zu tragen. Ein spezieller Mechanismus zur Kraftkontrolle soll das sichere Arbeiten mit Menschen ermöglichen.

Auch BMW testet bereits ausgiebig humanoide Roboter im US-Werk in Spartanburg uns setzt dabei auf den Figure 02 des kalifornischen Unternehmens Figure. „Wir wollen diese Technologie von der Entwicklung bis zur Industrialisierung begleiten“, sagt Mercedes-Produktionsvorstand Milan Nedeljković. 

Über mehrere Wochen legte Figure 02 Blechteile in spezielle Vorrichtungen ein, die im weiteren Verlauf des Prozesses als Teil der Karosserie zusammengefügt werden.

Im Vergleich zu seinem Vorgänger bietet der neue Roboter eine dreifache Steigerung der Rechenleistung sowie verbesserte Sprachkommunikation. Er verfügt über Kameras, Mikrofone und Sensoren und ist mit einem leistungsstärkeren Akku ausgestattet.

„Die Hände der vierten Generation haben die Größe durchschnittlicher Menschenhände und bieten 16 aktive Freiheitsgrade pro Hand, wobei sie der Kraft eines Menschen erstaunlich nah kommen“, heißt es in der Beschreibung.

Von einem massenhaften Einsatz, wie er Tesla-Chef Elon Musk vorschwebt, sind deutsche und auch andere Hersteller aber noch weit entfernt: So heißt es etwa bei BMW: „Nach dem ersten Einsatz in der Automobilproduktion arbeiten die Experten von Figure und der BMW Group daran, diese Erkenntnisse für künftige Produktionseinsätze aufzubereiten und die Roboter weiterzuentwickeln“.

Die Managementberatung Horváth geht in einer aktuellen Studie davon aus, dass der Reifegrad humanoider Roboter bis 2030 so weit fortgeschritten sein wird, dass sie in ihrer Bewegungsgeschwindigkeit, Flexibilität und Feinmotorik menschliche Fähigkeiten übertreffen. Aktuell sind die Anschaffungskosten für menschenähnliche Roboter noch höher als für andere Industrieroboter. 

Horváth rechnet zur Markteinführung mit einem Preis von durchschnittlich 80.000 Euro. Hinzu kommen etwa 4.000 Euro Wartungs- und Instandhaltungskosten pro Jahr. Durch die Serienproduktion soll der durchschnittliche Beschaffungspreis bis 2030 jedoch auf 48.000 Euro sinken.

Studienleiter und Automations-Experte Tobias Bock: „Mittelfristig verfügbare humanoide Roboter haben das Potenzial, mehr als 50 Prozent der manuellen Tätigkeiten im Produktionsumfeld zu übernehmen."