BMW-Entwicklungschef Frank Weber: "V8-Motoren werden bleiben"

Herr Weber, hat BMW die Höhen und Tiefen auf dem Weg zur Elektrifizierung dank der Flexibilität seiner Architekturen besser gemeistert als andere?

Das Rückgrat unserer Flexibilität ist, dass wir Architekturen haben, die alle Antriebsstränge abbilden können. Nehmen Sie den X1 oder den 5er als Beispiel: Egal, ob es sich um einen Verbrennungsmotor, einen Plug-in-Hybriden oder ein batterieelektrisches Fahrzeug handelt – alle basieren auf derselben Architektur.

Da in der Branche viel über sogenannte Plattformen diskutiert wird, lassen Sie uns über unseren Ansatz sprechen. Wichtiger als die Diskussion über Plattformen ist, dass wir Antriebsstrangkomponenten oder Komponenten im Allgemeinen in allen Fahrzeugen verwenden können, unabhängig von der Architektur.

Dies ist von entscheidender Bedeutung, denn so erreichen wir Skaleneffekte. Der iX hat zum Beispiel die gleichen elektrischen Antriebskomponenten wie der i4. Der i4 basiert auf einer flexiblen Architektur, während der iX auf einer eigens entwickelten Plattform steht. Skalierung ist bei BMW sehr wichtig, weil wir kleinere Stückzahlen haben als andere OEMs. Wir müssen sicherstellen, dass eine einzige Technologiebasis für das gesamte Portfolio genutzt werden kann.

Vor Jahresende wird BMW eine neue Architektur einführen: die Neue Klasse. Warum wird sie nur für batterieelektrische Fahrzeuge verwendet?

Bei der Neuen Klasse handelt es sich zunächst um eine neue Architektur für BEVs. Dies ist aber nicht der springende Punkt. Die Neue Klasse führt eine ganze Reihe neuer Komponenten ein, die in Zukunft mit verschiedenen Antriebssträngen – auch mit Wasserstoff – im gesamten Portfolio eingesetzt werden können.

Dies wird zu hohen Stückzahlen für diese Komponenten führen, was für uns entscheidend ist, um Skaleneffekte zu erzielen. Ein Beispiel, das wir auf der diesjährigen CES in Las Vegas gezeigt haben, ist das Panoramic iDrive, unser neues Anzeige- und Bediensystem.

Wir haben es nicht nur für die Modelle der Neuen Klasse entwickelt, sondern werden es im gesamten künftigen Portfolio ausrollen. Das Gleiche gilt für die Designsprache der Neuen Klasse und die E/E-Architektur, die wir in einer Vielzahl von Modellen anbieten werden, unabhängig von der Antriebsart.

BMW plant, zunächst sechs Modelle der Neuen Klasse auf den Markt zu bringen. Wie lange wird das dauern?

Weniger als zwei Jahre.

Mit der Neuen Klasse wird BMW drei Architekturen haben, denn sie kommt zu UKL, die für front- und allradgetriebene Kompaktmodelle mit Quermotoren steht, und CLAR, die für heck- und allradgetriebene größere Modelle mit Längsmotoren steht hinzu, richtig?

Ja, das ist mehr oder weniger richtig. Wichtig ist, dass alle unsere Architekturen miteinander verbunden sind, weil sie einen identischen Komponentensatz verwenden. Das ist nicht nur für die Skalierung entscheidend, sondern auch für die Wahrnehmung seitens unserer Kunden.

Egal, ob sich jemand für ein Plug-in-Hybrid oder einen Verbrenner entscheidet – unsere Kunden bekommen immer die neueste Technologie und nicht die einer früheren Generation.

BMW-Chef Oliver Zipse sagte auf dem Pariser Autosalon 2024, dass BMW das diesjährige strengere EU-CO2-Ziel erreichen werde, ohne sich mit Wettbewerbern zusammenzuschließen. Wie hoch muss der Elektro- und Plug-in-Anteil sein, um die Vorgaben zu erfüllen?

Ich kann mich zwar nicht zu den Verkaufserwartungen äußern, aber ich kann eine gewisse Perspektive darlegen. Letztes Jahr haben wir den weltweiten BEV-Absatz um knapp 14 Prozent gesteigert.

Damit macht er mehr als 17 Prozent unseres Gesamtvolumens aus. Wenn man PHEVs und BEVs in Europa zusammenzählt, beträgt der Anteil 36 Prozent. Und da wir auch die CO2-Emissionen in der gesamten Flotte, einschließlich der Verbrennungsmotoren, reduzieren, sind wir auf einem guten Weg, die EU-CO2-Ziele für 2025 zu erfüllen.

Vergangenes Jahr war der weltweite E-Auto-Absatz von BMW höher als der von Mercedes-Benz und Audi zusammen. Warum?

Weil unsere Kunden die gleiche BMW Philosophie bekommen, egal ob sie ein BEV oder ein Verbrenner-Modell fahren. Unsere Händler und Kunden spiegeln uns zurück, dass sie es sehr schätzen, dass sich die BEVs eben nicht durch ein völlig anderes Design oder andere Aspekte unterscheiden. Sie haben all die Qualitäten, die Kunden von einem BMW erwarten.

Darüber hinaus berichten uns die Händler, dass fast jeder, der in ihr Autohaus kommt, fragt: „Was ist der richtige Antrieb für mich?“ Sie fragen: „Kann ich weiterhin einen Diesel kaufen?“ „Ist ein Plug-in-Hybrid die beste Lösung für mich, weil ich gerne elektrisch fahre, aber nicht gleich komplett umsteigen will?“

Oder sie sagen: „Ich bin bereit für ein batterieelektrisches Fahrzeug.“ Was die Menschen in unsere Showrooms zieht, ist, dass sie die Wahl haben zwischen verschiedenen Antriebslösungen in dem von ihnen gewünschten Modell.

Welche Lektion hat BMW von seinen derzeitigen E-Auto-Kunden gelernt?

Dass sie mit einer realen Reichweite zwischen 400 und 500 km zufrieden sind. Mit dieser Reichweite laden sie unterwegs nur selten auf. Mit den Modellen der Neuen Klasse werden die realen Reichweiten im Vergleich zu heute um etwa 30 Prozent steigen. Damit werden wir Reichweiten erreichen, die deutlich über den heutigen Erwartungen liegen.

Aus den uns vorliegenden Daten geht auch hervor, dass nur sehr wenige Menschen mit einem BEV Strecken von mehreren hundert Kilometern am Stück zurücklegen. Dennoch bleibt die Ladeninfrastruktur das Thema Nummer eins.

Mit unserer BMW Ladekarte haben unsere Kunden Zugang zu mehr als 670.000 Ladepunkten in Europa. Mit der My BMW App können sie ihre Reise und die erforderlichen Ladevorgänge ganz einfach planen. Wir werden diese Dienste weiter verbessern. Klar ist aber auch, dass sich die Infrastruktur weiter verbessern muss.

Sind große Akkus das beste Mittel gegen Reichweitenangst?

Nein, man kann Batterien nicht immer größer auslegen, denn dann machen batterieelektrische Fahrzeuge irgendwann keinen Sinn mehr. Es wird viel darüber geredet, BEVs mit einer Reichweite von weit mehr als 1.000 km zu bauen, aber warum sollte man das tun?

Die CO2-Bilanz des Fahrzeugs würde sich unnötig verschlechtern. Die Verbesserung der Effizienz ist viel wichtiger als immer größere Batterien. Und genau das tun wir mit der Neuen Klasse, die je nach Modell einen Effizienzsprung von bis zu 20 Prozent macht. 

Schnelles Laden kann dazu führen, dass die Batterie schneller entladen wird. Wie geht BMW mit diesem Problem um?

Es stimmt, dass man den Batterien nichts Gutes tut, wenn man hauptsächlich an HPC-Ladesäulen lädt. Aber das ist nicht die Art und Weise, wie batterieelektrische Fahrzeuge normalerweise genutzt werden.

HPC-Laden ist hauptsächlich bei sehr langen Fahrten nötig, was jedoch nicht dem Nutzungsprofil der meisten Kunden entspricht. So gesehen hat HPC-Laden einen vernachlässigbaren Einfluss auf die Lebensdauer der Batteriezellen eines Fahrzeugs.

Erwartet BMW nach den ersten Wochen der Trump-Administration, dass die Verbreitung von E-Autos in den USA zurückgehen wird?

Ich werde mich nicht zur US-Politik oder zu Präsident Trump äußern. Es gibt einige Faktoren, die für ein kontinuierliches Wachstum von batterieelektrischen Fahrzeugen auch in den USA sprechen.

Die "Power of Choice" von BMW umfasst immer noch Dieselfahrzeuge. Wie hoch ist der Anteil bei den Fahrzeuglinien, die diesen noch anbieten?

Der Diesel ist ein interessantes Thema, weil er sehr segment- und länderspezifisch relevant ist. Zum Beispiel sind etwa 80 Prozent des X5 Absatzes in einigen europäischen Märkten Dieselfahrzeuge, weltweit hingegen ist der X5 nach dem X1 die Nummer zwei unserer meistverkauften Plug-in-Hybriden.

Insgesamt ist der Dieselanteil heute zwar viel geringer als in der Vergangenheit, aber für viele europäische Länder ist der Selbstzünder nach wie vor eine wichtige Motorisierung. Deshalb werden wir auch weiterhin Dieselmotoren anbieten..

Die Marke BMW hat das Angebot an Modellen mit V12-Motoren eingestellt. Wird der V8 der nächste Motor sein, der durch Reihensechszylinder mit verschiedenen Elektrifizierungsgraden ersetzt wird?

V8-Motoren werden bleiben. Es gibt Märkte wie die USA und den Nahen Osten, in denen man V8-Motoren nicht durch 6-Zylinder-Hybride ersetzen kann.

Hier geht es nicht um Leistung. In Bezug auf die Beschleunigung sind sie zwar vergleichbar, aber die Kunden schätzen die Laufruhe, den Klang und das Gefühl eines V8. Wir werden weiterhin V8-Motoren anbieten.

Steht die Branche bei all den derzeitigen Investitionen vor einem Durchbruch in der Batterietechnologie?

Es ist keine Batterietechnologie absehbar, die die Batteriekosten in den nächsten zehn Jahren fundamental verändern wird. Wir haben bereits über die elektrische Reichweite gesprochen, die die Kunden benötigen.

Das bedeutet, dass die Größe der Batterien in BEVs nicht grundlegend kleiner werden wird. Vergessen Sie auch nicht, dass ein Problem bei BEVs heute darin besteht, dass die Rohstoffe, die Sie für die Batterien benötigen, von außerhalb Europas stammen.

Was ist mit Festkörperbatterien?

Sie werden kommen, aber sie sind noch mindestens eine Fahrzeuggeneration entfernt. Es wird wahrscheinlich noch zehn Jahre dauern, bis echte Solid-State-Batterien in nennenswerten Mengen zur Verfügung stehen.

Ein wichtiger Grund dafür ist, dass die Zellhersteller in die derzeitige Technologie investiert haben, so dass ein kompletter Wechsel nicht über Nacht zu erwarten ist.

Sind Brennstoffzellen immer noch unerschwinglich?

Nein, die Kosten sind nicht unerschwinglich. Was fehlt, ist die Infrastruktur. Trotzdem setzen wir langfristig auf Wasserstoff als zusätzliche Technologie.

Denn auch Brennstoffzellenfahrzeuge sind vollelektrisch, aber eben mit Batterien, die nur etwa ein Zehntel so groß sind wie die in einem BEV.

Dieser Artikel ist zuerst bei der Automobilwoche-Schwester Automotive News Europe erschienen. Er wurde von KI übersetzt und von einem Redakteur der Automobilwoche bearbeitet.