Nicht profitabel: Diese Stellantis-Marken stehen auf dem Prüfstand

Stellantis hat nach einer langen Phase mit Rekordergebnissen im ersten Halbjahr einen Tiefschlag erlebt. Absatz, Marge und Marktanteile gingen  erheblich zurück (die Automobilwoche berichtete). Das veranlasst Konzernchef Carlos Tavares nun zu Gedankenspielen, mit wenig profitablen oder gar defizitären Marken in dem 14-Marken-Imperium Schluss zu machen.

"Wenn sie kein Geld einbringen, werden wir sie schließen. Wir können es uns nicht leisten, Marken zu haben, die kein Geld einbringen“, sagte Tavares in der vergangenen Woche bei einer eineinhalbstündigen Telefonkonferenz mit Analysten.

Namen nannte der erfolgsverwöhnte Topmanager nicht, und zur Profitabilität einzelner Marken äußert sich Stellantis grundsätzlich nicht. Eine Ausnahme davon ist allerdings Maserati. Die italienische Luxusmarke verbuchte im ersten Halbjahr 2024 erneut einen operativen Verlust, diesmal in Höhe von 82 Millionen Euro. In sechs Monaten konnten sich weltweit nur noch 6500 Kunden für einen Maserati erwärmen.

Tavares betonte, es gebe "absolut kein Tabu" in Fragen der Markenvielfalt von Stellantis. "Wenn sie es nicht schaffen, angemessene Werte zu verdienen, dann werden Entscheidungen getroffen."

Mehrere Analysten und Branchenkenner rechnen jetzt damit, dass der Druck auf Maserati, die ehemalige Citroen-Abspaltung DS und auch auf Chrysler und Alfa Romeo steigt, endlich solche Gewinnmargen abzuliefern, die dem Anspruch von Tavares gerecht werden, zu den profitabelsten Autobauern der Welt zu gehören.

Weniger drückend, aber immer noch sehr herausfordernd ist der Profitabilitätsdruck gegenüber Fiat und der US-Marke Dodge. Beide haben erst mit ihrer Transformation zu Elektro-Marken angefangen und müssen noch beweisen, dass sie sich nicht von den hochprofitablen Marken im Konzern abhängen lassen.

Zu den "Unantastbaren" im Konzern dürfte neben Peugeot, Citroen und Jeep auch Opel gehören. Das 2017 vom damaligen PSA-Gruppe übernommene deutsche Autobauer ist nach den Worten von Tavares selbst "sehr profitabel."  

Bei der Vorstellung der Halbjahreszahlen kam Tavares auch auf das kürzlich gefeierte 125-jährige Jubiläum der Rüsselsheimer zu sprechen. "Opel ist hochgradig profitabel", sagte er und fügte hinzu: "Opel entwickelt sich gut."
 

Zur britischen Schwestermarke Vauxhall, die auf Opel-Modellen basiert, äußerte sich Tavares nicht. Allerdings bekräftigte der Stellantis-Chef seine Unzufriedenheit mit dem "Zero-Emission-Mandate" in Großbritannien. Die britische Regierung erlegt allen Herstellern hohe Strafzahlungen auf, die von diesem Jahr an nicht stetig steigende Zulassungszahlen bei den reinen E-Autos vorweisen können.

Dazu sagte Tavares: "Diese Politik führt zu Fragen nach unserem industriellen Footprint in Großbritannien. Bislang haben wir von der (neuen) Regierung dazu nicht die Antworten erhalten, die wir benötigen."

Jüngst hatte auch Stellantis operativer Europachef Uwe Hochgeschurtz im Interview mit der Automobilwoche erklärt, dass sich die Lage in dem Land grundlegend ändern müsse, sonst könne dies zur Abwanderung der Stellantis-Fertigung führen.

Die Bemerkung von Tavares zur schwachen Profitabilität einiger Marken könnte somit zu einem Schlussstrich für die eine oder andere Marke führen und zur stärkeren Fokussierung. Dies würde die Differenzierbarkeit der überlebenden Marken steigern und die Komplexität in der gesamten Gruppe verringern.

Auch der vom Konzern immer wieder bestrittene Wettbewerb unter vergleichbaren Marken würde damit verringert. Nicht zuletzt müssten dann Marketingbudgets weniger stark verteilt werden auf viele Marken.

Durch die Übernahme von FCA ist der Konzern zwar erst erstanden, doch neben der Ertragsperle Jeep befinden sich auch angestaubte Marken im Portfolio, die bislang stets unter den ursprünglichen Wachstumserwartungen geblieben sind. Dazu zählen vor allem Maserati und DS.

Hinzu kommt die Möglichkeit von Stellantis, sich von nicht mehr aktiven Marken zu trennen. Dazu zählen etwa die italienischen Marken Autobianchi und Innocenti. Die italienische Regierung will Stellantis dazu bringen, diese Marken an chinesische Hersteller zu verkaufen, die dann in Italien für eine Renaissance der italienischen Automobilindustrie sorgen sollen.