Nissan: "Wir haben zwölf Monate Zeit, um zu überleben"

Nissan hat jüngst desaströse Quartalszahlen vorgelegt und steckt nun auch in einem finanziellen Engpass. Weil der bisherige Allianzpartner Renault seine Beteiligung reduziert hat, sucht CEO Makoto Uchida händeringend nach einem neuen starken Partner an der Seite des Autobauers.

Nach übereinstimmenden Berichten der Financial Times und der Nachrichtenagentur Bloomberg soll ein strategischer Investor gefunden werden. Dies könnte ein Fonds, eine Bank oder auch eine Versicherungsgruppe sein. Aber auch ein Einstieg des Erzrivalen Honda wird diskutiert.

Viel Zeit für eine Neuaufstellung bleibt Nissan offenbar nicht. Die Financial Times zitiert einen ranghohen Nissan-Manager mit den Worten: "Wir haben 12 oder 14 Monate Zeit, um zu überleben."

Anfang November stieg der in Asien gefürchtete Fonds Effissimo Capital Management bei Nissan ein, nachdem der Autobauer desaströse Quartalsergebnisse vorgelegt und seine Prognose für das gesamte Wirtschaftsjahr drastisch nach unten korrigiert hatte.

Die Börse reagierte positiv auf den Einstieg von Effissimo. Der Fonds ist in Singapur ansässig und hat schon vielfach angeschlagene Unternehmen wie Toshiba und Nintendo zu drastischen Restrukturierungen veranlasst.

Das Kernproblem von Nissan ist ein stellenweise überaltertes Produktportfolio, hohe Rabatte in vielen Märkten und fehlende Hybrid-Fahrzeuge auf dem wichtigsten Einzelmarkt USA.

In China war Nissan vor einigen Jahren noch die Nummer zwei nach Volkswagen, doch diese Position ist hoffnungslos verloren. Per Ende September lagen die Verkäufe in China um 14 Prozent unter denen des Vorjahres.

CEO Makoto Uchida hatte in seinem noch gültigen Mittelfrist-Plan das Ziel ausgegeben, bis 2030 insgesamt 27 neue elektrifizierte Modelle auf den Markt zu bringen. Dafür benötigt das Unternehmen allerdings milliardenschwere Entwicklungsbudgets.

Eininge Analysten wie Amir Anvarzadeh von Asymmetric Advisors unken bereits, dass Nissan dem Untergang geweiht sei. "Es könnte tatsächlich alles vorbei sein", erklärte er vor wenigen Tagen. Ed bedürfe eines "Wunders," um Nissan noch so umfassend zu restrukturieren, dass der Autobauer zukunftsfähig aufgestellt sei.

Uchida hat auf die Herausforderungen bislang mit harten Sparmaßnahmen reagiert. Er kündigte unter anderem die Streichung von 9000 Arbeitsplätzen weltweit an. Zudem sollen die Produktionskapazitäten um rund ein Fünftel geschrumpft werden.

Zuletzt trennte er sich auch von dem langjährigen Chief Operating Officer Ashwani Gupta.

Zusätzliche Rückschläge erwartet Nissan in den USA mit dem Amtsantritt des neuen Präsidenten Donald Trump. Wenn dieser seine angekündigten Zollschranken etabliere, werde auch Nissan darunter leiden, erwarten Nissan-Verantwortliche.

Die USA sind der größte Einzelmarkt für Nissan. Bislang hatte der japanische Hersteller gehofft, dort vom wachsenden Anteil der Elektroautos zu profitieren. Die letzten neuen Modelle für den US-Markt waren der Pathfinder und der Frontier, die dort schon 2021 auf den Markt kamen. 2025 soll nun aber ein neues Hybrid-Modell folgen sowie eine Plug-in-Hybrid-Version des Rogue.

Ein größerer Einstieg von Honda könnte die gesamte Allianz mit Renault in Frage stellen. Denn in einer vergleichbaren Situation hatte Renault im Jahr 1999 durch seinen Einstieg bei Nissan den japanischen Hersteller vor einer Pleite bewahrt. Damals galt Renault-Chef Carlos Ghosn als Retter von Nissan.

Allerdings war die Allianz von zahlreichen widerstreitenden Interessen belastet, die Beteiligungen und Stimmrechte waren ungleich verteilt.

Diese Probleme wurden seit dem Antritt von Renault-Chef Luca de Meo zwar bereinigt oder zumindest geglättet, doch die seit zwanzig Jahren erhofften Synergien sind nur spärlich aufgetreten und könnten daher auch letztlich zu einer Auflösung der Allianz führen. Dies würde die Zusammenarbeit bei Plattformen und das Re-Badging bestimmter Modelle auch in der Zukunft nicht ausschließen.

Weder Renault noch Nissan haben sich bislang zur Frage eines neuen Großinvestors bei Nissan geäußert. Renault erklärte lediglich, es gebe momentan keine Gespräche über eine Erweiterung der Partnerschaft.