PowerCo: Erste VW-eigene Batterie für den ID 2all

Die Elektromobilität mag in manchen Märkten derzeit langsamer vorankommen als gedacht. An der grundsätzlichen Ausrichtung der Marke Volkswagen ändert dies nichts. Das gilt für die Umstellung auf elektrische Antriebe, das gilt genauso für den eingeschlagenen Weg bei der Versorgung mit Akkus.

"Wir sind unverändert überzeugt, dass unsere gesamthafte Batteriestrategie der richtige Weg ist - auch und gerade in Zeiten von Rahmenbedingungen, die sich schnell ändern können",  sagt Konzern-Technikvorstand Thomas Schmall im Gespräch mit der Automobilwoche.

Im Jahr 2022 gründete das Unternehmen die Tochter PowerCo, die ab Mitte des Jahrzehnts Einheitszellen für die Konzernmarken liefern soll. "Wir bleiben flexibel, indem wir nicht auf ,Make or Buy', sondern auf ,Make and Buy' setzen", sagt Schmall.

Durch die Eigenfertigung eines Teils des Zellbedarfs überlasse man die Kerntechnologie der E-Mobilität nicht komplett Dritten, sondern sichere die E-Offensive wirtschaftlich und technologisch ab. Darüber hinaus erschließe sich das Unternehmen einen sehr wichtigen Profit-Pool der Zukunft.

Fest eingeplant sind dabei bislang drei Standorte für die Produktion. Die Zellfabrik in Salzgitter kommt voran. Der erste Fertigungsblock ist errichtet, und die Linien sind bereits im Aufbau. Noch in diesem Jahr beginnt die Vorserienfertigung, bevor dann im Jahr 2025 die ersten Zellen für den Serieneinsatz vom Band laufen sollen.

"Wir sind sehr gut im Zeitplan", heißt es bei Volkswagen. Dies gelte auch für die weiteren PowerCo-Standorte in Spanien (Valencia) und Kanada (Ontario), die sich ebenfalls im Aufbau befinden.

Das erste Mal könnte die Einheitszelle in Europa 2026 in ein Fahrzeug kommen, in China wohl schon ein Jahr eher. Zwar nennt Günther Mendl, Leiter des Batteriezentrums, kein konkretes Modell.

Er verrät aber: "Es ist kein Geheimnis, dass die innovative Neuentwicklung des MEB-Batteriesystems als Cell-to-Pack-Konzept konsequent kostenoptimiert auf die Einheitszelle ausgelegt ist und perspektivisch im MEB und in der Small BEV Family eingesetzt wird."

Übersetzt bedeutet dies, dass die neue Generation an kompakten E-Autos mit dem ID 2all beginnt.

Dann will Volkswagen nicht nur mit den E-Fahrzeugen, sondern auch bei den Zellen eine Führungsrolle einnehmen. "Die PowerCo ist auf dem Weg zu einem global agierenden Zellhersteller mit deutschen Wurzeln. Alleine im Volkswagen-Konzern werden künftig rund 50 Prozent aller Batteriezellen das Label made by PowerCo tragen", sagt Schmall.

Der Rest wird wie bisher von verschiedenen Herstellern wie LG Chem zugekauft und in den eigenen Batteriezentren wie etwa in Braunschweig zu Modulen verarbeitet. Die Einheitszelle soll in bis zu 80 Prozent der Konzern-Modelle eingesetzt werden. Ausnahmen bilden einige stark leistungsorientierte Fahrzeuge wie beispielsweise von Porsche oder Audi.

Mit der Einheitszelle entwickelt der Konzern ein Zellformat, das perfekt auf die Anforderungen der Automobilindustrie angepasst sein soll. "Sie nimmt enorm Komplexität raus und realisiert über die Skalierung maximale Kostenvorteile, bietet gleichzeitig aber die volle Flexibilität bei Zellchemie und Leistungsklassen", sagt Schmall.

"Die ersten Testergebnisse zeigen: In Sachen Reichweite, Lade-Performance und Sicherheit werden wir technologisch führend sein." Eingesetzt werden sowohl die leistungsstärkeren NMC-Zellen wie auch Zellen mit der Kombination aus Lithium und Eisenphosphat (LFP). Sie sind günstiger und robuster, bieten aber etwas weniger Reichweite.

Für die nächsten Jahre zeichnet sich eine Zweiteilung ab. Während kostengünstigere Fahrzeuge wie der ID 2all und seine Ableger in den meisten Varianten mit LFP-Batterien unterwegs sein dürften, kommen Lithium-Ionen-Batterien mit der NMC-Chemie in den höheren Segmenten zum Einsatz.

Aktuelle WLTP-Reichweiten von bis zu 700 Kilometern wie beim ID.7 sind dann Standard. "Kommende Small-BEVs der MEB-Familie werden aufgrund kostengünstiger Chemien wie LFP ebenfalls alltagstaugliche Reichweiten haben, auch ohne dass neue nominelle Rekorde aufgestellt werden", heißt es bei VW.

Dabei kümmert sich das Unternehmen um die gesamte Wertschöpfungskette und steigt mit PowerCo in vor- und nachgelagerte Stufen ein – entweder allein oder mit Partnern wie etwa dem belgischen Materialtechnologiekonzern Umicore. Im Joint Venture Ionway bauen PowerCo und Umicore die Massenproduktion zentraler Batteriematerialien in Europa auf. Dadurch werden Lieferkettenstrukturen zum Teil komplett neu gestaltet.

Zur Versorgung der eigenen Zellfertigung nimmt PowerCo auch die Rohstoffbeschaffung und -verarbeitung selbst in die Hand. Das ermöglicht laut Unternehmen mehr Kontrolle von Verfügbarkeit, Preisen und Nachhaltigkeitsstandards. Dafür lote PowerCo weltweit Möglichkeiten der Zusammenarbeit aus.

"Sie nutzt dabei alle verfügbaren Instrumente von langfristigen Lieferabkommen über sogenannte Streaming Deals bis hin zu möglichen direkten Beteiligungen", so ein VW-Sprecher. Ziel sei immer, den Industriestandard für nachhaltig produzierte Batterien zu setzen und Vorreiter für zirkuläre, klimaneutrale und faire Lieferketten für E-Fahrzeuge zu sein.

Den nächsten Sprung soll es dann mit der Feststoffbatterie geben, an deren Entwicklung der Konzern bereits seit Jahren mit dem Start-up QuantumScape arbeitet. "Die Testergebnisse der A-Muster-Zelle von Quantum-Scape in Bezug auf Langlebigkeit sind aus Sicht der PowerCo tatsächlich sehr ermutigend", heißt es. Man sei vom Potenzial der Technologie überzeugt und arbeite mit Hochdruck auf den Serieneinsatz hin.

Die Leistungsdaten klingen vielversprechend. So sollen deutliche Reichweitenzuwächse und eine Quick-Charge-Ladezeit von zehn auf 80 Prozent von unter 15 Minuten möglich sein. Im Robustheits-Test wurden mehr als 1000 Ladezyklen erreicht.

Das entspricht bei einem E-Fahrzeug mit heute 500 bis 600 Kilometern WLTP-Reichweite einer rechnerischen Fahrleistung über Lebenszeit von mehr als 500.000 Kilometern. Die Zelle hatte nach dem Test noch mehr als 95 Prozent Kapazität. Bei der Industrialisierung, so heißt es, seien aber nach wie vor Herausforderungen zu bewältigen.