Welche Fehler Tesla in Deutschland ausbremsen

Elon Musk hat mit Tesla eine beeindruckende Erfolgsstory hinter sich. Doch nun muss der entscheidende Schritt folgen: Will Tesla weiterwachsen, muss der Autobauer seine Nische verlassen und sich zum Volumenhersteller entwickeln.

Der entscheidende Sprung findet in der Regel bei einem Marktanteil zwischen zwei und drei Prozent statt. In Deutschland war Tesla mit Blick auf den Gesamtmarkt schon nah dran: Die branchenweiten Lieferschwierigkeiten im Jahr 2022 führten bei Tesla zu einem Marktanteil von 2,6 Prozent.

Die jahrelange Wachstumsstory erhielt schon im vergangenen Jahr einen Dämpfer. Zum Jahresstart erst recht: In den ersten vier Monaten erzielte Tesla mit 14.700 Neuzulassungen noch einen Marktanteil von 1,6 Prozent.

Will Tesla seine Produktionskapazitäten füllen, muss der kalifornische Hersteller die Hürde zum Volumenhersteller überwinden. Doch die scheint zu hoch. Das hat fünf Gründe, die in seiner Vertriebsstrategie liegen:

Das Wachstum in der Nische ist begrenzt. Wer hinaus will und sich zum Volumenhersteller weiterentwickeln will, braucht die entsprechende Modellpalette. Doch die fehlt dem kalifornischen Autobauer.

Zwar bietet der Autobauer vier Modelle zum Kauf an, doch der Erfolg beruht gerade mal auf zwei Modellen: Lediglich Model Y und Model 3 werden in größeren Stückzahlen verkauft. Dagegen spielen Model S und Model X keine Rolle.

Das zeigen Zulassungszahlen für den deutschen Markt: Im vergangenen Jahr kamen knapp 46.000 Model Y (+ 29 Prozent) und etwa 16.000 Model 3 (-53 Prozent) neu auf die Straßen. Unterm Strich fuhr der Hersteller ein Absatz-Minus von knapp zehn Prozent ein. Der Marktanteil lag bei 2,2 Prozent, nach 2,6 Prozent im Vorjahr.

Schwächelt ein Modell oder steht ein Wechsel an, können andere Hersteller dies ausgleichen. Nicht so Tesla: Der Erfolg des Unternehmens ist auf zu wenig Modelle verteilt.

Das Flottengeschäft ist ein entscheidender Faktor für Volumenmarken. Denn während die Privatnachfrage relativ volatil ist und Verbraucher den Kauf eines Fahrzeugs schnell aufschieben, verfolgen Unternehmen in der Regel einen langfristigen Ansatz. Das schafft für die Hersteller eine gewisse Stabilität in der Absatzplanung.

Das zeigt sich auch in der aktuellen Situation auf dem deutschen Markt: Mit knapp einer Million Pkw-Neuzulassungen erreichte der relevante Flottenmarkt im Jahr 2023 nicht nur einen neuen Absatzrekord, sondern war auch der stärkste Vertriebskanal. Die Entwicklung setzt sich im laufenden Jahr fort.

Doch Tesla hat viele Unternehmen und Fuhrparkchefs gegen sich aufgebracht. Die abrupten Preissenkungen machten den Hersteller für die gewerblichen Kunden unberechenbar. Hinzu kommt eine aggressive Vertriebspolitik.

Ein Beispiel: In der Regel drückt Tesla seine Fahrzeuge zum Quartalsende in den Markt. Einem Vermieter, der nicht genannt werden will, versprach der Hersteller höhere Nachlässe. Der willigte schließlich ein. Wenige Tage später senkte Tesla den Listenpreis in Höhe der Nachlässe. Damit hebelte Tesla das Geschäftsmodell des Vermieters aus.

Wer dauerhaft am Markt erfolgreich sein will, braucht eine Strategie im Umgang mit seinen Gebrauchtwagen. Ein entscheidender Faktor, auch für den Neuwagenverkauf. Denn nur dann lassen sich die Leasingrückläufer erfolgreich vermarkten.

Obwohl der Export gebrauchter Teslas nach kurzer Haltezeit in den vergangenen Jahren für einige Händler ein lukratives Geschäftsmodell war, ist der Bestand auch in Deutschland stark gestiegen: Von Anfang 2021 (34.400 Einheiten) bis Anfang 2024 (164.300 Einheiten) vervielfachte er sich.

Doch von einer Gebrauchtwagenstrategie ist bei Tesla nichts zu erkennen. Anders bei den Wettbewerbern: Quasi jeder Volumenhersteller hat eine Gebrauchtwagenmarke. Das schützt die Kernmarke, schafft Vertrauen und hilft beim Absatz – von Gebrauchten und Neuwagen.

Bislang hat der Onlinevertrieb in Deutschland nur einen kleinen Anteil. Wer ein Auto kaufen will, geht in der Regel in Autohaus und wünscht sich häufig einen persönlichen Ansprechpartner, den er bei Fragen erneut kontaktieren kann.

Beides nicht ganz leicht bei Tesla: Mittlerweile weist der Hersteller auf seiner Seite zwar 45 Vertriebsstandorte aus. Doch jeder fünfte Standort ist nur auf Zeit, weitere Standorte sind nur Auslieferungszentren.

Da verwundert es wenig, dass Tesla immer wieder unter den Autohändlern nach Unterstützung fragt. Laut Brancheninsidern sucht Tesla immer wieder nach Partnern für die Auslieferung von Fahrzeugen oder will zentrale Autohäuser übernehmen.

Schon beim Kauf spielt das Servicenetz eine entscheidende Rolle. Nicht nur für Verbraucher, vor allem auch für Unternehmen. Denn hier gilt: Zeit ist Geld. Fahrzeuge, die nicht einsetzbar sind, bremsen das Geschäft. Egal ob es an einer langen Anfahrt in die Werkstatt liegt oder an zu geringen Werkstattkapazitäten.

Zwar kann Tesla mit seinen mobilen Servicekräften einiges abfangen, doch am Werkstattbesuch führt ab und an kein Weg vorbei. Dann darf der Servicestandort nicht zu weit entfernt liegen: In der Regel sollte die Werkstatt in 20 bis 30 Minuten zu erreichen sein.

Doch für viele Tesla-Kunden ist die Anfahrt deutlich weiter: Im ersten Quartal kam Tesla deutschlandweit gerade mal auf 38 Servicestandorte.

Viel zu wenig aus Sicht von Experten: 130 bis 140 Werkstätten sieht Arthur Kipferler, Partner bei Berylls Strategy Advisors, als notwendig; mindestens 200 Vollfunktionswerkstätten erwartet Benedikt Maier, stellvertretender Chef des Instituts für Automobilwirtschaft. Dank E-Flotte, mobiler Service und Updates over the Air braucht Tesla zwar generell kein so dichtes Netz wie etablierte Hersteller. Das vorhandene ist aber zu gering für den Durchbruch als Volumenhersteller.