Eine exklusive Auswertung für die Automobilwoche zeigt einen neuen Trend: Firmenwagen werden zum Treiber der Elektromobilität.
Der ID.7 ersetzt vielerorts den Flotten-Klassiker VW Passat. Bei Privatkunden spielt das Modell hingegen kaum eine Rolle. Die bevorzugen kleinere Modelle.
Weitgehend unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit vollzieht sich auf dem Markt für E-Autos eine tektonische Verschiebung. Bisher waren vor allem private Verbraucher Hauptabnehmer von E-Autos und Treiber der Elektrifizierung, während gewerbliche Kunden vorwiegend weiter auf Verbrenner setzten.
Damit ist es vorbei. "Der Flottenmarkt ist zum Treiber der E-Mobilität geworden", sagt Benjamin Kibies, Senior Automotive Analyst beim Marktdatenexperten Dataforce.
Befeuert durch den Umweltbonus lagen die privaten Neuzulassungen 2023 mit 233.000 zu 183.000 Autos deutlich vor den gewerblichen. Seitdem kippt das Verhältnis ins Gegenteil. Aktuell liegen Flotten mit 120.000 zu 115.00 Autos bereits leicht vorne.
Im kommenden Jahr dagegen werden BEV in Flotten nach Dataforce-Prognose auf etwa 230.000 Einheiten kommen. Demgegenüber stehen 190.000 private Zulassungen. Den Gesamtmarkt inklusive Eigenzulassungen der Händler und Hersteller sowie Vermieter-Zulassungen taxiert Dataforce 2025 auf etwa 600.000 E-Autos – vorausgesetzt es bleibt bei den aktuellen CO2-Flottenzielen.
Die Gründe für den Umschwung sind vielfältig: Einerseits gibt es starke finanzielle Anreize wie die 0,25 Prozent Dienstwagenbesteuerung. Zugleich haben viele Unternehmen Nachhaltigkeitsziele zu erfüllen, während die Fahrzeuge etwa bei der Reichweite deutliche technische Fortschritte erzielen.
"E-Autos werden zunehmend flottentauglich. Immer mehr Unternehmen wagen den Sprung", sagt Kibies. Andererseits sind private Verbraucher skeptisch. "Im Privatmarkt ist die Verunsicherung sehr groß. Die Wechselbereitschaft zu E-Autos schrumpft", so Kibies weiter.
Zudem passen die Fahrzeugpreise nicht zu den Preisvorstellungen der Kunden. "Die Zahlungsbereitschaft bei Privatkunden ist geringer. Das zeigt sich am höheren Anteil kleiner E-Fahrzeuge", sagt Kibies. Aber gerade bei kleinen, günstigen E-Autos sei das Angebot bisher eher gering. "Selbst Modelle wie der Fiat 500e sind nicht eben günstig. Das schreckt viele Käufer ab", sagt Kibies.
Die geringere Zahlungsbereitschaft zeigt sich auch bei denjenigen, die sich trotzdem zum Kauf durchringen können. Hier gibt es deutliche Unterschiede zwischen privaten und gewerblichen Zulassungen.
So entfällt etwa ein Fünftel der privaten BEV-Zulassungen bis Ende Oktober auf Fahrzeuge der Kompaktklasse wie VW ID.3 oder Cupra Born. In Flotten machen diese Fahrzeuge nur etwas mehr als jedes zehnte Auto aus. Ähnlich sieht es bei kleinen SUV aus: Sie machen bei den privaten Zulassungen 13 Prozent aus, bei den gewerblichen dagegen nur fünf.
Werden die Fahrzeuge größer, kippt dieses Verhältnis: Fahrzeuge der Mittelklasse und gehobenen Mittelklasse machen acht bzw. neun Prozent der gewerblichen BEV-Zulassungen aus, im privaten Bereich dagegen nur vier und drei Prozent.
Im Ranking der beliebtesten BEV bei Flotten sind dementsprechend größere Fahrzeuge wie der Skoda Enyaq deutlich überrepräsentiert. Der Enyaq war im Oktober sogar das drittbeliebteste Flottenauto überhaupt (nach den Verbrennern Skoda Octavia und VW Passat).
Vergleichsweise große Modelle wie der VW ID.7, BMW i4 und i5 sowie Audi Q4 e-tron tauchen in den Top Ten der beliebtesten Fahrzeuge bei Privatkunden gar nicht erst auf. "Die alte Dienstwagenwelt bildet sich auch bei E-Autos ab. Dementsprechend haben dort größere Fahrzeuge einen höheren Anteil", erklärt Kibies.
Beispiel ID.7. Dieser spiele bei Privatkunden kaum eine Rolle, ersetze im gewerblichen Bereich aber mittlerweile oft den Flotten-Klassiker VW Passat.
Mit dem neuen Kräfteverhältnis bei BEV wird der Flottenmarkt für die Hersteller noch wichtiger als er es ohnehin schon ist. "Gewerbliche Kunden sind für die Hersteller die effizienteste Stellschraube, um den CO2 Ausstoß ihrer Flotte zu senken", so Kibies. Flottenkunden allein würden aber nicht reichen, um die Zielwerte zu erreichen.
Die Hersteller werden also nicht umhinkommen, mit günstigen E-Autos private Kunden zu locken. Wie groß der Bedarf an bezahlbaren Stromern ist, zeigt ein Blick auf den Gebrauchtwagenmarkt. Dort dominieren elektrische Kleinwagen und Minis wie Smart fortwo, Renault Zoe oder BMW i3.
