Neuwagen kaum gefragt, Gebrauchte boomen – woran das liegt

Neu- und Gebrauchtwagenmarkt entwickeln sich deutlich auseinander: Während die Nachfrage nach neuen Pkw im vergangenen Jahr rückläufig war, konnten die Besitzumschreibungen zulegen. Knapp 6,5 Millionen Pkw wechselten 2024 lauft Kraftfahrtbundesamt (KBA) den Besitzer, im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 7,4 Prozent.

Damit konnte sich der Markt zwar nach den Krisenjahren weiter erholen, bleibt jedoch deutlich unter dem Vorkrisenniveau. In den 2010er Jahren zählte das KBA durchschnittlich knapp 7,1 Millionen Besitzumschreibungen. Vor allem in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts war der Gebrauchtwagenmarkt mit knapp 7,3 Millionen Pkw nochmals deutlich größer.

„Für das Jahr 2025 gehen wir davon aus, dass wirtschaftliche Unsicherheiten und eine hohe Sparquote der Privathaushalte die Zurückhaltung auf dem Neuwagenmarkt verstärken und den Gebrauchtwagenmarkt weiter befeuern werden“, sagte Thomas Peckruhn, Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Kfz-Gewerbe. Der Händlerverband rechnet in den nächsten zwölf Monaten mit rund 6,8 Millionen Besitzschreibungen.

Ganz so optimistisch ist das Institut für Automobilwirtschaft (Ifa) mit Blick auf den Gebrauchtwagenmarkt nicht. IfA-Chef Stefan Reindl geht davon aus, dass im Jahr 2025 rund 6,5 Millionen Pkw den Besitzer wechseln.

Das steigende Interesse an Gebrauchten hat einen wesentlichen Grund: In den vergangenen Jahren stiegen die Preise massiv. 2023 zahlten Verbraucher laut DAT im Durchschnitt für einen Neuwagen 44.630 Euro (Transaktionspreise), rund 11.000 Euro mehr als fünf Jahren zuvor. Die Gebrauchtwagenpreise stiegen im gleichen Zeitraum um mehr als 6000 auf 18.620 Euro (Transaktionspreise).

„Nach den extremen Preisrallyes der letzten Jahre mit Höchstpreisen im Frühjahr 2023 zeigt sich der Gebrauchtwagenmarkt im Jahr 2024 vergleichsweise stabil. Auch wenn wir von den früheren Durchschnittspreisen wie vor Corona weit entfernt sind, sehen wir eine allmähliche Normalisierung des Marktes, die stabilere Preise mit sich bringt“, sagt Stefan Schneck, Deutschland Vertriebschef bei AutoScout24.

Laut dem Preisindex der Plattform kosteten Gebrauchte im Jahresdurchschnitt 26.942 Euro (Inseratepreis), im Vergleich zum Vorjahr ein Rückgang von 6,1 Prozent. Am mangelnden Interesse der Kunden kann es nicht gelegen haben: Laut Autoscout24 zog die Nachfrage um 11,6 Prozent an, deutlich stärker als das Fahrzeugangebot, das lediglich um 1,5 Prozent zulegte.

Eine mögliche Erklärung: Kunden suchen verstärkt gebrauchte Kleinwagen, was in der Gesamtbetrachtung  der Gebrauchtwagenpreise kaum durchschlägt. Außerdem sind die Preise von Autoscout24 Inseratspreise; die realen Transaktionspreise dürften niedriger liegen, weil Händler beispielsweise Rabatte gewähren.

Die verstärkte Nachfrage bekamen die Händler in der zweiten Jahreshälfte zu spüren. Gebrauchte Verbrennerfahrzeuge standen laut DAT seit Juni deutlich kürzer auf den Höfen als zum Jahresstart. Vor allem Benziner: Deren Standzeit reduzierte sich von durchschnittlich 93 Tag (Januar 2024) auf 82 Tage (Oktober 2024).

Für den Handel keine optimale Situation, zumal der aktuellen Befragung zufolge 30 Prozent seiner Gebrauchten als Risikobestand gelten – also länger als 90 Tage stehen. Und das ist teuer. Denn die Ausgaben pro Standtag sind laut DAT deutlich gestiegen: mit 30 Euro pro Standtag mussten Händler 2024 rechnen, im Jahr zuvor waren es noch rund 23 Euro.

Dabei machen sich auch die höheren Kosten für das Bewerben der Pkw in Online-Marktplätzen bemerkbar, etwa die Kosten für Fotografie, Bildbearbeitung, Marketing, sowie die Beseitigung von Standschäden.

Den steigenden Kosten stehen sinkende Restwerte gegenüber. Im Oktober hatten drei Jahre alten Benziner einen Restwert von 63,9 Prozent. Damit liegen sie leicht unter dem Wertniveau von Anfang 2022, als durchschnittlich 64,5 Prozent fällig wurden. Ähnlich sieht es bei Dieselfahrzeugen aus, die nach drei Jahren zwei Punkte weniger wert sind.